Nobelpreisträger Jon Fosse: "Der Blick aufs Meer fasziniert mich"
Eigentlich meidet Jon Fosse öffentliche Auftritte. Doch von den Usedomer Literaturtagen hat sich der Nobelpreisträger zu einer Lesung überzeugen lassen. Lesen Sie hier Auszüge aus dem Gespräch, die ganze Lesung hören Sie im Sonntagstudio.
Herr Fosse, was hat sich verändert, seitdem im Oktober vergangenen Jahres die Nachricht durch die Welt ging, dass Sie den Literaturnobelpreis bekommen?
Jon Fosse: Samuel Beckett hat von einer "Katastrophe" gesprochen, als er den Preis bekam - ich kann diese Reaktion nachvollziehen. Ich bin ja schon seit etwa zehn Jahren in der Presse und von den Wettbüros als Kandidat gehandelt worden, insofern war ich ein kleines bisschen darauf vorbereitet, dass es mich treffen könnte. Andererseits: Nachdem ich den Preis neunmal hintereinander nicht gewonnen hatte, war ich mir sicher, dass ich ihn auch beim zehnten Mal nicht bekommen würde.
Auch Imre Kertész hat von einer Katastrophe gesprochen, einem "katastrophischen Glück". Ein bisschen Glück war bei Ihnen vielleicht auch dabei, oder?
Fosse: Ja, natürlich. Als ich den Anruf der Schwedischen Akademie bekam, konnte ich es erst gar nicht glauben, aber dann wurde ich geradezu von einer Glückswelle überschwemmt.
Es ist bekannt, dass Sie nicht gern öffentlich auftreten. Als dann die Anfrage aus Usedom kam - warum haben Sie da zugesagt?
Fosse: Oh ja! Ich habe schon viel von Deutschland gesehen, weil ich überall im Land Theaterproduktionen hatte. Aber ich bin noch nie auf Usedom gewesen und dachte, das könnte doch eine interessante Gelegenheit sein, diese Insel mal kennenzulernen. Also, zum Teil bin ich deswegen gern gekommen.
Vielleicht hat ja auch - und da kommen wir dann auch auf Ihre literarischen Themen zu sprechen - eine Rolle gespielt, dass das Meer so nah ist…
Fosse: Auf jeden Fall. Der Blick aufs Meer fasziniert mich hier am meisten. Ich bin im Westen Norwegens aufgewachsen, auf dem Hardangerfjord an der Ostseeküste. Geboren wurde ich in einer kleinen Stadt namens Haugesund in der Nähe von Bergen.
Das Meer, die Stille, das Gebet sind wichtige Themen in Ihrem Werk. Aber es gibt auch eine humorvolle Seite, die manchmal in der Fosse-Rezeption vielleicht unterschlagen wird…
Fosse: Ja, ich empfinde mich selbst als einen tragikomischen Schriftsteller.
Das ganze Gespräch mit Joachim Dicks bei den Usedomer Literaturtagen können Sie im Sonntagsstudio auf NDR Kultur und online hören.