"Nacht der Bibliotheken": Greifswald öffnet bibliophile Schatzkammer
Erstmals hat bundesweit eine "Nacht der Bibliotheken" stattgefunden. In Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich 45 Häuser, darunter auch Kleinode, die nur selten ihre Türen öffnen. Zum Beispiel die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums in Greifswald.
Besucher erklimmen die 32 Stufen zu einem Ort, der lange geheim gehalten wurde. Über einer Seitenkapelle im Dom St. Nikolai in Greifswald befindet sich die "Bibliothek des Geistlichen Ministeriums". Es ist ein kleiner Raum. Vollgepackt mit Wissen aus dem Mittelalter.
Gisela Ros leitet die Führungen. Nur selten öffnet diese Bibliothek ihre Türen für Besucher. Handschriften, Inkunabeln - insgesamt 1.800 Bücher mit 3.000 Schriften aus dem Mittelalter - lagern hier. Zusammengetragen wurden sie, als im Zuge der Reformation die katholischen Klöster im 16. Jahrhundert aufgelöst wurden.
Besucherin Carmen Siewert ist erstmals hier und steht staunend vor den Regalreihen: "Na es ist so eine Magie. Man möchte sie berühren und darf es nicht. Behält die Hände in den Taschen, dass man dann doch nicht zufasst. Man möchte drin blättern. Man weiß, dass man nichts versteht. Ja, aber dieses Geheimnis finde ich toll."
Versteckte bibliophile Schatzkammer
Über viele Generationen war die Bibliothek nur einem kleinen Kreis bekannt. Pastoren trugen das Wissen um den wertvollen Bestand an ihre Nachfolger weiter. Der Grund: Die Sicherheitsstandards in der Seitenkapelle waren zu niedrig. Erst 2011 wurde der Raum saniert, die Fenster bekamen Sicherheitsglas. Und eine Klimaanlage schützt seitdem das Konvolut. Bei der Sanierung wurde eine Handschrift der Heiligen Birgitta von Schweden unter der Diele entdeckt. Sie stammt von 1395.
Die Bücher haben viel erlebt. Einige verschwanden. Eines kehrte aber auch zurück - nach mehr als 20 Jahren. Ein Bauarbeiter hatte es gestohlen. Dann plagte ihn ein schlechtes Gewissen und er gab es zurück, erzählt Gisela Ros.
Bücher unter gotischem Gewölbe
Theologische Schriften, Predigten, Bibeln, weltliche Werke stehen und liegen hier unter gotischem Kreuzgewölbe. Ein Besucher hält inne und lächelt: "Weil ich es faszinierend finde, dass die Bände über die Jahrhunderte in so gutem Zustand überdauert haben, restauriert worden sind und jetzt auch noch digital angeboten werden können."
Carmen Siewert zückt zum Abschluss ihr Handy - für ein Foto von den alten Büchern. Dann macht sie sich auf den Weg zur nächsten Bibliothek in Greifswald. Die erste "Nacht der Bibliotheken" soll für sie eine lange werden. Ebenso für Gisela Ros. Denn am Eingang wartet bereits die nächste Besuchergruppe.
