Nachruf auf Bert Papenfuß: Dichter, Avantgardist und Anarchist
Der Lyriker Bert Papenfuß ist tot. Er starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 67 Jahren nach einer Krebsdiagnose und einem Schlaganfall.
Der in Stavenhagen in Mecklenburg geborene Dichter wuchs in Greifswald auf und ging Mitte der 70er Jahre, als damals 19-Jähriger, zunächst nach Schwerin und von dort dann nach Ost-Berlin. Er galt als ein herausragender Vertreter der jungen Underground-Kunstszene in der DDR. Er war Dichter, Avantgardist und Anarchist, vor allem und in Allem: unangepaßt, in seinem Denken und folglich auch in seinen Texten: Bert Papenfuß.
Von Greifswald über Schwerin nach Ost-Berlin
Gegenüber dem NDR erzählte Papenfuß einst: "Ich bin notgedrungen hierhergezogen, musste aus Greifswald weg. Ich habe da eine Lehre gemacht, aber auch so eine kleine anarchistische Organisation gegründet namens 'Anarcho Power'. Dadurch hatte ich die Stasi auf den Fersen und musste definitiv aus diesem kleinen Greifswald raus. Eigentlich wollte ich nach Berlin - oder sollte nach Berlin. Aber irgendwie habe ich mich drum gedrückt, da mir die Berliner damals noch sehr großkotzig vorkamen - was sie heute natürlich immer noch sind vielleicht, sogar mehr als damals. Aber damals hat es eben dazu geführt, dass ich einen kleinen Schlenker gemacht habe und erst mal Schwerin als Domizil gewählt habe, weil ich hier Leute kannte. Zu der Zeit habe ich auch mein erstes Manuskript zusammengestellt, das aus Notizen bestand, die ich so in den zwei, drei Jahren vorher - ab 1973, '74 oder so - gesammelt habe. Die habe ich dann 1976 zu meinem ersten Gedichtband zusammengestellt, der für damalige Verhältnisse ein sehr experimentelles Werk war, sehr provokant in der Form und sehr aufbrechend auch. Für die Anhänger der Doktrin des sozialistischen Realismus war das, was ich da gemacht habe, natürlich extrem formalistisch."
Avantgardist und Anarchist in der Subkultur Berlins
Nach nur einem Jahr ging er dann doch nach Ost-Berlin, lernte die Underground-Kunstszene kennen, gründete mit Freunden verschiedene Bands wie "Der schwarze Kanal" oder "Rosa extra". "Wir waren eine Gruppe von abweichenden jungen Leuten, die mit dem Mainstream in der DDR wenig anfangen konnten und uns eher für Tendenzen der internationalen Subkultur oder Kontrakultur interessiert und identifiziert haben. Wir haben selbst natürlich auch in der Richtung gearbeitet, geschrieben und dann Freunde gefunden, die Musiker waren", erinnerte ich Papenfuß in einem anderen Interview mit dem NDR.
Außerdem schrieb er weiter an seinen Texten, trug sie mit Bandbegleitung in Clubs und Kulturkneipen vor und wurde freier Schriftsteller - ein nicht ganz einfaches Unterfangen unter DDR-Verhältnissen. Als er zwei Jahre später zur Nationalen Volksarmee einberufen wurde, stand er nicht parat, die DDR mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Er wurde ein sogenannter Bau-Soldat, als Sohn eines hohen Offiziers, eines Militärarztes.
Unter dem Druck des DDR-Regimes
Dann mußte auch Bert Papenfuß mit einem Publikations- und Auftrittsverbot leben. Die Folge war ein Ausreiseantrag in die BRD, obwohl er gar nicht wegwollte. Seine damalige Frau ging in den Westen, er blieb im Osten, im Prenzlauer Berg. Er wurde, um eine Arbeit nachweisen zu können und versichert zu sein, unter anderem der Privatsekretär der Dichterin Elke Erb. Und er schrieb weiter Gedichte, zunächst ohne Hoffnung auf Veröffentlichung.
Aber das habe sich in Papenfuß' Fall und generell ab 1986 gelockert. Das Kulturabkommen von 1986 zwischen der BRD und der DDR führte in der DDR-Kulturpolitik zu einer Art Wende. So erschienen wieder Gedichte von Bert Papenfuß in der Literaturzeitschrift "Sinn und Form" und 1988 der Band "dreizehntanz" im Ostberliner Aufbau-Verlag.
Anerkennung für einen aufmüpfigen Geist
Mit dem Mauerfall wurde dann doch vieles leichter für Bert Papenfuß. Er konnte publizieren, erhielt viel Anerkennung, auch einige Literaturpreise. Aber er blieb seinem Leben treu, gründete zunächst die anarchistische Kulturkneipe "Torpedokäfer", betrieb mit Freunden das legendäre "Kaffee Burger" und schließlich seine "Kulturspelunke Rumbalotte".
Nun ist der aufmüpfige Geist, der Dichter Bert Papenfuß gestorben - einer der großen Lebenskünstler aus dem kleinen DDR-Underground.