Der Autor Marc Elsberg steht mit dem Rücken zu einer Scheibe, so dass sein Konterfei zweimal zu sehen ist. © picture alliance / Frank May | Frank May
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Der Autor Marc Elsberg steht mit dem Rücken zu einer Scheibe, so dass sein Konterfei zweimal zu sehen ist. © picture alliance / Frank May | Frank May
AUDIO: Science-Fiction-Autor Marc Elsberg zu weltweiten IT-Störungen (6 Min)

"Monokulturen vermeiden": Autor Marc Elsberg zu weltweiten IT-Störungen

Stand: 19.07.2024 17:30 Uhr

IT-Probleme haben heute weltweit zu erheblichen Störungen geführt. Der österreichische Schriftsteller Marc Elsberg hat in seinem Science-Fiction-Thriller "Blackout" anschaulich gemacht, welche Folgen ein weltweiter Ausfall wichtiger Infrastruktur haben könnte. Ein Gespräch.

In Norddeutschland sind unter anderem Airlines auf dem Flughafen Hamburg von den IT-Störungen betroffen. Kliniken in Lübeck und Kiel sagten Operationen ab. Einige Geschäfte mussten schließen. Marc Elsberg hat mit "Blackout" vor einigen Jahren einen Roman geschrieben, in dem ein weltweiter Stromausfall die ganze Zivilisation gefährdet.

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Herr Elsberg, das ist ja heute Ihr großer Tag. Was war Ihr erster Impuls, als Sie heute von den Problemen gehört haben?

Marc Elsberg: 'So schnell kann's gehen' - das war mein erster Impuls. Es ist nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. In diesen Dimensionen ist es allerdings schon bemerkenswert. Dass es wirklich über die ganze Welt verstreut und in so vielen verschiedenen Branchen passiert. Da sieht man, welche Folgen es hat, wenn wir diverse Dinge in diesen Bereichen nicht beachten. Wenn es eine Monokultur gibt. Wenn zu viele Unternehmen in zum Teil kritischen Infrastrukturen dieselben Programme verwenden. Wenn alles unheimlich miteinander vernetzt ist. Bei "Blackout" schalte ich ja noch den Strom aus, dann funktionieren die Tankstellen nicht, und man kann nicht mehr tanken. Man muss nicht einmal den Strom ausschalten. Das ist das, was wir heute zum Teil gesehen haben. Es reicht, wenn die Leute nicht bezahlen können. Dann lassen einen die Tankstellen gar nicht mehr tanken oder die Supermärkte nicht ins Geschäft. Was uns das zeigt ist, dass das Internet vielleicht noch immer schwer angreifbar ist, dass wir aber inzwischen darüber so viele Strukturen haben, die angreifbar sind, dass wir trotzdem weltweit so ein Phänomen sehen können.

Es war eine Firma, die hat in Australien, Indien, Norddeutschland, überall dazu geführt, Dinge verschiedenster Art - Supermärkte, Operationssäle, Flughäfen - lahmzulegen.

Elsberg: Da war ziemlich wahrscheinlich menschliches Versagen dabei. Das werden die nächsten Tage noch genauer ergeben. Ich kann ein Update nicht in der Breite rausschicken, ohne es vorher einmal in kleineren Bereichen rauszuschicken, um zu sehen, ob es funktioniert. Ich kann in großen Unternehmen so ein Update vielleicht auch nicht einfach so durchlaufen lassen - wobei man sich natürlich auf Servicedienstleister und deren Drittanbieter verlassen muss. Ich bin mal neugierig, ob das Unternehmen das überlebt. Da werden jetzt natürlich eine Menge Klagen kommen - und ob schlicht und einfach alle anderen Unternehmen in Zukunft vorsichtiger sein werden.

Nun schreiben Sie in Ihren Büchern von den unterschiedlichsten Szenarien. In welchem Szenario sehen Sie selbst eigentlich die größte Gefahr? Ist es der Stromausfall, das Geo-Engeneering, die Klimaerwärmung?

Elsberg: Wir haben die berühmte Welt der Polykrisen. Man weiß nicht, was als nächstes passieren wird. Vor fünf Jahren hätte kaum jemand vor einer Pandemie gewarnt, niemand hat wirklich geglaubt, dass eine kommt. Dann war sie plötzlich da. Deswegen ist es sehr schwer zu sagen, was als nächstes kommen wird. Die großen Risiken sind natürlich die Klimakrise sowie Biodiversitäts- und Biomasseverlust. Nach wie vor leider auch Nuklearwaffen, große Infrastrukturausfälle und potenziell natürlich Künstliche Intelligenz.

Also noch viel zu schreiben für Sie. Wie bleiben Sie eigentlich trotzdem positiv bei all diesen Schreckensszenarien, die Sie in Ihren Romanen aufmachen?

Elsberg: Wenn man die Geschichte der Menschheit langfristig betrachtet, dann stellt man fest, dass es eigentlich immer besser geworden ist. Es ist nur für ein einzelnes Individuum blöd, wenn es gerade in einer Phase oder in einer Weltgegend geboren wird, in der es temporär bergab gegangen ist. Grundsätzlich aber möchte ich nicht vor 100, 200 oder 300 Jahren leben. Ich möchte nicht ohne Betäubung zum Zahnarzt gehen müssen oder an einer Blinddarmentzündung sterben, keine Impfungen gegen Pocken haben oder sonstiges. Das lässt mich positiv bleiben.

Es gibt also immer noch einen Grund, positiv zu bleiben und eben auch gute Gründe, neue Bücher zu schreiben.

Das Gespräch führte Keno Bergholz.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 19.07.2024 | 17:30 Uhr

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