Lit.Cologne statt Harbour Front? "Schwaches Zeichen für Hamburg"
Stets im Mai wird das Programm des Harbour Front Literaturfestivals verkündet - nur 2024 nicht: Das Festival fällt aus. Hinter den Kulissen wird daran gearbeitet, wie man das Festival für die Zukunft aufstellen kann. In die Lücke drängt nun die Lit.Cologne.
Das riesige Kölner Literaturfestival will im Herbst auch Veranstaltungen in Hamburg anbieten. Das kommt nicht bei jedem gut an. Rainer Moritz ist verwundert: Als der Chef das Hamburger Literaturhauses gehört hat, dass statt des Harbour Front Festivals nun die Lit.Cologne im Herbst das Hamburger Publikum zu großen Lesungen einladen möchte, regte sich in ihm ein Widerstand. "Ich war sehr überrascht von dieser Idee." Er habe bedauert, dass das Harbour Front ausfällt, weil die Veranstaltungen den literarischen Markt unglaublich belebt hätten. "Ich hatte mir vorgestellt, dass man mit der Kulturbehörde gemeinsam überlegt, wie diese Lücke aufgefangen wird."
Kulturbehörde "im regelmäßigen Austausch mit Akteuren der Literaturszene"
Pustekuchen. Gespräche zwischen der Kulturbehörde und anderen literarischen Playern in der Stadt habe es nicht gegeben. Das antwortet die Behörde auf Anfrage. Die einzigen, die etwas angeboten hätten, seien die Veranstalter der Lit.Cologne gewesen. Vor dem Mikrofon möchten sich weder Kultursenator Carsten Brosda (SPD) noch sein Team äußern. Schriftlich teilt man mit:
Die Kulturbehörde ist im regelmäßigen Austausch mit Akteuren der Literaturszene in Hamburg. Es ist aber üblich, dass nicht die Behörde konkret Kulturveranstaltungen "bestellt", sondern im Sinne der Kunstfreiheit diese aus der Szene heraus entwickelt werden und wir gegebenenfalls bei der Umsetzung behilflich sind. Statement der Kulturbehörde Hamburg
Das sieht Literaturhaus-Chef Moritz anders. Sein Literaturhaus ist, genau wie Harbour Front, ein in Hamburg eingetragener Verein. "Wenn die Behörde das Gefühl hat, und wir haben eine literarisch sehr engagierte Behörde, da klafft eine Lücke, hätte ich es sinnvoll gefunden, dass man sich zusammenfindet, sich kurzschließt. Mit Heymann, mit Stories, mit cohen + dobernigg, mit all diesen Akteuren in der Stadt, es wäre ein Leichtes gewesen", meint Moritz.
Lit.Cologne lockt jährlich 100.000 Gäste an
Die Lit.Cologne ist ein sehr erfolgreiches - und privatwirtschaftlich organisiertes - Literaturfestival, das jährlich mehr als 100.000 Gäste anlockt. Inhaltlich setzt man vor allem auf große Namen. So soll es, das ist aber noch unbestätigt, auch in Hamburg sein. Namen wie Hape Kerkeling und Herbert Grönemeyer schweben im Raum. Konkretes wollen die Kölner auf Anfrage nicht sagen. Aber: Es sieht so aus, als würden sie die Förderung, die von der Kulturbehörde eigentlich für das Harbour Front vorgesehen war, bekommen.
Harbour Front ist von der Stadt zuletzt mit 100.000 Euro im Jahr unterstützt worden. Diese Summe war auch für dieses Jahr im Etat eingestellt. Über die konkrete Förderung der Lit.Cologne in diesem Jahr sind wir derzeit im Gespräch. Es geht dabei in jedem Fall um die Deckung von Fehlbedarfen. Statement der Kulturbehörde Hamburgs
Das teilt die Kulturbehörde dazu mit. Sollte es so kommen, Literaturhaus-Chef Moritz wäre entsetzt. Öffentliche Kulturgelder aus Hamburg für ein privates Kölner Unternehmen. "Ich finde es unter dem Strich ein bisschen, erbärmlich ist zu viel gesagt, aber doch ein schwaches Zeichen für die Literaturstadt Hamburg, dass man die Lit.Cologne nun hier einlässt und ihr auch noch Geld gibt."
Generell seien Lesungen gut aus dem Pandemie-Loch gekommen. Deswegen sei es schade, dass Harbour Front ausfalle. Moritz hat auch die Befürchtung, dass das Hamburger Festival an Stellenwert verliere und die Lit.Cologne in Zukunft öfter in Hamburg zu Gast sein möchte. Und Harbour Front? Die wollen offiziell nichts sagen, geben aber eine Info frei: Das Harbour Front Festival werde 2025 definitiv ein Comeback feiern. Nur wie und mit wem, das weiß keiner.