Kirsten Boie: Engagierte Kinder- und Jugendbuchautorin
Die 72-jährige ist die Erfinderin von "Ritter Trenk" und den "Kindern aus dem Möwenweg": Kirsten Boie zählt seit Langem zu den bedeutendsten und beliebtesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen in Deutschland.
Ihre Bücher werden mit Preisen überhäuft: Schon 2007 erhält sie den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr Gesamtwerk. Dabei ist das längst noch nicht abgeschlossen.
Geschichten auf Butterbrotpapier
Kirsten Boie wird am 19. März 1950 in Hamburg geboren. Schon als Fünfjährige schreibt die Hamburgerin Geschichten auf Butterbrotpapier, liebt die Bücher von Astrid Lindgren und Enid Blyton. "Ich war ein ängstliches Kind, Lesen hat mir über die Angst hinweggeholfen. Es war toll, in andere Welten abzutauchen. Dort fühlte ich mich sicher", erzählt sie 2015 dem "Zeit Magazin". Nach dem Abitur bewirbt sie sich zunächst für ein Medizinstudium, besinnt sich aber dann auf ihre Liebe zur Literatur. 1969 bis 1974 studiert sie Deutsch und Englisch und promoviert im Fach Literaturwissenschaft über Bertolt Brechts frühe Prosa.
Erstes Buch "Paule ist ein Glücksgriff" wird zum Erfolg
Boie unterrichtet zunächst an einem Gymnasium, wechselt dann aber auf eigenen Wunsch an eine Gesamtschule. Das sei für sie eine Schlüsselerfahrung gewesen, erzählt sie 2015 dem "Zeit Magazin": "Ich war erschrocken über die Unterschiede. Vorher war mir überhaupt nicht bewusst gewesen, wie vollkommen unterschiedlich die Lebensbedingungen für Kinder in unserem Land sind und wie stark das ihre Entwicklung prägt."
Mit dem Schreiben beginnt sie nach der Adoption ihres Sohnes, denn das Jugendamt untersagt ihr damals, weiter als Lehrerin zu arbeiten. 1985 erscheint ihr erstes Buch "Paule ist ein Glücksgriff", in dem die Geschichte eines dunkelhäutigen Adoptivkindes erzählt wird und das direkt zum Erfolg wird. "Paule ist ein Glücksgriff" bekommt hervorragende Kritiken und wird in die Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis aufgenommen.
"Kinder aus dem Möwenweg" und "Ritter Trenk"
Bis heute hat Kirsten Boie mehr als 100 Bücher geschrieben, für Kinder und Jugendliche fast jeden Alters - vom Bilderbuch über Erzählungen für Leseanfänger bis hin zum Jugendbuch. Berühmt sind vor allem ihre "Kinder aus dem Möwenweg", die zeigen, dass man nicht nur in Astrid Lindgrens "Büllerbü" eine glückliche Kindheit erleben kann. Im Februar 2020 ist anlässlich des 20. Geburtstags der Reihe der Sammelband "Wir alle zusammen im Möwenweg" mit drei Geschichten rund um das Mädchen Tara und ihre Nachbarskinder erschienen.
Auch "Ritter Trenk" und "Seeräuber Moses" zählen zu Boies bekanntesten Werken. Dazu kommen Bücher für ältere Kinder wie "Alhambra", "Ringel Rangel Rosen" oder "Schwarze Lügen".
Großes Engagement für die Leseförderung
Lehrer nutzen Kirsten Boies Bücher für den Deutschunterricht, auch in andere Sprachen werden ihre Werke übersetzt. Dazu schreibt die Autorin, die sich auch für das Goethe-Institut engagiert, zahlreiche Hörspiele und die Drehbücher zur ZDF-Kinderserie "Siebenstein". Besonders die Leseförderung ist ihr ein Anliegen: 2018 startet sie gemeinsam mit anderen Hamburger Prominenten mit der "Hamburger Erklärung" eine bundesweite Petition, in der sie - mit Blick darauf, dass jeder fünfte Zehnjährige in Deutschland funktionaler Analphabet ist - von der Politik eine Leseförderungsoffensive fordert. Mehr als 119.000 Menschen unterzeichnen die Petition.
Etliche Auszeichnungen würdigen ihre Arbeit
Für ihre Arbeit und ihr Engagement bekommt Kirsten Boie etliche Auszeichnungen: 2008 zum Beispiel erhält sie den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur, 2011 den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für "Ringe, Rangel, Rosen". Im selben Jahr wird sie vom Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. 2019 bekommt sie Zürcher Kinderbuchpreis für ihre heitere Familiengeschichte "Sommer in Sommerby", in der drei Geschwister einen Sommer ohne Handy bei ihrer bislang unbekannten Großmutter verbringen.
Möwenweg-Stiftung für Kinder in Swasiland
Immer wieder rückt die Autorin, die mit ihrem Mann und ihren zwei adoptierten Kindern im schleswig-holsteinischen Barsbüttel lebt, auch soziale Themen in den Mittelpunkt. Für ein Kinderbuch zum Thema Obdachlosigkeit mit dem Titel "Ein mittelschönes Leben" beschreibt sie 2011 in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Obdachlosen-Magazin "Hinz und Kunzt" das Schicksal eines Mannes, der durch Arbeitslosigkeit auf die Straße gerät.
2013 bekommt sie den Kinder- und Jugendbuchpreis "Luchs" für den Band "Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen", in dem es um Aids-Waisen in Swasiland im Süden Afrikas geht. Mit ihrer Möwenweg-Stiftung, die sie 2015 mit ihrem Mann gegründet hat, engagiert sie sich für Bildung, Betreuung und Unterkunft von Kindern in dem Land.