Drei Liebesromane pro Jahr: New-Adult-Autorin Annabelle Stehl
Gefühlvoll, romantisch, erotisch: Das New-Adult-Genre, das vor allem bei jungen Frauen gefragt ist, sorgt für einen Boom, der den Buchhandel frohlocken lässt. Mittendrin ist die 31-Jährige Annabelle Stehl, die in Hamburg lebt.
Die Autorin hat ein Faible für Romantisches. Sie liebt Lovestories und hat bereits 18 Bücher geschrieben - mit 31 Jahren. Schriftstellerin zu werden, war ihr Kindheitstraum. "Bevor ich lesen konnte, habe ich so getan, als könnte ich lesen und mir Geschichten ausgedacht, mit den Büchern in der Hand", erzählt Stehl. "Das war einfach schon immer meine Welt."
New Adult: Goethe und Jane Austen als Vorläufer?
Das Genre, für das sie schreibt, heißt New Adult und richtet sich, wie der Name schon sagt, an junge Erwachsene im Alter von 16 bis 25 Jahren, hauptsächlich Frauen. "Ich versuche immer Leuten zu erklären, dass man theoretisch auch 'Die Leiden des jungen Werther' von Goethe oder auch 'Pride and Prejudice' von Jane Austen New Adult nennen könnte, weil die Themen dort auch Liebe und Selbstfindung sind", so die Autorin, die Germanistik und Anglistik in Leipzig studiert hat.
Gerade gebe es viele Geschichten, die von Frauen für Frauen erzählt würden, sagt Stehl. "Das ist definitiv ein neues Phänomen, dass das so zelebriert wird. Aber ich glaube, die Geschichten waren schon immer da."
Aber bitte mit "Spice": Explizite Sexszenen im Kommen
Neu sind die "spicy" Szenen in den Liebesgeschichten - teilweise sehr explizite Schilderungen von Sex. Das meiste Feedback dazu bekomme sie nicht von ihren jungen Leserinnen, sondern von den über 40-Jährigen. "Die Rückmeldungen sind eher positiv - und die Leute sind überrascht, dass das jetzt in Liebesromanen vorkommt."
Mindestens vier Stunden täglich arbeitet Stehl an ihren Romanen. So schafft sie drei Bücher pro Jahr. Den Arbeitsplatz teilt sie mit ihrem Partner Mikkel Robrahn. Er schreibt ebenfalls Romane. "Mit ihr als Autorin zusammenzuleben, ist super spannend", erzählt Robrahn. "Wir können uns übers Schreiben austauschen, müssen aber auch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr vergleichen." Es sei gut, jemanden zu haben, der die Sorgen und Nöte, die man als Autor hat, nachvollziehen könne.
Promo auf Social Media befeuert Umsätze
Beide, Stehl und Robrahn, promoten ihre Bücher über Social Media. Unter dem Hashtag #BookTok kommuniziert Stehl mit ihrer Community auf Tiktok. Hier teilt sie Infos zu Büchern, Events und auch Privates. Der persönliche Austausch ist wichtig für die BookTok-Community. Deshalb trifft sich die Autorin auch gerne mit ihren Fans.
Der Buchmarkt profitiert von der engen Verbindung zwischen Autorin und Leserin. Tjarde Gaebel, Buchhändlerin in Hamburg, freut sich über Umsätze, die vor zehn Jahren utopisch schienen: "2023 hat der Buchmarkt insgesamt eine Steigerung von 2,8 Prozent erlebt", so Gaebel. "Für den Buchmarkt insgesamt reden wir von 9,7 Milliarden Euro - und der Bereich New Adult, unterstützt durch soziale Medien und promotet durch die Events, hat daran natürlich einen erheblichen Anteil."
Wohlfühlfaktor mit Triggerwarnungen
Buchreihen sind symptomatisch für BookTok. Viele Autorinnen, auch Annabelle Stehl, schreiben seriell und stärken damit die Leserinnenbindung. Die Geschichten stecken voll starker Emotionalität und gesellschaftlicher Relevanz - und haben trotzdem einen gewissen Wohlfühlfaktor. Das Genre bietet Unterhaltung und Lebenshilfe zugleich. Verstörende Inhalte werden mit Triggerwarnungen versehen. Die Fans schätzen das.
Buchhändlerin Tjarde Gaebel sieht den Trend zu New Adult ungebrochen: "Das Genre deckt viele Themen ab - von Liebe über Karriere bis zur Selbstfindung. Wir erwarten, dass sich das Genre noch weiter untergliedert - in mehr Subgenres, die sich damit befassen, wer wie lebt und noch mehr in das Thema Selbstfindung reingehen."
Noch haben die Leserinnen nicht genug
Wann der Markt gesättigt sein wird, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Darüber entscheidet tatsächlich weniger das Marketing, als die Leserin selbst. "Ich glaube, dass es immer noch eine klassische Mund-zu-Mund-Propaganda ist - nur eben auf Social Media", meint Autorin Annabelle Stehl. "Ganz viel kommt immer noch von den Leserinnen und der BookTok-Community."
Außerdem ganz wichtig für den Erfolg: ein Happy End.
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