"Verlaufen in Perpignan": Internetroman in Hannovers Partnerstadt
Perpignan, ein Ort in Frankreich, ist einer der Partnerstädte von Hannover. In einem Internetroman kann man jetzt in die Atmosphäre der Provinzhauptstadt der Pyrénées-Orientales im Süden Frankreichs eintauchen. Autor Jan Fischer aus Hannover hat ihn geschrieben.
Es ist 18 Uhr als Anna in ihrer Wohnung während der dritten Hitzewelle des Jahres liegt. Sie hat schon seit mehreren Tagen niemanden gesehen und mit niemandem gesprochen.
Eine Welle, hatte sie immer gedacht, sei etwas, das sich bewegt, sich langsam aufbaut, über Kilometer, träge in Richtung Land rollt, kurz, während sie sich mit einer Schaumkrone bricht, ihre Energie verliert, zu gleichen Teilen am Ufer versackt und ins Meer zurückfließt. Ein langer Aufbau, eine plötzliche Entladung. Zitat aus "Verlaufen in Perpignan"
So beginnt der Internetroman "Verlaufen in Perpignan" von Jan Fischer. Eigentlich wollte der Autor bei einer ganz anderen Ausschreibung des Kulturbüros Hannover mitmachen. Dabei ging es um einen Briefwechsel zwischen Hannover und der Partnerstadt Rouen. Doch das damit verbundene Auslandsstipendium holten sich zwei andere Autorinnen, erzählt Fischer: "Dann wandte sich das Kulturbüro Hannover an mich und fragte mich, ob ich nicht Lust habe, irgendwas anderes mit Partnerstädten zu gestalten und dann kam ich einerseits auf Perpignan, weil ich da Familie habe, und andererseits wollte ich schon ewig mal so ein Online-Text-Adventure-Text machen und das habe ich dann gemacht."
"Verlaufen in Perpignan": Internetroman von Jan Fischer
Dafür ist Fischer selbst für einen Monat nach Perpignan gereist und hat sich der Stadt ausgesetzt, ist die großen Straßen und die vielen kleinen Gassen abgelaufen, hat sich dabei auch verlaufen - daher der Titel "Verlaufen in Perpignan". Damit der Lesende in den Text hineingezogen wird, erklingt im Hintergrund die jeweilige Atmosphäre des Spielortes, die zusätzlich von Musik untermalt werden kann. Der Text befindet sich jeweils in der Mitte des Bildschirms, am linken Rand ist eine orangefarbene Leiste fixiert. Hier sind der Ort, die Zeit und auch ein Inventar zu finden, verrät der Autor: "Einmal erzählt die Inventarleiste auch Geschichten. Und wenn man auf die Gegenstände klickt, haben die immer noch eine kleine Geschichte, eine kleine Beschreibung. Wenn bestimmte Dinge im Inventar sind, dann können andere Dinge passieren. Manchmal sind Dinge im Inventar die Voraussetzung für bestimmte Handlungsstränge, die passieren können."
Internetroman: Wie kann ich mir das vorstellen?
Doch wie komme ich an diese Gegenstände im Inventar und wie lese ich überhaupt den Internetroman? Das geht ganz intuitiv über unterstrichene Wörter im Text: Laptop, Nachrichten, über die Stadt schauen. Und je nachdem, wofür sich der Leser entscheidet, geht die Geschichte anders weiter. Das war unter anderem auch der Grund, warum der Internetroman mit 2.650 Euro für ein Jahr gefördert worden ist, erklärt Janika Millan vom Kulturbüro Hannover: "Diese Projektskizze fanden wir sehr spannend, weil er einerseits Bezug auf die Stadt Perpignan, auf die Städtepartnerschaft nimmt, auf Walter Benjamin, der in Perpignan gewesen ist auf seiner Flucht vor den Nazis, und auf die aktuelle politische Situation in Perpignan, die gerade einen rechten Bürgermeister haben, was auch die Städtepartnerschaft im Moment erschwert." Man schaue sich gerade kritisch die Förderkriterien an und überlege Prozesse und Experimente, wie fortlaufende Literaturstreams zu unterstützen, um den Horizont für Digitales zu erweitern.
Internetroman ist kostenlos im Internet zu finden
Fischers Internetroman ist immer noch im Prozess, seine zweite Figur Anton ist noch nicht fertig. Aber das Genre hat es ihm angetan: "Ich habe auch deshalb wahnsinnig Lust sowas zu machen, weil wenn man Prosa schreibt, man immer das Problem hat, sich entscheiden zu müssen, wie die Handlung weitergeht. Daher ist es eine große Freiheit zu sagen: Nein, muss ich nicht, ich kann einfach alles machen." Den Internetroman kann sich jede und jeder kostenlos im Internet anschauen.