Illustration von Häuserfassaden in Polen und eine Schlange von Menschen vor einer Bäckerei. © Minitta Kandlbauer/Melanie Kandlbauer/Yani Hamdy Foto: Minitta Kandlbauer/Melanie Kandlbauer/Yani Hamdy

"Gute Nachrichten aus aller Welt": Buchweltreise gegen Vorurteile

Stand: 23.11.2024 06:00 Uhr

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an Afghanistan, Syrien oder Somalia denken? Vermutlich eher die schlimmen Nachrichten, die man hört und liest. Mit ihrem Kindersachbuch "Gute Nachrichten aus aller Welt" wollen die Autorinnen dem etwas entgegensetzen.

von Margarita Ilieva

Wussten Sie schon, dass in Nigeria mehr Filme als in Hollywood entstehen? Oder dass das älteste Ölgemälde der Welt aus Afghanistan stammt? Oder etwa, dass in Mexiko das Farbfernsehen erfunden wurde? Fakten wie diese stehen in der Regel nicht in den Schulbüchern oder finden selten Platz in den Nachrichten.

Auf 128 Seiten und in leicht zugänglicher Sprache präsentieren die Schwestern Minitta und Melanie Kandlbauer 30 Länder aus der ganzen Welt, die für viele Menschen meist nur durch negative Berichterstattung in Erscheinung treten. Dabei gibt es über jedes Land auch Gutes zu berichten und überall auf der Welt leisten Menschen Großartiges. Die beiden Wienerinnen wollen mit ihrem Buch bestehende Vorurteile abbauen.

Zwei Frauen sitzen und schauen in ein Buch rein. © Minitta Kandlbauer, Melanie Kandlbauer
Minitta und Melanie Kandlbauer lesen in Wien aus ihrem Buch "Gute Nachrichten aus aller Welt" vor.

Für die Autorinnen sind diese Vorurteile aber nicht verwunderlich. "Diese und andere Länder werden nur von ihrer schlechten Seite gezeigt. Wir erfahren, dass dort Krieg herrscht oder Menschen Hunger haben und mit vielen Problemen kämpfen. Aber wenn Du nur Schlechtes über ein Land weißt, dann weißt Du zu wenig", so Minitta und Melanie Kandlbauer über die Motivation zum Verfassen ihres Buchs.

"Kein Land heißt Afrika"

Dass die 30 vorgestellten Länder mehr sind als das, was wir in Verbindung mit dem jeweiligen Kontinent bringen, zeigen auch die Überschriften der Abschnitte im Buch. Darin liest man etwa "Kein Land heißt Afrika", "Ein Amerika kommt selten allein" oder "Ozeanien liegt nicht unter dem Meer". So lernt man etwa im Kapitel "Kein Land heißt Afrika", dass allein in Kamerun über 250 Sprachen gesprochen werden. Und dass Kinder in Afrika nicht selten mit drei oder sogar vier Sprachen aufwachsen. Dass man wenig über den Kontinent und seine Menschen weiß, ordnen die Autorinnen mit einer kindgerechten Einführung in das Thema Kolonialismus ein. Dort heißt es:

Stell dir vor, dass eines Tages eine fremde Person in dein Kinderzimmer stürmt und schreit: "Dieses Zimmer gehört jetzt mir!" Die fremde Person nimmt dir alle Spielsachen weg und sagt: "Ich bin besser als du! Deshalb musst du ab heute alles tun, was ich dir sage. Sonst bestrafe ich dich!" Das ist unfair, oder? Aber genau das passierte in Afrika [...]. "Gute Nachrichten aus alles Welt", S. 21

Zu Beginn jedes Abschnitts präsentieren die Autorinnen zudem Fakten über den jeweiligen Kontinent, seine Leute, geografischen Besonderheiten oder ungewöhnlichen Erfindungen aus einzelnen Ländern. Dadurch wollen die Kandlbauer-Schwestern Irrglauben und Vorurteilen entgegenwirken und Wissenslücken schließen.

Nationalität, Identität und Vorurteile

Das Buch der Kandlbauer-Schwestern erklärt außerdem auf kindgerechte Weise wichtige Begriffe und gesellschaftliche Zusammenhänge. So wird zum Beispiel der Unterschied zwischen Nationalität, Ethnie und Kultur aufgezeigt. Auch der Ursprung von Vorurteilen wird im Buch eingangs thematisiert. Am Ende lautetet ihre Botschaft:

"Wer du bist, entscheidest du selbst! Du kannst vieles auf einmal sein: Du kannst jüdisch sein und einen rumänischen Pass haben, aber in Wien leben und Teil der österreichischen Kultur sein. Du kannst dick sein oder dünn, du kannst ein K-Pop-Fan sein oder gerne Kebap essen". "Gute Nachrichten aus aller Welt", S. 15

Eine illustrierte Karte von Afrika mit einem Selbsttest. © Minitta Kandlbauer/Melanie Kandlbauer/Yani Hamdy Foto: Minitta Kandlbauer/Melanie Kandlbauer/Yani Hamdy
Um das Wissen (und Unwissen) über die jeweiligen Kontinente zu testen, gibt es im Buch zu Beginn jeden neuen Abschnitts einen Selbsttest.

In Mitmachaktionen, die auf die einzelnen Buchabschnitte folgen, kann man sich mit Besonderheiten der verschiedenen Kontinente vertraut machen und den persönlichen Blickwinkel erweitern. Durch kleine Selbsttests können die Lesenden ihr Vorwissen über den Kontinent prüfen und die Wissenslücken durch die Inhalte im Buch schließen.

Das Buch "Gute Nachrichten aus aller Welt" ist zwar ein Kindersachbuch, jedoch kann man auch als Erwachsener viel Wissen abgewinnen und den eigenen Horizont erweitern. Durch die bunten Illustrationen von der Hamburger Kommunikationsdesignerin Yani Hamdy, wird die Lektüre zu einer bunten und lehrreichen Weltreise für Klein und Groß.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 29.11.2024 | 16:00 Uhr

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