Tänzer in schwarzer Kleidung bewegen sich in einem dicht bewachsenen Wald © Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi Foto: Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi
Tänzer in schwarzer Kleidung bewegen sich in einem dicht bewachsenen Wald © Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi Foto: Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi
Tänzer in schwarzer Kleidung bewegen sich in einem dicht bewachsenen Wald © Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi Foto: Festival Theaterformen/Undersang - Harald Beharie, Chai Saeidi
AUDIO: Theaterformen in Hannover: Von Holzinger bis Naturtänze (3 Min)

Grenzenlose Körperkunst: Theaterformen erkundet neue Horizonte

Stand: 23.04.2025 14:50 Uhr

Festivalleiterin Anna Mülter kuratiert in diesem Jahr ihre letzte Ausgabe der Theaterformen. Highlights sind diesmal vom 19. bis zum 29. Juni Theaterwanderungen entlang von Ihme und Leine durch den Deister sowie das neue Stück von Florentina Holzinger.

von Agnes Bührig

Jessica Teixeira steht in einer schwarzen Clublandschaft unter einer rotierenden Discokugel. Sie ist nackt, ihr Rücken durch Verwachsung verkürzt, so dass ihre Beine noch länger wirken. Selbstbewusst groovt die Brasilianerin übers Parkett, ganz anders als einst Julia Pastrana, an deren Geschichte sie erinnern will. 

Die Mexikanerin wurde im 19. Jahrhundert mit ihren körperlichen Behinderungen in sogenannten Freakshows zur Schau gestellt. "Das ist natürlich eine Geschichte von Ausbeutung, auch wenn damals Freakshow-Auftritte eigentlich einige der wenigen Möglichkeiten für behinderte Menschen waren, überhaupt Geld zu verdienen", erzählt Festivalleiterin Anna Mülter. "Sie eignet sich aber diese Geschichte an und stellt auch ihren eigenen behinderten Körper aus, aber auf eine ganz selbstbestimmte und konfrontative Art. Das macht sie mit vollem Körpereinsatz, aber die sagt auch ganz klar: 'Ich bin keine Freak-Show.'"

Florentina Holzingers Frankenstein und Körper aus dem Labor

Wer bestimmt, was ein normaler, was ein anormaler Körper ist - und brauchen wir diese Definitionen überhaupt noch? Wie künstliche Intelligenz da hineinspielt, hinterfragt die Polin Gosia Wdowik. Für ihre Performance "Deeper" hat sie Jugendliche befragt, was digitale Darstellungen von Gewalt an Frauenkörpern mit ihnen machen, wie sie ihr Frauenbild prägen. 

Zudem wird die Performancekünstlerin Florentina Holzinger in Hannover ihr neues Stück "A Year without Summer" präsentieren - gerade einmal einen Monat nach der Uraufführung in Berlin. Es geht um Frankenstein und es geht um Körper aus dem Labor, so die Festivalleiterin: "Das Thema Körper ist ja bei Florentina Holzinger immer ganz wichtig und da geht es einerseits um das Monströse, andererseits um den alternden Körper und auch um diesen menschlichen Wunsch des ewigen Lebens. Wie versuchen wir, Körper zu verändern, dass sie unsterblich werden, was ja eigentlich auch so ein toxischer Traum der Wissenschaft ist."

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Tanzen zwischen Bäumen und Sträuchern

Ganz naturverbunden gibt sich die Tanzwanderung Undersang durch den Deister. Zwischen Bäumen und Sträuchern begibt sich der norwegisch-jamaikanische Tänzer und Choreograf Harald Beharie auf die Spuren von Naturmythen und Fabelwesen. Ihr indigenes Wissen über Flüsse projizieren drei südamerikanische Künstlerinnen bei einem Spaziergang mit traditioneller Musik auf Ihme und Leine. 

Performerin Claire Cunningham aus Großbritannien hingegen lässt künstliche Gesteinsbrocken aufschütten. "Sie benutzt Krücken und navigiert damit auch auf ganz unterschiedlichen Untergründen", so Anna Mülter. Die Performerinnen von Magic Maids lassen Besen aller Art kreisen, um die Stigmatisierung von Hausmädchen als Hexen auf den Philippinen zu thematisieren. Ocean Stefan aus Großbritannien bringt 75 Liter Theaterblut zum Einsatz, um aggressive Blicke gegen Trans-Personen sichtbar zu machen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 23.04.2025 | 14:20 Uhr

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