"Der war's" von Juli Zeh: Ein gutes Kinderbuch geht anders
Zusammen mit der Strafrechtlerin Elisa Hoven hat Juli Zeh das Kinderbuch "Der war's" geschrieben. Gegen diesen Reißbrett-Roman ist "Hanni & Nanni" eine tiefgründige Schulgeschichte und "TKKG" ein differenzierter Kinderkrimi.
Juli Zeh kennt man als Autorin diverser Bestseller - "Unter Leuten", "Über Menschen" und zuletzt "Zwischen Welten". Sie ist aber auch Juristin und ehrenamtliche Richterin - und ein Gerichtsverfahren ist nun auch Thema ihres neuen Kinderbuchs.
"Der war's": Ein Einführungskurs in Jura
Wenn man alle ein bis zwei Jahre einen Roman schreibt, der zuverlässig auf der Bestsellerliste landet und außerdem gern gesehener Gast in Talkshow, Podcasts und bei Podiumsdiskussionen ist, kann man eventuell denken: Ach, so ein Kinderbuch, das kann ich auch.
Möglicherweise hat Juli Zeh so gedacht - und vielleicht hat sie auch gedacht, dass sie in Kinderbüchern sehr gut ihre persönlichen Anliegen unterbringen kann: Pferdewissen zum Beispiel im Buch "Socke und Sophie" oder jetzt ein Einführungskurs in Jura. Das kommt gut an bei Eltern, die es oft super finden, wenn Kinder beim Lesen ganz nebenbei noch was lernen. Und wenn man eh Bestsellerautorin ist, reicht es offenbar, das Ganze in einen maximal unterkomplexen Plot zu verpacken.
Lauter stereotype Figuren
"Wer hat schon wieder mein Supersandwich geklaut?" Marie bebt vor Wut. Zum zweiten Mal in dieser Woche ist ihr Schulbrot weg.
So beginnt die Geschichte, Problem direkt benannt, und es geht übersichtlich weiter: Torben verdächtigt Konrad und überzeugt alle anderen - außer Mika, der Konrad verteidigt. Alle handelnden Personen werden - der Einfachheit halber - als Stereotype dargestellt. Marie: blond Locken, hübsch, Klassenliebling, hat eine ehrgeizige Mutter, die natürlich Vorsitzende des Elternrats ist. Maries Freundinnen: tumbe Groupies.
Konrad ist der dicke, sensible Außenseiter, Torben ein lauter, selbstbewusster Angeber, dessen Vater Polizist ist. Mika ist still, schlau und strebt nach Gerechtigkeit. Die Lehrer tragen alberne Doppelnamen und machen einfallslosen Unterricht:
"Wir machen jetzt ein schönes Online-Quiz", sagt Herr Schindelbart-Bunsemann. (…) Aber das Smartboard ist schon seit drei Monaten kaputt. (…) Kurz muss er überlegen, denn was anderes hat er nicht vorbereitet. "Ich hab’s", sagt er schließlich. "Wir gehen in den Medienraum und schauen einen hochinteressanten Film."
Reißbrett-Roman mit lauwarmem Plot
Da Protagonisten und Handlung schnell skizziert sind, kann die Autorin zum Kern des Buches kommen: Die Kinder klagen Konrad an und führen einen Prozess - wie im richtigen Leben. Alle Infos dazu haben sie aus einem Film, den Herr Schindelbart-Bunsemann anwirft, damit er Zeit hat, die Deutsch-Aufsätze zu korrigieren. Alles läuft wie am Schnürchen, natürlich wird Konrad entlastet, natürlich war es am Ende (Achtung: Spoiler!) der Hund.
Kann man machen, tut niemanden weh. Aber ein gutes Kinderbuch geht anders. Gegen diesen Reißbrett-Roman ist "Hanni & Nanni" eine tiefgründige Schulgeschichte und "TKKG" ein differenzierter Kinderkrimi. Vielleicht hätte Juli Zeh einfach nur den 27-seitigen Anhang als Sachbuch über Gerichtsverfahren herausgeben sollen? Der liefert immerhin die Erklärungen, die der lauwarme Plot vermissen lässt.
In jedem Fall ist es schade, dass dieses Buch die Aufmerksamkeit der Medien bekommt, während über andere (gute!) Kinderbücher viel zu wenig berichtet wird.
Der war's
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Kinderbuch
- Zusatzinfo:
- ab 8 Jahren
- Verlag:
- Carlsen
- Bestellnummer:
- 978-3-551-65308-6
- Preis:
- 12 €