Buchpreisträgerin Martina Hefter über ihren prämierten Roman
Für ihren Roman "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" ist Martina Hefter mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet worden. Dass die Entscheidung der Jury offenbar ein Kompromiss war, sei für sie völlig okay, denn einstimmige Jury-Entscheidungen seien sehr selten.
Im Interview erklärt Martina Hefter, was es mit sogenannten "Love Scammern" auf sich hat. Sie stellt sich der Frage, ob Tanz, Lyrik und Romane bei ihr irgendwie zusammenhängen. Und das Tattoo einer Wildbiene, das sich die Buchpreisträgerin zusammen mit ihrer Lektorin hat stechen lassen, spielt auch eine Rolle.
Frau Hefter, wie war das für Sie, als die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Ihren Namen gesagt hat?
Martina Hefter: Das war einen Moment lang ganz unwirklich, und ich konnte das erstmal gar nicht so richtig fassen. Dann war ich sehr überwältigt, und dann war es einfach nur sehr schön und ich habe mich gefreut.
Wie geht es Ihnen heute? Ist das schon bei Ihnen angekommen?
Hefter: Ja, so langsam ist es angekommen. Ich hatte noch nicht so viel Zeit, darüber nachzudenken, weil viele Leute etwas wissen wollten. Das ist natürlich auch sehr schön. Aber im Moment überwiegt nach wie vor das Gefühl der Freude, auch der Wertschätzung und der Anerkennung. Das ist schon schön.
In Ihrem Buch pflegt Juno den kranken Jupiter. Sie ist Künstlerin, lebt eher in prekären Verhältnissen, leidet unter Schlaflosigkeit und chattet nachts mit fremden Männern im Internet, sogenannten "Love Scammern". Was sind das für Männer?
Hefter: "Love Scammer" sind meistens jüngere Männer, die oft in organisierter Form, aber auch als einzelne Personen, Fake-Profile anlegen, und sich meistens als weiße, sehr wohlhabende Männer ausgeben. Sie schreiben dann ältere Frauen auf allen sozialen Plattformen an. Wenn sie Antworten bekommen, bahnen sie sehr schnell eine Beziehung an - und das kann sehr manipulativ sein. Dann wird eine Liebesbeziehung aufgebaut und es wird sehr schnell von Heirat gesprochen. Meistens geben sie vor, in den USA zu leben. Irgendwann passiert immer etwas: Der Fake-Mann muss auf Geschäftsreise, wird überfallen und dann wird gebeten, ihm mit Geld auszuhelfen. Das ist eigentlich eine digitale Form des Heiratsschwindels. Das tritt sehr häufig auf. Das ist natürlich ein Verbrechen, oft ein organisiertes Verbrechen. Es gibt sogar Zwangsarbeit. Aber es ist auch ein globales Phänomen, das tiefere Ursachen hat.
Wobei Juno kein klassisches Opfer dieses "Love Scammers" ist. Sie setzt sich zur Wehr und dreht den Spieß um. Haben Sie das selbst auch mal ausprobiert?
Hefter: Ja, das habe ich gemacht. Das ist eigentlich der Ausgangspunkt gewesen. Ich habe das in einer naiven Neugier gemacht, weil ich wissen wollte, ob die antworten und wer da eigentlich sitzt. Ich war manchmal sehr genervt, weil ich solche Anfragen bekommen habe, und dachte: Die müssen doch wissen, dass ich so etwas nicht glaube. Ich habe mich persönlich angegriffen gefühlt, war dann aber auch schockiert, dass die mir tatsächlich auch so lange geglaubt haben, denn ich habe auch gelogen und Geschichten erfunden. Ich dachte, die scheinen wohl genauso auf irgendeine Form bedürftig zu sein. Das war eigentlich der Ausgangspunkt. Ich wollte erst einen Essay darüber schreiben, habe aber auch gemerkt, dass mir das nicht reicht.
Juno enttarnt OwenWilson223 aus Texas, der eigentlich Benu aus Nigeria ist, und zwischen den beiden entwickelt sich etwas. Wir würden Sie die Beziehung definieren?
Hefter: Das ist eine interessante Frage, die ich sehr häufig gefragt werde. Es ist auf keinen Fall eine Beziehung des Begehrens, zumindest nicht von Junos Seite. Bei Benu weiß man es am Schluss nicht so ganz - aber mehr verrate ich da nicht. Das ist ja das klassische Minenfeld: Die weiße europäische Frau und der Schwarze Mann. Da wollte ich mit Juno nicht reingeraten und bin da auch als Martina Hefter oder als die erzählende Instanz nicht reingeraten. Ich glaube, Freundschaft trifft es schon ganz gut. Liebe vielleicht in irgendeiner Form auch, wenn man Liebe nicht gleichsetzt mit partnerschaftlicher Liebe, die auch mit Sexualität einhergeht.
Das Gespräch führte Maren Ahring. Das komplette Interview hören Sie oben auf dieser Seite.