Albanischer Autor Ismail Kadare im Alter von 88 Jahren gestorben
Der französisch-albanische Schriftsteller Ismail Kadare ist tot. Er starb im Alter von 88 Jahren in einem Krankenhaus in Tirana. Er galt als einer der prominentesten zeitgenössischen Autoren albanischer Sprache.
"Ismael Kadare war seit Jahrzehnten der wichtigste literarische Vertreter seines Landes", so Jan Ehlert, Host des NDR Kultur Bücherpodcasts eat.READ.sleep. "Seine Romane sind längst Weltliteratur, auch wenn ihm der Nobelpreis verwehrt wurde. Wer seine Bücher liest, der taucht ein in die Legenden und Mythen Albaniens, aber auch in die Ambivalenz des Lebens im Kommunismus, dessen Auswirkungen auf das Leben von Schriftstellern er in 'Die Verbannte' eindrücklich beschreibt."
Ismail Kadare: Volksschriftsteller und wichtiger Autor Albaniens
Kadare wuchs in einem ottomanischen Haus in der Altstadt seiner Heimatstadt Gjirokastra in Südalbanien auf, wo sich die alten Frauen des Viertels gegenseitig Besuche abstatteten. "Für mich waren sie zu Hause eine Art Theater, wenn sie uns besuchten", erinnerte sich Kadare in seinem letzten Interview 2016. "In den alten Häusern von Gjirokastra waren diese Besuche eine Art Theater, weil es sozusagen eine Art Zeremonie gab. Es war ein Ritual für sich, als ob wir in einer großen Familie gewesen wären, die sehr interessant war: von den seltsamsten Gerüchten, Affären oder Streitereien; und Liebesgeschichten, Stadtskandalen, aber auch dem, was heute in den Nachrichten kommt. Es gab eine Art Information, die zwischen dem Naiven, dem Grotesken und der Wahrheit lag."
Gänzlich unberührt von der modernen Welt scheint hingegen das nordalbanische Bergland, dass Kadare in seinem Roman "Der zerrissene April" schildert. Ein junger Mann wird unverschuldet in eine Familienfehde hineingezogen. Das uralte Gewohnheitsrecht Kanun schreibt die Regeln vor. Der junge Gjorg muss morden, Blutrache begehen, und sich damit selbst dem Schicksal preisgeben, ermordet zu werden. Wegen Geschichten wie dieser gilt Kadare als Volksschriftsteller, einer der wichtigsten Autoren, die Albanien hervorgebracht hat.
Internationale Bekanntheit bescherte Probleme in der Heimat
Seine internationale Bekanntheit und seine Reisen ins Ausland bereiteten ihm zuhause in den 1970er- und -80er-Jahren jedoch auch Probleme. Denn Albanien war damals eine kommunistische Diktatur. Seine Beziehung zum Regime unter Enver Hoxha beschrieb Kadare 2016 sehr nüchtern so: "Ich hatte die gleiche Beziehung zum Regime wie jeder normale albanische Schriftsteller. Also nicht so wie die Schriftsteller, die an geheimen oder halb geheimen Treffen der Partei teilnahmen, bei denen über das Schicksal anderer Schriftsteller entschieden wurde. Ich war ein Schriftsteller, der gelegentlich kritisiert, aber akzeptiert wurde."
Vielen gelten Kadares Werke als Beweis, dass er nicht linientreu war. Drei seiner Bücher wurden von der Zensur verboten. 1990 schließlich entzog sich Ismail Kadare dem Regime und seiner Geheimpolizei Sigurimi und zog nach Paris. Dort verbrachte er fortan die meiste Zeit seines restlichen Lebens.
Große Verehrung über die Grenzen Albaniens hinaus
In Albanien wird er dennoch hoch verehrt. Die britisch-albanische Sängerin Dua Lipa sagte über Kadare, er habe ihr geholfen, ihre Identität als Kosovo-Albanerin zu verstehen. Ismail Kadare war 15 Mal für den Literaturnobelpreis nominiert, wurde aber nie ausgezeichnet, dass nimmt man der Nobel-Jury in Albanien äußerst übel. Kadare selbst soll es mal so kommentiert haben: Die Presse habe so oft darüber geschrieben, dass die Leute mittlerweile glaubten, er habe ihn bereits bekommen.