70 Jahre Pixi: Von Hamburg in jedes Kinderzimmer Deutschlands
70 Jahre begleiten die Pixibücher unzählige Kinder bei ihren ersten Leseerfahrungen. Ein Blick auf die Geschichte der quadratischen Bücher mit dem Kobold und der roten Mütze aus Verlag Carlsen - und auf deren Autor*innen.
Eine Miezekatzen-Mami im gelben Punktekleid - an der Hand ihr Katzenkind im roten Jäckchen: Das war das Cover des ersten Pixi-Buches vor 70 Jahren. Sein Titel: "Miezekatzen". Cat-Content hat offenbar schon lange vor dem Internet funktioniert. Die Miezekatzen waren das erste von inzwischen knapp 2.700 Pixi Büchern. Es gibt kaum einen Haushalt mit Kindern in Deutschland, in dem kein Pixi-Buch zu finden ist. Eine Pixi-Buch Zeitreise - von den Miezekatzen bis heute.
Pixi-Bücher: Immer ein bisschen anders als der Zeitgeist
Es ist schlimm mit meinem Schnurr, sagt die Katzenmutter zu ihrer Nachbarin. Der Junge lutscht noch immer am Daumen. Warum geben Sie ihm nicht eins auf die Finger? sagt Frau Schwein darauf. Aber das mag die Katzenmutter doch nicht tun (…) ich denke nicht daran, meinen Kleinen deswegen zu schlagen. Zitat aus "Miezekatzen"
Typisch für Pixibücher: Immer ein bisschen anders als der Zeitgeist. Mag Prügelstrafe in den 50er-Jahren noch ein adäquates Mittel der Wahl gewesen sein, in der Welt der Pixi-Bücher ging es schon mit der ersten Geschichte liberaler und kinderfreundlicher zu.
Die Idee des dänischen Verlegers Per Hjald Carlsen ist aufgegangen: 1954 hat er in seinem in Hamburg gegründeten Verlag das erste Pixibuch veröffentlicht. Pixi ist das englische Wort für Kobold und der kleine Wichtel mit der roten Mütze schmückt - seit er 1982 aus der Feder der Illustratorin Eva Wenzel-Bürger Gestalt annahm - inzwischen jedes Pixibuch. Er erlebt auch eigene Abenteuer:
Ricky Waschbär hat heute schlechte Laune, die ganze Zeit mault er herum.
"Was hast Du denn?" fragt Pixi seinen Freund.
"Ich will auch mal durch die Gegend ziehen und was neues sehen …"
" Dann lass uns doch in die Ferien fahren", schlägt Pixi vor.
Ferien mit Pixi …
Das Ziel des Verlegers Per Hjald Carlsen war die Leseförderung: Jedes Kind sollte ein Buch besitzen können. 50 Pfennig hat das erste Pixibuch gekostet, heute sind es 99 Cent. Das beliebte kleine Mitbringsel passt auch gut in kleine Kinderhände. Zehn mal zehn Zentimeter, immer 24 Seiten - das ist das unverwechselbare Format der kleinen Büchlein, die große wie kleine Menschen seit Generationen begleiten. "Mit 'nem Buch für kleine Hände, hat die Langeweile Ende, es wird gelacht und wird geträumt … werd doch auch ein Pixifreund", lautet eine Liedzeile.
Conni: Seit 1992 eine erfolgreiche Pixi-Serie
Eine der erfolgreichsten Pixi-Serien ist die von Conni. Das erste Conni-Buch hieß "Conni kommt in den Kindergarten" und ist 1992 erschienen. Seitdem hat die allwissende Conni, einen wahren Triumphzug durch die Kinderzimmer absolviert. Teilt mit ihrer Fangemeinde ihre Gefühle und Sorgen bei den Herausforderungen des Lebens. Kinder lieben das Multitalent Conni. In den sozialen Medien finden sich allerdings zahlreiche Listen, mit etwas abgewandelten Titeln, die sich Eltern ausgedacht haben, die der kleinen Alleswisserin etwas überdrüssig sind.
Pixi-Universum bietet Themen von Märchen über Technik bis Politik
Pixibücher erklären die Welt kindertauglich - es gibt nichts, was es nicht gibt im Pixi-Universum. Märchen, Zauberer, Elfen, Tier-, Spielzeug-, Technik und Wissenschaftsgeschichten und auch die ganz großen Themen - wie Politik, Demokratie, Klimawandel und Krieg. Es gibt zahlreiche Pixi-Sondereditionen, Institutionen, Verbände, Vereine, Ministerien können ihr eigenes Pixi erstellen lassen.
Im Mai 2022 veröffentlichte der Carlsen Verlag ein Pixi-Buch für Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland flüchten mussten. "Pixi bekommt Besuch" wurde ins Ukrainische übersetzt und an Hilfsprojekte verteilt.
Pixi-Bücher: Berühmte Schriftstellerinnen und unbekannte Autoren
Wer schreibt eigentlich diese vielen Geschichten? Bei Pixi steht immer die Erzählung im Vordergrund, Pixis sind kein Eitelkeitsprojekt für Autor*innen und Illustrator*innen. Kirsten Boie, Cornelia Funke, Peter Härtling: Viele berühmte Schriftsteller*innen haben bereits Pixis geschrieben. Aber der Großteil der Geschichten-Erfinder*innen sind ganz normale Menschen, die gerne Geschichten für Kinder schreiben.
Rüdiger Paulsen zum Beispiel ist einer von ihnen. Er schreibt seit elf Jahren für Pixi. Er ist eigentlich Puppenspieler und kam durch Zufall an den Job. Eine Herausforderung, die er gerne angenommen hat, wie er auf dem Sprung zur Ausstellungseröffnung "70 Jahre Pixi" in Hamburg Altona erzählt. "Die Herausforderung ist, dass man auf elf Doppelseiten alles erzählen muss, was ein großer Roman braucht." Zudem müsse man auf dem geringen Platz eine Geschichte erzählen, so Paulsen. "einen guten Einstieg, einen Spannungsbogen, Höhepunkt und einen guten Abschluss. Das ist ziemlich reizvoll."
Und das kann jeder? Was qualifiziert jemanden, diese kleinen Geschichten zu erzählen? "Als meine Kinder klein waren, habe ich sie gefragt: 'Wollt Ihr Fernsehen, Rappelkiste oder so, oder eine Geschichte hören?' In meiner Wohngemeinschaft haben sechs Kinder gelebt. Da war die Antwort immer: eine Geschichte. Sie durften sich aussuchen, was darin vorkommt und ich musste mir jeden Abend etwas einfallen lassen." Das mache er heute noch, sagt Paulsen. "Nicht mehr für meine Kinder, sondern für Pixi."
Wer ein großer Leser oder eine große Leserin ist, hat meist ganz klein angefangen. Mit einem zehn mal zehn Zentimeter großen Pixibuch.