Welttag des Fernsehens: Streaming und TV rücken immer näher zusammen
Oft wurde gesagt, das Fernsehen habe keine Zukunft. Doch irgendwie ist es immer noch da. Wie schlägt sich das Fernsehen in Zeiten, in denen doch eigentlich alles gestreamt wird?
Heute ist Welttag des Fernsehens. Die Quoten erreichen vielleicht nicht mehr Spitzenwerte von 75 Prozent, aber trotz Netflix erreicht das Fernsehen immer noch viele Millionen Menschen in Deutschland.
Das Internet hat das traditionelle Fernsehen verändert
Das hätte es früher nicht gegeben, dass die ARD mit dem Bezahlsender Sky zusammenarbeitet und "Babylon Berlin" produziert. Öffentlich-rechtliche und private Anbieter Hand in Hand. Die Zeiten, in denen ARD und ZDF Platzhirsche waren, allein, weil es keine anderen gab, sind seit Mitte der Achtziger, als RTL und Sat.1 aufkamen, vorbei. Alle Sender sitzen heute gemeinsam in einem Boot, das Internet hat einiges durchgewirbelt.
"Wir haben es mit sozialen Medien zu tun, die Bewegtbildangebote verbreiten. Wir haben Videoplattformen, wie YouTube, die auch Amateurcontent verbreiten. Und Videostreamplattformen, die sehr vielfältige Angebote anbieten", sagt Joan Bleicher, die an der Uni Hamburg zum Thema Fernsehen forscht. Amazon hat Fussballspiele, es gibt hochkarätige Serien, wie die Karate-Kid-Fortsetzung "Cobra Kai", die für Youtube produziert werden, Netflix zeigt ARD-Regionalkrimis. Joan Bleicher beobachtet eine Wechselwirkung von Internet und Fernsehen: "Die Internetangebote nutzen das Fernsehen als Inhalt, gleichzeitig werden Erzählweisen entwickelt, die wiederum das Fernsehen beeinflussen - gerade im Serienbereich. Neue Erzählweisen - das verändert auch das traditionelle Fernsehen."
Deutschland: Rückgang des Fernsehkonsums
Fernsehen ist serieller geworden. Statt dem "Bösewicht der Woche", den der Ermittler am Ende besiegt, gibt es mitunter immer wiederkehrende Figuren und Motive. Aber auch Onlineanbieter schauen sich etwas vom klassischen TV ab. Geschäftsmodelle, bei denen Werbepausen geschaltet werden, wie bei "freevee" von Amazon, oder Bingewatching, also das Ansehen vieler Folgen hintereinander, das gibt es schon lange, sagt die Forschung - nicht erst seit Netflix.
Eine interessante Beobachtung, die der US-Quotenmesser Nielsen macht, ist, dass vor allem junge Menschen gerne alte Sachen sehen. "Friends", "Greys Anatomy", die frühen Staffeln, oder Gilmore Girls gehören zu den beliebtesten Titeln. In Deutschland beobachtet man insgesamt einen Rückgang des Fernsehkonsums. 2022 schauten die Deutschen täglich 195 Minuten im Schnitt, 2021 waren es noch 213.
Blick in die Zukunft: Wie wird KI das Fernsehen verändern?
Dabei sagen die Zahlen deutlich: Menschen unter 40 schauen wesentlich weniger, als Menschen über 40. Praktisch umgekehrt ist es bei Online-Inhalten. Dass das halbe Land zusammensitzt und "Wetten, dass..?" oder den "Tatort" schaut, das große Lagerfeuer der Nation - das ist nicht vorbei, sagt Forscherin Joan Bleicher, nur anders. Fernsehen spiele immer noch eine wichtige Rolle. Sie macht das am Beispiel "Tatort" fest: "Wir haben Public Viewing vom "Tatort" in diversen Kneipen. Der "Tatort" hat nach wie vor eine ganz wichtige Funktion: gesellschaftliche Entwicklungen zu beobachten, zu kritisieren."
Beim Informationsaustausch, bei Live-Events spielt das Fernsehen immer noch eine Rolle, für die es kein vergleichbares Internet-Beispiel gibt. Also alles gut beim guten alten Fernsehen? "Der Blick in die Zukunft ist immer sehr schwierig. Weil die Veränderungen sich mit hoher Geschwindigkeit vollziehen. Zum Beispiel ist der Einfluss von KI auf die verschiedenen Bereiche der Produktion noch gar nicht so absehbar", so Bleicher. Das Aufkommen der privaten Fernsehsender und des Streamings sind Umwälzungen, die das Fernsehen verändert haben, aber es gibt es noch immer. Und es ist davon auszugehen, dass wir auch in Zukunft einschalten.