Vor 80 Jahren von den Nazis ermordet: Der Hamburger Ernst Thälmann
Mitten in Eppendorf gibt es eine kleine, kaum bekannte Gedenkstätte für einen Hamburger, den vor knapp 100 Jahren fast jedes Kind kannte: Ernst Thälmann. Vor 80 Jahren wurde der Anführer der Kommunisten in Deutschland von den Nazis ermordet.
Zweiter Stock, links - da hat Ernst Thälmann gewohnt. Im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses ist heute die Gedenkstätte zu seinen Ehren zu Hause. Neben der Tür hängt eine Plakette mit seinem Gesicht. Es gibt noch ein Schild, das Passanten erklärt, dass hier einer der bekanntesten Politiker der Weimarer Republik gelebt hat. Anführer der Kommunisten.
"Sein Vater war Fuhrunternehmer. Er selbst war Transportarbeiter, ist dann im Ersten Weltkrieg an der Front gewesen und hat die Schrecken des Krieges miterlebt. Dann ist er kurz zur See gefahren und in die Politik eingestiegen", sagt Udo Spengler von der Gedenkstätte. Das ist ein großer Raum, voller Vitrinen, mit Zeitungsausschnitten, Fotos, Porzellanfiguren, Kleidung. Betrieben wird sie von Ehrenamtlern, getragen von einem Verein, der sich ausschließlich über Spenden finanziert.
Chancenlos gegen Paul von Hindenburg
Ernst Thälmann ist umstritten. Der Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft und des Reichstags sah die demokratische Weimarer Republik kritisch. In seiner Politik setzte er Stalins Vorgaben um. In den Neuen Bundesländern heißen aber auch Straßen und sogar Schulen nach ihm. Er fällt damals vor allem als charismatischer Redner auf.
"Die Themen, die in besonders interessierten, waren Krieg und Frieden, die Frage der sozialen Situation, die Arbeitslosigkeit", erzählt Udo Spengler. "In Hamburg ist im Stadtpark eine Veranstaltung mit 40.000 Menschen gewesen, auf der er gesprochen hat. Das war eine große Kundgebung."
Zweimal tritt Ernst Thälmann zur Wahl des Reichspräsidenten an, beide Wahlen gewinnt Paul von Hindenburg, Thälmann ist chancenlos. Die Nazis nehmen den Chef der KPD fest, kurz nachdem sie 1933 an die Macht kommen. "Die Kommunisten waren eine mächtige Organisation. Wenn die sich organisiert und vor allem mit der SPD zusammengearbeitet hätten, dann hätten sie den Nazismus verhindern können", meint Udo Spengler. Hübsche Idee, und vollkommen an der Wahrheit vorbei: Denn unerwähnt bleibt bei dieser Theorie, dass Stalin und die sowjetische Führung - und gefolgstreu auch Thälmann - in der SPD den Hauptfeind sahen, den es zu vernichten galt; die Sozialdemokraten wurden von der KPD beschimpft als sogenannte "Sozialfaschisten" und "Verräter der Arbeiterklasse".
Ernst Thälmann: Erschossen im KZ Buchenwald
So ist sich die Geschichtswissenschaft darin einig, dass Thälmann durch seinen Kampf gegen die Weimarer Republik zum Ende der Demokratie mit beigetragen und damit indirekt den Nazis geholfen hat. Elfeinhalb Jahre verbringt Thälmann in Haft, kann kaum noch politisch wirken. Am 18. August 1944 nimmt sein Leben ein würdeloses Ende: "Dann hat man ihn '44 auf direkte Anweisung von Hitler über Himmler hinrichten lassen - durch Genickschuss im KZ Buchenwald."
Die Gedenkstätte ist ein politisch gefärbter Ort. Die Texte und die Dauerausstellung erzählen die Geschichte aus einer politisch linken Perspektive. Das ist für ein privat finanziertes Haus legitim. Die Themen, die Ernst Thälmann bewegten, sind für die ehrenamtlichen Betreiber auch 80 Jahre nach seinem Tod wichtig, "weil die Widersprüche, die diese Gesellschaft entwickelt hat, diese Widersprüche zwischen Arm und Reich, immer noch existieren", findet Spengler.
Eppendorf galt mal als Rot, als Hochburg der Kommunisten und Sozialisten. Unter ihnen wohnte der KPD-Chef Ernst Thälmann.