VIDEO: Kieler Stadtarchiv erwirbt historische Stadtansicht dank Fielman-Stiftung (3 Min)

Kiel vor 111 Jahren: Die kuriose Rückkehr eines historischen Fotos

Stand: 17.09.2024 14:15 Uhr

Auf einem Flohmarkt in Heide entdeckt ein Mann eine 111 Jahre alte Stadtansicht von Kiel. Erst in Horst Lichters Trödelshow "Bares für Rares" wird ihm bewusst, welchen Schatz er da erstanden hat. Nun hat sich das Kieler Stadtarchiv die Fotografie gesichert.

Der Kunsthistoriker Colmar Schulte-Goltz, Tv-Moderator Horst Lichter und Flohmarktfan Sebastian Hartung in der Sendung "Bares für Rares". © Screenshot
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von Benedikt Stubendorff

Die Geschichte beginnt bei Sebastian Hartung, der auf einem Flohmarkt in seiner alten Heimat Heide einen Glückstreffer landet: "Das Bild war noch total benetzt mit Spinnweben. Es muss also wirklich ganz frisch vom Dachboden gekommen sein. Und ich musste das einfach mitnehmen."

Was er da entdeckt hat, wird dem damals 39-Jährigen erst klar, als er - vollkommen unwissend - mit seinem "Schatz" im ZDF landet. Bei Horst Lichter in der Sendung "Bares für Rares" begutachtet Kunsthistoriker Colmar Schulte-Goltz den Flohmarktfund - ein großformatiges Schwarz-Weiß Foto in mächtigem, schwarzen Rahmen.

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Ein Foto mit Liebe zum Detail

. © Screenshot
Die Signatur auf dem Foto ist ein Hinweis darauf, dass auch dem Fotografen die Außergewöhnlichkeit des Bildes bewusst war.

"Lieber Colmar, dieser Fotograf, der da unterschrieben hat, war der berühmt als Fotograf oder war das gar nicht der Fotograf, der unterschrieben hat?“, fragt Horst Lichter den Experten in der Sendung. Der hat darauf eine klare Antwort: "Es ist ein bekannter Fotograf. Dieser Namenszug 'A. Renard', der steht für Arthur Renard, der in Kiel beheimatet war und der mit dieser Aufnahme wirklich etwas Besonderes festgehalten hat", lautet die Einschätzung von Colmar Schulte-Goltz.

Dass es sich um eine besondere Aufnahme handelt, muss auch der Kieler Fotograf (1848 - 1934) gewusst haben, denn er signierte das Bild unten rechts in der Ecke. Entstanden sei es offenbar während der hellsten Tagesstunden, erklärt der Experte: "Wir sehen den Seegarten und wir sehen eine sonntägliche Gesellschaft, die sich anschickt, sich einzuschiffen, wie man das damals sagte. Also: Die haben eine Fahrt mit dem Dampfer gebucht." Zudem sei anhand der Schattenbildung zu erkennen, dass es sich um eine sehr lichte Stunde handelte, die Belichtungszeit also vermutlich sehr kurz war. Diese ermögliche bis heute, viele Details auf der Fotografie auszumachen, etwa bei den Figuren, den verschiedenen Kleidungsformen, selbst die Anschläge für die Fahrpreise nach Laboe sind zu lesen.  

Verkaufspreis liegt viel höher als erwartet

Sebastian Hartung kann kaum fassen, wie begehrt sein Flohmarktfund ist. © Screenshot
Sebastian Hartung kann kaum fassen, wie begehrt sein Flohmarktfund ist.

300 Euro möchte Flohmarktfan Sebastian Hartung für seinen Fund erzielen. Und erlebt in der ZDF-Sendung eine Überraschung  "Also frisch ist der Abzug nicht. Er ist dennoch sammelwürdig, weil er eine für die Zeit - 1913 - enorme Größe hat. Und er stellt uns einen Ort dar, der so natürlich gar nicht mehr erhalten ist. Und der vor allen Dingen unter lokalen Gesichtspunkten für Sammler von großem Interesse ist", preist Experte Schulte-Goltz das Werk an. Der Einstiegspreis liegt bei 150 Euro, doch dann überbieten sich die Interessenten. Am Ende bekommt Sebastian Hartung 1.050 Euro für sein Flohmarktschätzchen. 

Per Zufall erfährt Christoph Freitag vom Kieler Stadtarchiv von der Sendung. Seine Schwägerin schrieb ihm eine kurze WhatsApp. Als er sich die Show im Internet noch einmal anschaut, ist er "total hin und weg", wie er erzählt. "Ich habe gleich gedacht, dass wir schauen müssen, diese Fotografie ins Stadtarchiv zu bekommen. Wenn so ein Stück mal auf dem Markt ist, dann hat man meistens nur eine Chance", erinnert er sich.

Christoph Freitag, Kieler Stadtarchiv © Screenshot
Der Kieler Fotoarchivar Christoph Freitag nutzt die Gunst der Stunde und bemüht sich um das Bild - mit Erfolg.

Eine Chance, die er nutzt. Er kontaktiert den Käufer, einen österreichischen Kunst- und Antiquitätenhändler, der das Foto schon zum Restaurieren gegeben hatte. Doch die beiden einigen sich. Als die Fotografie überarbeitet ist, nimmt das Auktionshaus Kontakt zu Christoph Freitag auf. Mit Hilfe der Fielmann-Stiftung kann das Stadtarchiv das Bild erwerben. Für Christoph Freitag ein kleines Wunder: "Jetzt können wir es der Öffentlichkeit präsentieren. Jetzt ist es Gott sei Dank wieder bei uns. Es war ganz schön kurios. So eine Sache ins Stadtarchiv zu holen, das erlebt man nicht jeden Tag."

Bis es tatsächlich öffentlich zu sehen seien wird, dauert es noch eine Weile. Die Fotografie wird jetzt erstmal digitalisiert und soll dann im kommenden Jahr in einer Ausstellung im Kieler Stadtarchiv eine zentrale Rolle spielen.

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