Aktive, passive und indirekte Sterbehilfe - was heißt das?
Sterbehilfe ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Juristen unterscheiden zwischen assistiertem Suizid sowie aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe. Doch was bedeutet das und was ist erlaubt und was strafbar?
Seit dem Februar 2020 befindet sich der assistierte Suizid in einer Grauzone. Damals erklärte das Bundesverfassungsgerichts das Verbot, die Selbsttötung "geschäftsmäßig zu fördern" für verfassungswidrig und hob ein entsprechendes Strafgesetz auf. Der Gesetzgeber muss die Sterbehilfe neu regeln. Zwei Initiativen für eine Neuregelung scheiterten 2023 jedoch im Bundestag.
Assistierter Suizid: Nach dem Urteil in einer Grauzone
Beihilfe zum Suizid heißt, dass bei der Selbsttötung geholfen wird. Zum Beispiel, indem ein tödliches Mittel beschafft oder bereitgestellt wird. Ein entscheidendes Kennzeichen in Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe ist, dass der Patient das Medikament selbst einnimmt. Das Gericht forderte in Zusammenhang mit der Aufhebung des Verbots die Politik auf, dass die Sterbehilfe gesetzlich neu geregelt werden muss. Passiert ist aber bislang nichts. Daher finden assistierte Suizide derzeit immer noch in einer rechtlichen Grauzone statt.
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten
Im Gegensatz zum assistierten Suizid verabreicht bei der aktiven Sterbehilfe jemand anderes dem Patienten ein tödlich wirkendes Mittel. Diese Art der Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Nur in den Niederlanden, in Luxemburg, in Spanien und Belgien ist dies legal.
Passive und indirekte Sterbehilfe sind in Deutschland erlaubt
Als passive Sterbehilfe wird der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bezeichnet. Dazu zählt zum Beispiel der Verzicht auf Ernährung, Bluttransfusion oder Beatmung.
Bei der indirekten Sterbehilfe geht es vor allem um Schmerzlinderung. Wenn der Patient in dem Zusammenhang Medikamente bekommt, die zur Folge haben, dass er früher verstirbt, ist das in Deutschland erlaubt und wird indirekte Sterbehilfe genannt.
Staat muss erst einmal kein Medikament zur Verfügung stellen
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen wies im Februar 2022 die Klagen von drei Personen ab, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn verpflichten wollte, ihnen ein tödliches Medikament zur Verfügung zu stellen. Der Staat muss schwerstkranken Menschen dem Urteil zufolge nicht den Zugang zu einem Suizid-Mittel verschaffen. Das Gericht verwies aber darauf, dass die Politik auch hier den gesetzlichen Rahmen neu regeln müsse. Bis dahin könnten schwerkranke Menschen Ärzte aufsuchen, die ihnen bei einem Suizid helfen.
Bundesgericht: Klage auf Herausgabe von Natrium-Pentobarbital abgewiesen
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 7. November 2023 eine Klage auf Herausgabe des Sterbehilfe-Präparats Natrium-Pentobarbital durch den Staat abgewiesen. Das Gericht sieht das Risiko, dass das Mittel in unbefugte Hände geraten könnte, als zu groß an. "Die Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung durch Miss- oder Fehlgebrauch des Mittels sind angesichts seiner tödlichen Wirkung und der einfachen Anwendbarkeit besonders groß und wiegen schwer", heißt es in der Begründung. Die Richter begründeten die Entscheidung außerdem damit, dass es andere zumutbare Optionen gebe, dem eigenen Leben medizinisch begleitet ein Ende zu setzen. Diese seien mit dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben, das das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 festgestellt hatte, vereinbar. Für Kläger Hans-Jürgen Brennecke aus Reppenstedt (Landkreis Lüneburg) ist die Entscheidung "furchtbar enttäuschend und sehr ärgerlich", wie er dem NDR in Niedersachsen unmittelbar nach der Bekanntgabe des Urteils sagte. "Wir werden wieder bevormundet. Das ist nicht nachvollziehbar."
Bundesverfassungsgericht bestimmte 2020 ein Recht auf Selbstbestimmtes Sterben
Gemeinsam mit der "Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben" kämpfte Hans-Jürgen Brennecke jahrelang für ein neues Sterbehilfegesetz. Mit der Diagnose Burkitt-Lymphom, das zu den am schnellsten wachsenden Tumorarten des Menschen gehört, unterzog er sich mehrerer Chemotherapien, die er sehr schlecht vertrug. Er musste künstlich ernährt werden, es kommt zum Atemstillstand. Außerdem leidet er auch nach den Therapien unter dauerhaft geschädigten Nerven in Händen und Füßen. Er beschließt, dass, sollte der Krebs zurückkommen, er es nicht noch einmal durchmachen möchte. In diesem Fall will er freiwillig aus dem Leben scheiden - mit ärztlicher Hilfe. Doch damals war die Beihilfe zum Suizid in Deutschland noch strafbar. Deshalb reichte er Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Im Februar 2020 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass "das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen".