Rocko Schamoni - vom Dorfpunk zum Kulturtreiber auf dem Land
Der Hamburger Entertainer Rocko Schamoni möchte mit alten Freunden einen herabgewirtschafteten Dorfkrug in seiner alten Heimat zum kulturellen Zentrum aufpolieren.
Der Wind pfeift durch einige Räume des alten Dorfkrugs in Gadendorf in der Gemeinde Panker im Kreis Plön. Er pfeift durch morsche Fensterläden, in denen Moos wächst, vorbei an Schimmel und vor Feuchtigkeit aufgeplatzten Decken, von denen die Tapete durchnässt herabhängt. Die alte Dorfgaststätte versprüht den maroden Charme eines sogenannten Lost Place.
Doch neben dem Wind hört man noch diverse andere handwerkliche Geräusche. In einem Raum werden mit einem Spachtel Tapetenreste von der Wand gekratzt, im Nachbarzimmer riecht es nach Farbe, die darauf wartet, auf die Wände aufgetragen zu werden. Gemalt wurde im alten Krug auch früher schon: Knapp 40 Jahren lebte und arbeitete der Künstler Henning Rethmeier jeden Sommer in dem Gebäude. Doch nun bot er dem neugegründeten Verein Panker Kultur das Gebäude an, damit sie es anderweitig nutzen können. Rethmeier wünscht sich einen kulturellen Treffpunkt für das Dorf.
Nachfrage da, Geld nicht
Der Verein muss dafür allerdings das Gebäude restaurieren und benötigt Geld. Geld, das der Schriftsteller, Musiker und Schauspieler Rocko Schamoni mitauftreiben möchte. Er wuchs nicht weit von hier, in Lütjenburg auf und hat daher nicht eine Sekunde gezögert, als das Angebot kam: "Wann übergibt jemand einen Dorfkrug, den er gekauft hat, schon wieder seinem ursprünglichen Zweck? Das gibt es eigentlich gar nicht." Ein echter Glücksfall für den Verein, dessen 1. Vorsitzende, Britta Rönnfeldt, optimistisch und dankbar ist: "Ich glaube, dass sich das gut entwickelt, weil es wahnsinnig viele Ideen im Dorf und auch in der Umgebung gibt. Die Leute haben ein Bedürfnis, sich zu treffen und kulturelle Aktivitäten ins Leben zu rufen."
Fernsehen und Internet killed the Dorfkrug
Natürlich ist das Sterben der Dorfkrüge und Gaststätten auf dem Land kein Exklusivproblem von Gadendorf, überall ist es zu beobachten. Rocko Schamoni sieht vor allem zwei Gründe für das Aussterben: "Fernsehen, Internet, das sind die beiden Begriffe. Das hat vor 40 Jahren schon angefangen. Mit dem Beginn des Privatfernsehens sind die Leute zu Hause stecken geblieben vor ProSieben und RTL und so weiter. Das andere ist das Internet. Die Leute sitzen zu Hause und sind im Netz." Viele Wirte hatten demnach deutlich weniger oder gar keine Gäste mehr und somit verloren die großen Häuser in den Dorfzentren ihren Nutzen und wurden aufgegeben. Schamonis Meinung nach gab es dann ein großes Versäumnis: "Dann kamen halt die reichen Zahnärzte, haben die Dorfkrüge und Bahnhöfe gekauft und sie zu Privathäusern umfunktioniert. Da müssen sich die Leute auch selber an die Nase packen. Die hätte die Gemeinde mal kaufen sollen, um sie für kulturelle Zwecke aufzubewahren."
Ambitionierte Pläne des Entertainers
Da dies nicht geschah, wurden aus vielen der Kultur- und Gemeinschaftstreffs in den vergangenen Jahrzehnten Privathäuser. Zumindest im 700 Einwohnerort Gadendorf könnte dieser Prozess dank der ambitionierten Pläne der Vereinsmitglieder und von Rocko Schamoni aber genau andersrum verlaufen. Seine Vorstellung: Eines Tages sollen Prominente wie Axel Prahl, Jan Plewka oder Thees Uhlmann Lesungen halten und kleine Konzerte geben. Doch vorher muss noch viel Geld akquiriert werden. Der Verein rechnet mit Renovierungskosten von über einer Million Euro. Im April soll es bereits die erste kleinere Ausstellung geben. Dort können dann auch Bilder des Künstlers Henning Rethmeier ersteigert werden und ersten Sponsoren soll ein Eindruck vermittelt werden, in welche Richtung es mit dem Gadendorfer Krug geht.
Vereinsleben funktioniert dank fleißiger Helfer
Bis dahin treffen sich die Vereinsmitglieder jeden Sonnabend um 10 Uhr im Krug, um einige Stunden gemeinsam zu arbeiten. Freiwillige Helfer sind dabei auch willkommen und so erfüllt selbst die Restaurierung des Dorfkrugs den Zweck, den das Gebäude früher schon hatte. Die Bewohner kommen zusammen und beschäftigen sich mit Kultur. Noch ist das aber eher die Beseitigung der verschiedenen Pilzkulturen aus den teilweise verwahrlosten Räumen. Eines Tages könnte es dann aber wieder angenehmere Kultur sein.