Mareice Kaiser: "Humor ist meine Lebensstrategie"
Die Autorin, Journalistin und Podcasterin Mareice Kaiser hat mit "Ich weiß es doch auch nicht" einen Ratgeber geschrieben - oder wie sie selbst sagt, einen Anti-Ratgeber. Sie gibt Antworten auf die großen Fragen des Lebens - ohne Absolutheitsanspruch, aber mit viel Humor.
Mareice Kaiser steht in der Öffentlichkeit, hat fast 50.000 Follower auf Instagram und wird nicht selten von ihnen um Rat gebeten. Ihr werden Fragen gestellt, zu allen möglichen Alltagssituationen oder großen Themen des Lebens. Daraus ist jetzt ein Buch entstanden.
Du hast einen Anti-Ratgeber geschrieben. Was meinst du damit?
Mareice Kaiser: Bei Ratgebern schreibt meistens eine allwissende Stimme ist, die sagt: Mit diesen fünf Schritten wird dein Leben besser - ich weiß, wie es läuft. Bei mir ist es so: Ich weiß nicht, wie es läuft. Und ich will auch nicht so tun als ob. Ich erzähle, wie ich es mache, du kannst es dir angucken und es auch so machen oder auch nicht, aber im besten Fall hast du eine gute Zeit beim Lesen. Ich breche also mit Ratgeberregeln.
Was qualifiziert dich, einen Ratgeber zu schreiben - oder einen Anti-Ratgeber?
Kaiser: 43 Jahre Lebenserfahrung. Ansonsten sollte man ein bisschen schreiben können. Ich würde sagen, das reicht. Ich würde gern Bücher von sehr viel mehr Menschen lesen - Menschen, die viel erlebt haben. Menschen mit der Qualifikation Lebenserfahrung. Ich erzähle von meinem Durchwurschteln und weiß, dass das anderen helfen kann. So wie Hannah Arendt schreibt: Wir sollten die Ratlosigkeit zu unserer gemeinsamen Sache machen. Es kann entlastend sein, zusammen ratlos zu sein.
Du bist dagegen, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern lernen. Wieso?
Kaiser: Ja, das ist wohl eine der kontroverseren Thesen des Buchs. Kontrovers sehen das vor allem privilegierte Menschen, die selbstverständlich mit ihren Kindern Hausaufgaben machen. Andere Menschen würden die These wohl nicht kontrovers finden: Menschen, die überhaupt gar keine Zeit und keine Kraft haben, sich mit ihre Kindern an die Hausaufgaben zu setzen. Die erst abends von der Arbeit nach Hause kommen oder im Schichtdienst arbeiten oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern. Aus meiner Sicht verschärfen Eltern, die mit ihren Kindern lernen, die soziale Ungleichheit. Am Ende wird in der Schule bewertet, wie gut dir deine Eltern helfen können und nicht wie gut du dir selbst etwas beigebracht hast.
Es ist ein sehr witziges Buch. Was bedeutet Humor für dich?
Kaiser: Humor ist meine Lebensstrategie - ohne Humor wäre ich nicht mehr auf dieser Welt. Humor hilft mir in dunklen Zeiten. Er ist einer meiner Resilienzfaktoren. Resilienz bedeutet eine Widerstandsfähigkeit bei Krisen. Ich wollte ein Buch schreiben, in dem sich viele Menschen wiederfinden. Ein Buch, das eine Leichtigkeit hat und weitergibt - obwohl es auch tief und schwer ist. So wie das Leben. Ein Buch, das man liest und dann denkt: 'Ok, let´s go, weiter geht’s.
Wieso ist es trotzdem auch ein politisches Buch geworden?
Kaiser: Politik ist die Grundlage unseres Lebens und steckt hinter all unseren Lebensentwürfen. Wir können nur so leben, wie die politischen Bedingungen es zulassen. Wenn ich an romantische Liebesbeziehungen denke, dann sind sie aktuell nicht komplett gleichgestellt, je nachdem in welches Geschlecht ich mich verliebe. Oder wie wir arbeiten gehen, zu welchen Bedingungen, wie viele Stunden, wie viel Geld wir dafür bekommen. Wie viel freie Zeit wir haben und ob wir Zeit haben, unsere Talente zu entdecken und zu fördern. All das hängt mit Politik zusammen. Ich finde es wichtig - auch und gerade bei Ratgebern - die gesellschaftspolitischen Strukturen zu berücksichtigen. Nicht alle Menschen können alles tun oder verändern. Nicht für alle ist es gleich leicht oder gleich schwer. Ein Ratschlag gilt nicht für alle gleich.
Das Interview führte Katharina Preuth.
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