"Ich weiß es doch auch nicht": Anti-Ratgeber mit viel Humor
Autorin und Journalistin Mareice Kaiser hat mit "Ich weiß es doch auch nicht" ein neues Buch veröffentlicht - mit Tipps zu allen möglichen Lebensfragen, wie etwa: Ist es noch okay, Kuhmilch zu trinken? Oder: Wie freunde ich mich mit meinen Brüsten an?
Bisher hat Mareice Kaiser vor allem politische Bücher geschrieben. Mit "Ich weiß es doch auch nicht" veröffentlicht sie erstmals einen Ratgeber - oder wie sie selbst sagt: ein Anti-Ratgeber-Buch. Doch Achtung: Politisch ist es trotzdem.
Mareice Kaiser steht in der Öffentlichkeit, hat zigtausend Follower in den Sozialen Medien und genießt offenbar deren volles Vertrauen. Daher bekommt sie oft Fragen zu alltäglichen Situationen, wie die nach passender Kleidung zu bestimmten Gelegenheiten - oder wie Trauer zu bewältigen ist.
Gut im Durchwurschteln
Sie ist weder Therapeutin noch Life-Coach, aber ein Mensch mit reichlich Lebenserfahrung: "Ich würde eben nicht sagen, dass ich alles weiß. Im Gegenteil heißt das Buch 'Ich weiß es doch auch nicht'. Gleichzeitig habe ich schon viel erlebt und das reicht schon, um hilfreich zu sein für andere, wenn man erzählt, wie man sich selbst durchgewurschtelt hat", erklärt sie im Interview.
Eine Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit
Es ist an vielen Stellen ein ernstes und gleichzeitig ein sehr witziges Buch. Zu der Frage, wie man von seinem Crush wegkommt, schreibt sie: "Such dir einen neuen Crush." So einfach, so genial. Das gilt auch für die charmanten Illustrationen der Leipziger Comiczeichnerin Slinga, die sich durch das gesamte Werk ziehen. Mareice Kaiser zeigt sehr eindrucksvoll, dass sich Humor und Ernsthaftigkeit nicht ausschließen müssen. "Humor ist meine Lebensstrategie, ohne Humor wäre ich nicht mehr auf dieser Welt. Humor hilft in dunklen Zeiten total. Er ist einer meiner Resilienzfaktoren. Richtig schlimm wird es, wenn man über nichts mehr lachen kann, und das hab ich noch nicht erlebt", erklärt sie.
Die Autorin, Journalistin und Podcasterin beschäftigt sich sonst vor allem mit großen sozialen Themen wie Verteilungsgerechtigkeit, Machtverhältnisse und Geld - Aspekte, die sie hier auch anspricht. Ihre Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Faulsein darf als Kapitalismuskritik verstanden werden. Warum fällt es uns so schwer, nichts zu tun? Warum wird immer etwas von uns erwartet?
Gammeln, rumliegen, rumlümmeln, chillen, all das wird selten im Internet präsentiert. Dabei ist freie Zeit doch eigentlich die Währung unserer Zeit. Allzu frei darf sie dann aber offenbar auch nicht sein, denn sonst würden wir sie doch nicht ständig vollpacken mit Aktivitäten. Von denen wir dann Fotos oder Videos machen können, mit denen wir uns interessant machen.
Ihr Rat zum Abschalten lautet also: Füße hochlegen und Wolken beobachten und dabei ansonsten gar nichts machen.
Antikapitalistischer und feministischer Ratgeber
Kontroverser wird es an der Stelle, in der es um Hausaufgaben geht. Mareice Kaiser, selbst Mutter, ist dagegen, dass Eltern mit ihren Kindern gemeinsam lernen: "Das ist aber nur kontrovers bei privilegierten Menschen, also bei Menschen, die überhaupt Zeit haben, mit ihren Kindern Hausaufgaben zu machen. Denn es gibt viele Eltern, die gar keine Zeit haben, die abends erst von der Arbeit kommen, die Schichtdienste haben, die ihre Kinder also gar nicht betreuen können. Aus meiner Sicht verschärfen Eltern, die mit ihren Kindern Hausaufgaben machen oder die mit ihren Kindern lernen, die soziale Ungleichheit."
Dieser antikapitalistische und feministische Ratgeber ist eine Fortsetzung der Themen, die Mareice Kaiser auch sonst bespricht - sei es auf Social Media, bei Vorträgen und in ihren Artikeln. Hier verpackt sie sie jedoch in leichter Form, die einfacher zu konsumieren ist. Viele Fragen eignen sich auch bestens, um sie jemandem vorzulesen, der sie vielleicht gerade braucht. Zum Beispiel der Freundin, die zu viel arbeitet und verlernt hat, faul zu sein.
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