Lutz Mackensy: Der Schauspieler mit der samtweichen Stimme
Er ist Erzähler der "Fünf Freunde"-Hörspiele und leiht Rowan Atkinson alias "Mr. Bean" seine Stimme. Aber Lutz Mackensy ist auch als Schauspieler bekannt - unter anderen im "Großstadtrevier" und in "Stubbe - Von Fall zu Fall".
Vielen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren groß geworden sind, dürfte seine Stimme bekannt und vertraut sein: In den synchronisierten US-Folgen der "Sesamstraße" hat Lutz Mackensy dem 2022 verstorbenen US-Schauspieler Bob McGrath von 1973 bis 1975 seine Stimme geliehen. Dieser hat sich in väterlich-freundschaftlicher Art und Weise mit den Muppets unterhalten.
Aber die TV-Kindersendung ist nur ein Beispiel aus Mackensys umfangreicher Arbeit. Die dreht sich oft und schon lange ums Hörspiel. Mit dem Sprecher sind die sogenannten Kassettenkinder aufgewachsen. Seit 1978 und zwar seit der ersten Folge ist Lutz Mackensy der Erzähler der "Fünf Freunde". "Und immer noch sind diese Kinder zehn, zwölf Jahre alt und machen Urlaub auf der Felseninsel. "Ich frage mich, welche Pille haben die genommen", sagt er 2009 scherzend in einem Interview mit dem Fernsehsender Tele 5. Auch in den meisten "Hanni und Nanni"-Folgen führt der Mann mit der samtweichen Stimme die Hörer als Erzähler gekonnt durch die Geschichten.
"Ich habe viele, viele Generationen an meinem Busen großgezogen." Lutz Mackensy bei den "Media-Paten" über seine Hörspiel-Aktivitäten
Aktiv für Europa: "Die drei ???", "TKKG" und "Flash Gordon"
Seit 1980 übernimmt Lutz Mackensy immer wieder Rollen bei "Die drei ???", der Kult-Hörspielreihe schlechthin in Deutschland. Ihren Anfang hatte sie 1979. Das Hörspiel über die drei jungen Detektive aus Rocky Beach ist nur eins aus dem Portfolio des Labels Europa. Wie so viele andere Schauspieler arbeitet Mackensy mit Hörspiel-Produzentin Heikedine Körting zusammen in ihrem Studio an der Hamburger Rothenbaumchaussee. Er übernimmt 1981 bei Europa die Hauptrolle in der gleichnamigen Science-Fiction Serie "Flash Gordon". Außerdem hat Mackensy weitere Auftritte in der seit 1981 ebenfalls sehr erfolgreichen Serie "TKKG", in "Burg Schreckenstein" und der Actionserie "Masters of the Universe", die von 1984 bis 1988 produziert wurde.
Grundlagen am Schillertheater gelernt
Seine Stimme ist die eine Seite, die andere ist sein schauspielerisches Talent. Geboren wird Lutz Werner Mackensy am 11. März 1944 im niedersächsischen Hameln. Nach der Schule besucht er die Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in Berlin und lernt dort alle Grundlagen - das A und O. Zahlreiche Engagements führen ihn unter anderem ans Schillertheater in Berlin und auf mehrere Bühnen Hamburgs wie das Schauspielhaus, das Ernst-Deutsch-Theater, das Winterhuder Fährhaus und die Kammerspiele.
Erste Synchronrolle bei "Romeo und Julia"
Wie ist Lutz Mackensy eigentlich Synchronsprecher geworden? Den "Media-Paten" sagt er in einem Interview 2018, dass für die Literaturverfilmung von "Romeo und Julia" von Franco Zeffirelli aus dem Jahr 1968 noch der Romeo gesucht worden sei. Aber damals habe Mackensy noch gar keine Erfahrung gehabt und weit hinten auf der Liste möglicher Sprecher gestanden. Die Verantwortlichen hätten aber niemanden gefunden, der die unbedingt notwendige Theatersprache gut beherrschte. "Und irgendwann kamen sie zu der Nummer 192, Lutz Mackensy, Schillertheater. 'Ach, Gott, ja, dann probieren wir den halt auch noch aus'", erinnert sich der Schauspieler. Und er macht seine Sache gut, sehr gut sogar. Die Verantwortlichen hätten gerufen "Wir haben ihn, wir haben den Romeo!" Und so kommt Mackensy zur ersten Synchronrolle seines Lebens.
Er bezeichnet sich übrigens selbst als Synchronschauspieler, nicht als -sprecher. Das ist ihm wichtig. Die Arbeit gehe über das reine Sprechen weit hinaus. Sie sei ebenfalls eine schauspielerische Leistung, so Mackensy.
Stimme von Al Pacino, Stanley Tucci und Jonathan Pryce
Inzwischen ist Mackensy als "alter Hase" schon lange im Geschäft. Bereits im Jahr 1972 leiht er Al Pacino seine Stimme und zwar als Michael Corleone in "Der Pate". Von 1984 bis 1990 wirkt der Deutsche in der Kultserie "Miami Vice" mit. Er spricht Philipp Michael Thomas in dessen Rolle als US-Ermittler Ricardo Tubbs. Auch Kult: "Zurück in die Zukunft". In den Teilen zwei und drei (1989 und 1990) ist Mackensy die Stimme von Christopher Lloyd, der den genialen Wissenschaftler Dr. Emmett "Doc" Brown spielt. Aber: "Das ist anstrengend, der ist nicht leicht", gibt er bei den "Media-Paten" zu.
Stanley Tucci sei sein Lieblingsschauspieler, so der erfahrene Sprecher. Er sei sehr flexibel und könne alles, schwärmt Mackensy. "Das ist eine Reise, die man da unternimmt, das ist wunderbar." Tucci synchronisiert er seit 1995 - unter anderem in der Rolle des Caesar Flickerman in "Die Tribute von Panem". Auch von Jonathan Pryce sei er ein "großer Fan", erzählt Mackensy. In "James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie" aus dem Jahr 1997 stellt der britische Schauspieler Bond-Gegenspieler Elliot Carver dar - und Lutz Mackensy ist als dessen Stimme mitten drin im Agententhriller.
Von 2001 bis 2007 ist der Deutsche als Stimme von Miguel Ferrer, der Dr. Garret Macy in der Serie "Crossing Jordan - Pathologin mit Profil" spielt, zu hören. Gut zehn Jahre - von 2002 bis 2012 - lässt er den US-Schauspieler David Caruso Deutsch sprechen - als Lieutenant Horacio Caine in "CSI: Miami".
Mit Rowan Atkinson durch Katastrophen und die englische Geschichte
Lutz Mackensy leiht auch Rowan Atkinson seine Stimme - nicht in der Sketchserie, in der der Brite fast nur Laute von sich gibt, sondern in Filmen: Atkinson ist Hauptdarsteller von "Bean - Der ultimative Katastrophenfilm" (1997) und "Mr. Bean macht Ferien" (2007). Auch als Johnny English tritt er in drei chaotischen Agenten-Filmen (2003, 2011 und 2018) auf. "Ich kann mich wegschmeißen vor Lachen. Rowan Atkinsons Humor basiert meiner Meinung nach auf dem großen französischen Komiker Jacques Tati. Scheinbar ganz normale Situationen werden umfunktioniert in Chaosszenen", sagt Mackensy 2009 dem Sender Tele 5.
Schon früher in der britischen Fernsehserie "Blackadder" hat Mackensy Atkinson begleitet. Dieser hatte 1983 und von 1986 bis 1989 die Hauptrolle in der Satire, die verschiedene Epochen der englischen Geschichte zwischen 1485 und 1917 durchläuft. Dort spreche Atkinson "ohne Punkt und Komma", so Mackensy bei den "Media-Paten" 2023. Sehr gerne habe er ihn auch in den Filmen als "Kommissar Maigret" synchronisiert. "Man versus Bee" aus dem Jahr 2022 gehöre hingegen nicht zum Mackensys Lieblingswerken, sagt er.
Mackensy kritisiert "stiefmütterliche Behandlung" der Synchronarbeit
Synchronsprecher erhalten Mackensys Meinung nach nicht immer genug Wertschätzung. Tele 5 sagt er: "Für den Erfolg eines Filmes ist die Stimme nicht so unwichtig, wie viele glauben." Es sei eine Schande, dass es für Synchronsprecher keine eigene Kategorie auf Filmfestivals gebe. "Die Deutschen sind die Besten, wir geben uns die allergrößte Mühe und haben auch die größten Profis", ist er sich sicher. Es sei ein Skandal, "dass unsere Arbeit von den Medien und den Festivals so stiefmütterlich behandelt wird".
Als TV-Schauspieler oft für Krimi-Rollen besetzt
Als TV-Schauspieler wird Mackensy in der ZDF-Krimiserie "Stubbe - Von Fall zu Fall" einem noch breiteren Publikum bekannt. An der Seite von Wolfgang Stumph sowie dessen Tochter Stephanie spielt er von 1995 bis 2014 Hauptkommissar Bernd Zimmermann - 50 Folgen lang. Während Stumph als Wilfried Stubbe auf ruhige und humorvolle Weise an die Fälle herangeht, obliegt es Mackensy den Partner als faktenorientierten, aber auch als zuverlässigen Kollegen darzustellen.
Mit Polizeiarbeit kennt er sich aus. Schließlich ist Mackensy auch im "Großstadtrevier" im polizeilichen Umfeld tätig. Mit Kriminalrat Iversen hat es das Team der Wache um Dirk Matthies (Jan Fedder) oft nicht leicht. Von 1986 bis 2005 ist Mackensy in 27 Folgen im Einsatz. Der gebürtige Hamelner tritt unter anderem auch in "Die Männer vom K3" (1989) und im "Polizeiruf 110" (1994 und 1997) auf. Ganze sieben Mal spielt er im ARD-"Tatort" mit - zwischen 1976 und 2004.
Vom Autohändler bis zum Agenten
Thematisch geht es bei seinen Serien aber auch mal anders zu: Von 1976 bis 1979 ist Lutz Mackensy in sieben Folgen der 16-teiligen ARD-Serie "PS" dabei. Darin geht es um ein Autohaus und viel Ärger rund um dessen Fahrzeuge. Von 1982 bis 1984 ist Mackensy Chefagent Dandore in "Der Androjäger". In 26 Folgen versucht er, Androiden, die mit ihrem Raumschiff abgestürzt sind, zurück auf den fiktiven Planeten Drava zu holen.
Auch im medizinischen Umfeld zu Hause
In der dörflichen Idylle des ebenfalls fiktiven Örtchens Deekelsen an der Schlei in Schleswig-Holstein tritt Lutz Mackensy in "Der Landarzt" auf. Von 1987 bis 1993 spielt er in 22 Folgen Hagen Dröge, einen jungen Zeitungsreporter, der immer wieder als Erscheinung tritt, wenn es um die Verbreitung wichtiger Nachrichten geht. Viele Infos bekommt er natürlich vom "Landarzt" selbst.
Das medizinische Umfeld scheint Mackensy zu liegen: So spielt er zum Beispiel für die beliebte ARD-Krankenhausserie "In aller Freundschaft" in einer Folge von 2009 einen Patienten, der wegen eines Blasen-Karzinoms operiert wird: "Ich will keine Chemo oder Bestrahlung. Am Ende sitze ich vielleicht im Rollstuhl." Das tut er in der sehr emotionalen Rolle, in der es ums Sterben geht, nicht. Mackensy spielt sie einfühlsam und bewegend.
Stimme im Ohr, Bilder im Kopf
Mackensy, der keine leiblichen Kinder hat und seit Jahren in einer festen Beziehung sowie in Berlin lebt, äußert sich zum Thema Tod 2009 gegenüber Tele 5 so: "Wenn wir mal tot sind, das dauert nicht so lange, da sind wir vergessen, damit muss man leben." Allerdings hat er selbst viel dazu beigetragen, dass er nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Denn ganz egal, in welcher Rolle Lutz Mackensy auch aufgetreten ist: Seine Stimme macht ihn unverwechselbar. Viele Fernsehzuschauer und Theatergäste dürften durch sie viele verschiedene Bilder im Kopf haben, die weit über die "Sesamstraßen"- und Kassettenkinder-Zeit hinausgehen, aber doch vielfach genau dort ihren Ursprung haben.