"Krieg der Seesterne" und "Der weiße Heilbutt": Krischan Kochs Amrum-Krimis
Krischan Koch hat viele Jahre lang Filmkritiken geschrieben. In seinen Nordsee-Krimis lässt er deshalb auch Bekanntes aus der Kinowelt einfließen, etwa von Stephen King oder Alfred Hitchcock.
Im Interview spricht der Autor über den ausgedachten Ort Fredenbüll, in dem seine Krimis spielen - und über die dort lebenden Charaktere, die oft an Figuren aus Filmklassikern erinnern.
Herr Koch, Sie sind wohnhaft in Hamburg und auf Amrum. Geben Sie uns mal ein Bild von der Insel - mit welchem Blick schreiben Sie da?
Krischan Koch: Das ist schon ein Privileg. Es ist zwar eine ganz kleine Wohnung, die wir da haben, und ich habe auch einen sehr kleinen Schreibtisch, auf den gerade ein Notebook drauf passt, aber ich habe den Blick rüber nach Föhr. Ich habe die See direkt vor der Nase. Das ist sehr schön. Ich habe über 40 Jahre unter anderem für den NDR gearbeitet, Filmkritiken geschrieben, und in der letzten Zeit sind wir immer mal nach Amrum gewechselt. Jetzt sind wir, weil ich zurzeit nur meine Krimis schreibe, immer länger auf Amrum und verbringen den halben Sommer dort.
Ich lese von Ufos; es gibt aufregende Fische, die vermeintlich Morde durchführen; es gibt Piet Paulsen als Charakter - nehmen Sie uns ein bisschen mit in Ihre Krimiwelt.
Koch: Es ist ein kleiner Ort, Fredenbüll, der ganz oben im Nordwesten Deutschlands zu finden ist - oder eben nicht. Viele Leserinnen und Leser machen sich immer wieder auf die Suche und kommen verzweifelt wieder zurück, weil sie Fredenbüll nicht finden. Es ist ein Sehnsuchtsort. Die Nordsee ist da vor der Tür und die Leserinnen und Leser finden sich wieder in einem engen Stehimbiss mit zwei Stehtischen - zusammen mit meinem Dorfpolizisten Thies Detlefsen, mit einem ziemlich skurrilen ehemaligen Landmaschinenvertreter, Piet Paulsen, einem abgehalfterten Althippie, Bounty, und einem schokoladensüchtigen Imbiss-Hund. Das ist dieser kleine Kosmos von Fredenbüll. Und dann passieren seltsame Dinge. Ich war lange Filmkritiker und es verirren sich immer wieder Gestalten nach Fredenbüll, die man meint, im Kino schon mal gesehen zu haben. Viele dieser Bände sind einem Filmgenre gewidmet. Das ist die Spannung zwischen diesem manchmal auch piefigen Örtchen und der großen Kinowelt, die da rein bricht. Das ist eine spezielle Leidenschaft von mir, dass ich das Kino in diese Welt bringe und das aufeinanderprallen lasse.
Sind das Filme, die in Ihren Augen besonders gut sind? Oder können sie auch von schlechten Produktionen inspiriert werden, weil das auch manchmal lustig ist, was Sie schreiben?
Koch: Das gibt es auch mal. Es gibt einen Band, "Friedhof der Krustentiere", das ist eine Hommage an den von mir verehrten Stephen King und an Filme wie "The Shining". Da kommt aber auch manches andere rein, wie etwa "Halloween", was ich nicht ganz so toll finde. Aber es sind häufig Filme, die ich mag: Die Coen-Brüder haben eine Rolle gespielt, und es gibt einen Band voller Hitchcock-Anspielungen. In der Regel mag ich das schon, was ich da zitiere.
Und dann gibt es noch eine Inspiration für die Amrum-Krimis: Ihre Frau ist Strafverteidigerin. Wir gehen natürlich davon aus, dass sie die Schweigepflicht wahrt, aber fließt das auch mit ein?
Koch: Ja, sie liefert sehr viele Ideen. Wir gehen auf dem Amrumer Kniepsand spazieren und entwickeln vieles zusammen. Sie ist eigentlich auch meine erste Lektorin, und wenn da juristisch irgendetwas nicht stimmt, dann schreitet sie sofort ein. Ansonsten habe ich da ziemlich freie Hand, meiner Fantasie Lauf zu lassen.
Ich lese da von einem bärbeißigen Fährmann, es gibt diesen kleinen Imbiss - aber was ist mit den Menschen, bei denen Sie täglich auf Amrum einkaufen? Es wollen bestimmt nicht alle in Ihren Krimis vorkommen, oder?
Koch: Es teilt sich. Es gibt ausgesprochene Fans, die mir zur Seite stehen. Der Amrumer Buchhändler ist gleichzeitig Fotograf. Der hat für ein Kochbuch, was wir gemacht haben, auch die Fotos gemacht. Aber es gibt auch ein paar, die das eher kritisch sehen. Da gibt es eine gewisse Zurückhaltung.
Aber den unfreundlichen Fährmann gab es wirklich, oder?
Koch: Den Fährmann gab es wirklich. Das sind diese ausgedachten Geschichten, die so verrückt sind, die dann in der Wirklichkeit passieren. Dieser Fährmann hat alle Leute zusammengeschissen und war wenig freundlich. Den lasse ich in einem der Krimis morden, und danach - und das ist das Seltsame an der Geschichte - habe ich den Mann nie wieder gesehen. Das ist mir in einem anderen Fall auch schon passiert. Es ist wirklich verrückt.
Wie viele Morde passieren denn tatsächlich auf Amrum?
Koch: Da ist über Jahrzehnte nichts passiert - und in einem Sommer vor ein paar Jahren sind tatsächlich ein Mord und mehrere Todesfälle geschehen.
Aber nicht inspiriert durch Ihre Plots, oder?
Koch: Wer weiß ...
Das Interview führte Mischa Kreiskott.