Jubelsturm für "Tannhäuser" und Tenor Vogt
Mit einem regelrechten Jubelsturm ist die Wiederaufnahme der Richard-Wagner-Oper "Tannhäuser" am Freitagabend bei den Bayreuther Festspielen gefeiert worden. Standing Ovations gab es für Dirigentin Nathalie Stutzmann und den Tenor Klaus Florian Vogt.
Der gebürtige Heider hat die Titelrolle kurzfristig von dem erkrankten Stephen Gould übernommen. Vogt kam zwar nicht an dessen Stimmgewalt und Emotionalität heran, wurde aber dennoch frenetisch gefeiert - ebenso wie Elisabeth Teige als Elisabeth, Ekaterina Gubanova als Venus und Markus Eiche für seinen ganz starken Auftritt als Wolfram von Eschenbach. Rund 20 Minuten lang gab es begeisterten Applaus, Bravo-Rufe und Getrampel.
Das Konzert ist noch für 30 Tage in der ARD-Audiothek abrufbar.
Stutzmann präzise und gefühlvoll
Stutzmann ist erst die zweite Frau am Dirigentenpult in der fast 150-jährigen Geschichte der Festspiele - nach Oksana Lyniv, die 2021 den "Fliegenden Holländer" auf dem Grünen Hügel dirigierte. Die 58 Jahre alte Französin, die vor ihrem Wechsel ins Dirigentenfach als Opernsängerin berühmt wurde und Musikdirektorin des Atlanta Symphony Orchestra in den USA ist, hatte die spezielle Akustik im Festspielhaus direkt bei ihrem Debüt gut im Griff. Umsichtig, streckenweise vorsichtig, aber meist präzise und sehr gefühlvoll führte sie Sänger und Orchester durch den Abend.
Seitenhieb auf teils virtuellen "Parsifal"
Die wenigen Buhs, die das Regie-Team um Tobias Kratzer abbekamen, wurden von Jubel und Bravo-Rufen übertönt. Kratzer hatte erneut an der Inszenierung, die von der Zeitung "Opernwelt" nach ihrer Premiere 2019 völlig zu recht als "Aufführung des Jahres" ausgezeichnet wurde, gearbeitet und Aktuelles eingebaut.
So beginnt sie mit einem Seitenhieb auf die diesjährige Bayreuther Debatte um den neuen, teils virtuellen "Parsifal" und die Tatsache, dass nur 330 Augmented-Reality-Brillen für rund 2.000 Zuschauer angeschafft wurden.
Während der Ouvertüre, bei der Tannhäuser, Venus und ihre beiden Begleiter (Drag-Queen Le Gateau Chocolat und Manni Laudenbach als Oskar Matzerath) im Wohnwagen ohne Rücksicht auf Verluste durch die Landschaft brettern, tun drei von ihnen das in einem Video-Einspieler nur auf Stühlen sitzend mit großen Brillen. Der Vierte im Bunde, Oskar, steht währenddessen bedröppelt neben einer Bank und hält eine Karte hoch mit der Aufschrift "Suche Brille".
"Tannhäuser" wird auch 2024 gespielt
Festspielchefin Katharina Wagner kündigte an, dass der "Tannhäuser" - anders als zunächst geplant - wegen des Ausfalls während der Corona-Pandemie auch 2024 nochmal auf dem Spielplan stehen soll. Spätestens seit dieser fumlinanten Wiederaufnahme ist klar, dass es ein großer Gewinn für die Festspiele im kommenden Jahr sein dürfte.
Auch bei anderen Rollen gab es Änderungen: Aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalls übernimmt Günther Groissböck die Rolle des Landgraf Hermann in "Tannhäuser" anstelle von Dmitry Belosselskiy. Mika Kares tritt für Belosselskiy als Hagen in der "Götterdämmerung" ein. Zudem hat die russische Sängerin Ekaterina Semenchuk ihre Teilnahme als Kundry im "Parsifal" aus "privaten Gründen" abgesagt, weshalb Elīna Garanča am 25. Juli und an zwei weiteren Terminen für sie einspringt. Die übrigen Termine übernimmt Ekaterina Gubanova.
Bayreuther Festspiele: Regisseure müssen improvisieren
Für die Regisseure wird daher viel Improvisation erforderlich sein. Die musikalische Qualität der einspringenden Künstlerinnen und Künstler steht außer Frage. So sang Schager 2016 erstmals den Parsifal in Bayreuth und ist auch mit der Rolle des Siegfried bestens vertraut.
Die Neuinszenierung von "Parsifal" zum Auftakt der Richard-Wagner-Festspiele wird mit Spannung erwartet: Es handelt sich um die erste Produktion in der Geschichte der Festspiele, die Augmented Reality verwendet. Dabei werden virtuelle Elemente in ein echtes Bühnenbild integriert, die nur mit einer entsprechenden Brille sichtbar sind. Allerdings werden nur wenige Zuschauer das volle Erlebnis des neuen "Parsifal" genießen können. Aus finanziellen Gründen wurden lediglich 330 Augmented-Reality-Brillen angeschafft, obwohl das Festspielhaus fast 2.000 Plätze bietet. Regie führt Jay Scheib, die musikalische Leitung hat Pablo Heras-Casado.