Helmuth-Hübener-Wandbild: Ein Erinnerungsort in Gefahr?
Der Hamburger Helmuth Hübener ist der jüngste Widerstandskämpfer, der je von den Nazis zum Tode verurteilt wurde. Seine Geschichte ist vergleichsweise unbekannt. Einer der wenigen Erinnerungsorte: ein Wandbild im Helmuth-Hübener-Gang. Doch das ist nun in Gefahr.
Es ist wie Geschichtsunterricht unter freiem Himmel. An der Wand eines Schulgebäudes kann jeder Spaziergänger im Helmuth-Hübener-Gang im Hamburger Stadtteil St. Georg die Geschichte des mutigen Hamburger Jungen nachvollziehen. Mit seinen Freunden Rudolf Wobbe, Gerhard Düwer und Karl-Heinz Schnibbe verteilte Hübener Flugblätter in Hamburger Arbeiterwohnvierteln. Als die Gruppe 1942 auffliegt, versucht Hübener die Verantwortung auf sich zu nehmen. Seine Freunde kommen mit Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren davon. Hübener wird im Alter von 17 Jahren von den Nazis enthauptet.
"Das größte Foto ist Helmuth Hübener mit zwei seiner Freunde, die in der Nazizeit im Widerstand aktiv gewesen sind", sagt Wandmalerin Hildegund Schuster. Das Wandgemälde hat sie vor rund zwölf Jahren auf die Rückwand eines Gebäudes der Heinrich-Wolgast-Schule gemalt. Neben den Porträts hat Schuster auf der Rückwand der Schule auch den Volksempfänger, mit dem Helmuth Hübener heimlich BBC-Radio gehört hat, die Schreibmaschine, mit der er seine Flugblätter getippt hat, und sein Todesurteil abgebildet. Sie habe das Urteil abgeschrieben, "damit man nachlesen kann, wer für das Urteil verantwortlich war."
Wandbild sollte Neubau zum Opfer fallen
Eine private Stiftung hatte 2010 das Wandbild organisiert und finanziert, sie wollte dem Helmuth-Hübener-Gang ein Gesicht geben - und einen Erinnerungsort für die Öffentlichkeit schaffen. Doch jetzt soll die Schule einen Neubau bekommen, ein Sichern des Wandbildes war offiziell zunächst nicht vorgesehen.
Anne Moderegger versucht Kontakt aufzunehmen, wird an eine Projektsteuerungsgruppe verwiesen. Dort wird sie in mehreren E-Mails erst vertröstet. "Zum Schluss stand drin, man böte uns an, möglichst schadensfrei die Platten zu demontieren und uns zur Abholung bereitzustellen", sagt Moderegger.
Künstlerin, Stifterin und Nachbarschaft machen Druck bei der Stadt
Das Wandbild sollte also einfach weg. Anne Moderegger und auch die Künstlerin Hildegund Schuster sind schockiert. Wo sollten sie privat die bemalten Platten lagern? Wo jemals wieder so zentral eine freie Fläche finden?
Sie schicken eine Stellungnahme an die zuständige Schulbau Hamburg, die zur Finanzbehörde gehört. Auch die Anwohner machen über den Stadtteilbeirat Druck. "Wir wissen das natürlich sehr zu schätzen", sagt Finanzsenator Andreas Dressel. "Das ist kulturelles und geschichtliches Erbe - und auch in Verantwortung für alles, was in der Nazizeit passiert ist, ein wichtiges Zeugnis."
Bleibt Helmuth-Hübener-Wandbild am alten Standort?
Finanzsenator Andreas Dressel verspricht, dass die Schulbau Hamburg die professionelle Abnahme und Einlagerung sicherstellen wird. Noch wichtiger wäre der Künstlerin und der Stifterin aber, das Wandbild am gleichen Ort im Helmuth-Hübener-Gang wieder anzubringen. Die Künstlerin könnte das Bild am Neubau dann anpassen. Auch dafür zeigt sich Dressel offen: "Wenn es noch Ideen gibt, es passender zu gestalten, wird man darüber auch reden können."
Hildegund Schuster freut sich, dass sich endlich etwas tut. "Das hört sich gut an. Dann gibt es eine Möglichkeit, auch in andere Richtungen mitzudenken. Und nicht nur das Wandbild wegzupacken - und es zu vergessen."