Grammy-Glamour am Kröpcke: Hannovers erster Musik-Kiosk
Neben Mannheim ist Hannover die einzige "UNESCO City of Music" in Deutschland und das schon seit fast zehn Jahren. Allerdings weiß das kaum jemand. In einem Musik-Kiosk am Kröpcke präsentiert sich deshalb nun die musikalische Vielfalt der Stadt.
Wolf-Dieter Karwatky wirft noch einen kurzen Blick auf die goldglänzenden Grammophone, bevor sie in die Vitrine kommen. Was kaum einer weiß: Ganze sieben Grammys hat der Toningenieur aus Hannover bereits gewonnen, die höchste Auszeichnung in der Musikindustrie. Die Trophäen kamen alle mit der Post.
Ein Grammy-Gewinner, der gern im Hintergrund bleibt
Die Verleihungen in Los Angeles hat er sich entspannt von zu Hause aus angeschaut. "Ich wusste ja nicht, ob ich auch tatsächlich einen Grammy gewinne", erzählt er. Das werde ja erst dort bekannt gegeben. Außerdem sei es auch nicht so, dass man die Auszeichnung auf der Bühne hochhalte und einem Hunderte Menschen zujubelten. "Das ist vielleicht bei Taylor Swift so."
Karwatky hat mit den ganz Großen der internationalen Klassik zusammengearbeitet: Karajan, Bernstein, Horowitz, Pollini. Doch Karwatky glänzt mit seiner Arbeit lieber im Hintergrund, die große Bühne mochte er noch nie.
Ein Hannoveraner revolutionierte die Musikwelt
Gerade deswegen wirkt der neue Ort für seine Grammys auch so passend: Sie sind jetzt ausgestellt in einem Kiosk in Hannover, einem "Musik-Kiosk", mitten in der Innenstadt am Kröpcke. Die Räume eines ehemaligen Kiosks wurden dafür umgebaut. Statt Getränken, bunten Tüten und der Not-Milch am Sonntag dreht sich hier jetzt alles um die Musik.
"Ja, hier spielt ein altes Grammophon gerade aus dem Jahre 1925", sagt Edgar Prussat vom HiFi-Museum mit einem gewissen Stolz. Der Ort ist nicht willkürlich gewählt, denn es war ein Hannoveraner, der einst Musikgeschichte schrieb und das Grammophon erfand. Emil Berliner, 1851 in ärmlichen Verhältnissen in Hannover geboren, wanderte zwar 1870 in die USA aus. "Aber der Ursprung des Grammophons kommt aus Hannover", sagt Prussat.
Noten von Levit, eine Gitarre von den Scorpions
Und wer nicht hören will, muss wühlen. Im Plattenregal werden LPs von Bands aus Hannover verkauft. Punk, Klassik, Metal, Jazz, Groove, Pop - und natürlich die Scorpions. Sänger Klaus Meine hat extra seine Geburtstags-Gitarre mitgebracht. "Das ist eine Gitarre, die er zum 60. Geburtstag bekommen hat, die hat sein Band-Kollege Matthias Jabs kreiert. Die hat er auf der ganzen Welt bespielt", berichtet Inga Samii.
Die Fachbereichsleiterin Kultur der Stadt Hannover zeigt auch eine alte Brille von Heinz-Rudolf Kunze. Hannovers Klassik-Star Igor Levit hat sich vorübergehend von seinen Notenblättern getrennt. Viel zum Anschauen gibt es also im Musik-Kiosk am Kröpcke.
Konzerte, Plakate, LPs und Podcasts
So richtig Leben in die Bude kommt aber erst mit den geplanten Veranstaltungen. Die hannoverschen Kioske sind ja traditionell Treffpunkte für die Menschen - das gilt für den Musik-Kiosk genauso. "Er ist so eine Art Wohnzimmer der Musikszene", sagt Samii. Bands könnten sich hier präsentieren in Konzerten, auf Plakaten, mit Podcasts, im Sommer auch draußen. "Hier sieht man, was Hannover musikalisch zu bieten hat."
Ein Jahr lang soll der Musik-Kiosk die Hannoveraner begeistern. So lange muss auch Grammy-Gewinner Karwatky auf seine Trophäen verzichten. Doch das nimmt er gelassen: "Ich weiß ja, wo sie sind", lacht er.