Kolumne: "'Letzte Generation' wandelt auf Ghandis Spuren"
Am Wochenende haben Klimaaktivisten der "Letzten Generation" die Elbbrücken in Hamburg blockiert - sehr zum Unmut vieler Autofahrerinnen und Autofahrer. Einige von ihnen gingen auf die Aktivistinnen und Aktivisten los.
"Ich finde es doof, dass ich da hinten stehen muss. Aber ich finde es gut, dass die hier sitzen." Sagt ein älterer Herr in die Kameras. Am letzten Wochenende, auf den Elbbrücken in Hamburg. Aktivisten der "Letzten Generation" haben sich auf der Fahrbahn festgeklebt. Die Folge: nichts geht mehr. Unter den Ausgebremsten gibt es aber nicht nur wohlwollendes oder zähneknirschendes Verständnis. Es gibt auch sehr hässliche Szenen. Einige Fahrer zerren die Blockierer an ihren Warnwesten von der Straße. Es gibt rüde Beschimpfungen und einen Tritt in den Bauch. Auf Handy- und Fernsehbildern ist zu sehen, wie die Aktivisten all das passiv über sich ergehen lassen. Ohne jede Gegenwehr.
"Letzte Generation" bleibt strikt gewaltfrei
Mich beeindruckt das. Trotz des bedrohlichen Wutpotentials und handfester Prügel bleiben die Frauen und Männer der "Letzten Generation" strikt gewaltfrei. Sich mit einem der verletzlichsten Körperteile, seinen Händen, festzukleben und sich damit der Wut und den Angriffen nicht mehr entziehen zu können, und dann auch mit den Händen andere Körperteile nicht mehr schützen zu können, ist verdammt mutig.
Mahatma Gandhi war Erfinder des gewaltlosen Widerstandes
Aktiver, aber strikt gewaltfreier ziviler Ungehorsam, so nannte das der Erfinder des gewaltlosen Widerstands, Mahatma Ghandi. Riskant war das schon immer, und ist es auch heute. Nicht nur in Bezug auf die körperliche Unversehrtheit. Es gibt auch Gerichtsurteile gegen die Aktivisten wegen Nötigung. Die Straßenblockaden seien "eine Straftat, weil man anderen seinen Willen aufzwingt" heißt es in der Urteilsbegründung.
"Letzte Generation" steht in der Tradition der Bergpredigt
Ob man das nun gut findet oder verwerflich, was die "Letzten Generation" da macht, so muss man doch anerkennen, dass die Aktivisten in ihren Aktionsformen strikt gewaltlos bleiben. Ich finde, sie stehen damit in der Tradition der Bergpredigt Jesu, und der Aufforderung, dem, "der dich auf die Wange schlägt, auch die andere darzubieten." Sie haben erkannt, dass die Antwort auf die gewaltigen politischen und ethischen Herausforderungen der Klimakrise nur gewaltlos gefunden werden kann. Eine sanfte Kraft, die wirkt, und in manchen Städten auch schon ein Umdenken eingeleitet hat.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.