Die Schilddrüse in einer Illustration. © picture alliance / Zoonar | ersin arslan

Jodmangel: Symptome und jodhaltige Lebensmittel

Stand: 22.10.2024 12:15 Uhr | vom Bayerischer Rundfunk-Logo

Jodmangel fördert Schilddrüsenerkrankungen - die Symptome werden gerade bei Frauen oft übersehen. Dabei ist eine jodhaltige Ernährung auch bei vegetarischer und veganer Ernährungsweise möglich.

Das Spurenelement Jod wird vor allem von der Schilddrüse benötigt, um Hormone herzustellen. Der Körper kann es nicht selbst produzieren - Jod muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Bis in die 80er-Jahre herrschte in Deutschland ein teilweise erheblicher Jodmangel und bis heute haben Menschen mit den gesundheitlichen Folgen zu kämpfen. Jetzt wird vor einem erneuten Abwärtstrend in der Jodversorgung gewarnt.

Schilddrüse benötigt Jod zur Produktion von Hormonen

Jod ist ein Spurenelement, das über die Nahrung aufgenommen werden muss. Die Schilddrüse braucht Jod, um die Schilddrüsen-Hormone T3 und T4 zu produzieren. Diese Hormone sind sehr wichtig, denn sie steuern zahlreiche Körpervorgänge: Sie wirken auf Herz und Kreislauf, regeln den Blutdruck und steuern Gewebewachstum und Zellteilung und beeinflussen auch die Stimmung. Über den Grundumsatz beeinflussen sie sogar das Körpergewicht.

Die Schilddrüse nimmt Jod aktiv aus dem Blut auf. Wenn - bei hohem Bedarf - wenig Jod vorhanden ist, kann sich die Schilddrüse langfristig vergrößern. Im Extremfall führt das zu der Bildung eines Kropfs (Struma). Überschüssiges Jod wird bei Menschen mit normaler Schilddrüsenfunktion über die Niere ausgeschieden.

Was sind die Symptome von Jodmangel?

Eine vergrößerte Schilddrüse ist meistens die Folge von lange bestehendem Jodmangel. Es gibt verschiedene Stadien der Vergrößerung, zu Beginn ist die Vergrößerung für Laien noch nicht sicht- oder tastbar. Im Extremfall bildet sich ein Kropf.

An sich ist die Vergrößerung der Schilddrüse nicht gefährlich. Allerdings ist eine vergrößerte, überstimulierte Schilddrüse anfälliger für Schilddrüsenknoten und andere Schilddrüsenerkrankungen (Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion). In Ländern, in denen die Bevölkerung nicht optimal mit Jod versorgt ist, treten diese Erkrankungen häufiger auf. Sie entwickeln sich meist über Jahre und Jahrzehnte: So sind heutige Schilddrüsenprobleme in vielen Fällen das Ergebnis des erheblichen Jodmangels in Deutschland vor der Einführung der Jodmangel-Prophylaxe in den 80er-Jahren.

Schilddrüsenerkrankungen: Überfunktion oder Unterfunktion möglich

"Heiße Knoten" sind an der Hormonproduktion beteiligt und sind immer gutartig. Sie können zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen, mit Symptomen wie Schwitzen, Pulsrasen, Unruhe, Schlafstörungen, Durchfall, Gewichtsabnahme, Ängsten und Konzentrationsstörungen - bis hin zu Herzrhythmusstörungen wie beispielsweise Vorhofflimmern. "Kalte Knoten" produzieren keine Schilddrüsenhormone mehr und können bösartig sein, was jedoch sehr selten ist.

Einen Zusammenhang mit dem Auftreten von Schilddrüsenerkrankungen sieht die Forschung aber nicht nur für die Versorgung mit Jod, sondern auch mit weiteren Spurenelementen wie etwa Mineralstoffen wie Selen und Eisen.

Jodmangel: Symptome bei Frauen

Frauen sind von allen Schilddrüsenerkrankungen häufiger betroffen als Männer. Die Gründe sind bislang noch zu wenig erforscht. Ein Grund dafür könnte sein, dass jede hormonelle Veränderung auch die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht bringen kann. Etwa Geburten, die hormonelle Verhütung oder die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren.

Dazu kommt das stärkere Immunsystem bei Frauen, das führt zu einer besseren Abwehr von Infektionen, aber auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen. Dazu zählen Schilddrüsen-Erkrankungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow.

Von einer besseren Jodversorgung könnten deshalb vor allem Frauen profitieren. Eine gute Versorgung mit Selen könnte zudem helfen, beginnende Entzündungsreaktionen in der Schilddrüse einzudämmen.

Warum gibt es in Deutschland wieder Jodmangel?

In Deutschland sind die Ackerböden aufgrund geologischer Bedingungen sehr jodarm. Deshalb fehlt natürliches Jod in der Nahrung. Durch jodiertes Speisesalz und den Einsatz von jodiertem Viehfutter konnte die Versorgung verbessert werden.

Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) belegen, dass die Jodzufuhr der Bevölkerung in Deutschland wieder rückläufig ist: Bei knapp 32 Prozent der Erwachsenen und etwa 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen besteht das Risiko eines Jodmangels. Das bedeutet, sie sind wahrscheinlich nicht optimal mit Jod versorgt.

Bedenklich könnte das vor allem für die neurologische Entwicklung von Kindern sein. Es gibt Hinweise, wonach auch ein milder Jodmangel die neurologische Entwicklung von Kindern im Mutterleib beeinträchtigt. Epidemiologische Studien auf diesem Gebiet sind nicht ganz einfach - die Forschung ist sich nicht einig, wie weit die menschliche Schilddrüse einen milden Jodmangel kompensieren kann. Zudem spielen weitere Faktoren, wie zum Beispiel Umweltgifte, eine wichtige Rolle.

Studien deuten darauf hin, dass eine optimale Jodversorgung bereits vor der Empfängnis und in den ersten drei Monaten wichtig für die Intelligenz-Entwicklung des Kindes sein könnte.

Ein Grund für die Verschlechterung der Jodversorgung könnten veränderte Ernährungsgewohnheiten sein - wie der Trend zum Verzicht auf tierische Lebensmittel und der gestiegene Marktanteil von Bioprodukten. Diese enthalten in der Regel weniger Jod als konventionell hergestellte. In Fertigprodukten aus dem Supermarkt - aber auch in handwerklich hergestellten Lebensmitteln wie Brot - wird selten Jodsalz verwendet.

Der Grund sind unterschiedliche Vorschriften zur Jodierung von Nahrungsmitteln innerhalb der EU. Möglicherweise auch Missverständnisse über den Einfluss von Jodsalz auf Herstellungsprozesse.

Ernährung: Welche Lebensmittel enthalten Jod?

In pflanzlichen Lebensmitteln ist in Deutschland wenig Jod enthalten. In grünem Gemüse wie Wirsing, Kohl oder Brokkoli steckt immerhin etwas mehr als in anderen Sorten. Milch, Eier und Käse enthalten mehr Jod - vor allem, weil dem Tierfutter Jod zugesetzt wird. Eine sehr gute natürliche Jodquelle für die regelmäßige Basisversorgung sind Meeresfisch und Meeresfrüchte oder Algen.

Überdosierung: Gefährlich für die "gestresste" Schilddrüse

Grundsätzlich halten Expertinnen und Experten die Gefahr eines Jodmangels für gesundheitlich bedenklicher als das Risiko einer Überdosierung. Da eine gesunde Schilddrüse überschüssiges Jod über die Niere ausscheidet, müssen vor allem Menschen mit vorgeschädigter Schilddrüse vorsichtig sein.

Bei normalen Verzehrmengen (ein- bis zweimal pro Woche Fisch, Meeresfrüchte oder Algen) sind Überdosierungen qua Ernährung kaum zu befürchten. Problematisch können Medikamente (etwa Röntgenkontrastmittel) oder Nahrungsergänzungsmittel auf Algenbasis werden.

Der Jodgehalt von Algen schwankt oft stark. Schon wenige Gramm Braunalgen können die maximal empfohlene Jodaufnahme von 500 Mikrogramm pro Tag um ein Vielfaches überschreiten. Das kann insbesondere für Menschen, die an einer Schilddrüsenüberfunktion oder einer bösartigen Schilddrüsenerkrankung leiden zu einer Verschlechterung der Symptome führen.

Wie viel Jod am Tag braucht der Mensch?

Im Durchschnitt sollten Erwachsene circa 200 Mikrogramm Jod pro Tag aufnehmen. Das ist beispielsweise mit 100 Gramm Kabeljau schnell erreicht, von Brokkoli müsste man täglich 1,5 Kilogramm essen, um auf die nötige Menge an Jod zu kommen.

Vor allem Veganer oder Vegetarier können einen Jodmangel riskieren, wenn sie auf Fisch, Eier und Milch verzichten. Algen - wie sie beispielsweise bei der Herstellung von Sushi verwendet werden - sind für sie eine gute Jodquelle.

Da die Schilddrüse Jod - wenn auch in begrenztem Maß - speichert, halten Experten es für sinnvoll, ein- bis zweimal in der Woche Algen oder Meeresfrüchte zu essen.

Jodiertes Salz kann eine gute Ergänzung liefern. Da Jod aber bei langen Kochprozessen verdunstet oder wie im Nudelwasser im Abguss landet, sorgt die Verwendung von Jodsalz allein nicht für eine ausreichende Versorgung.

Einen erhöhten Jodbedarf haben Schwangere und stillende Mütter. Sie sollten besonders auf jodhaltige Ernährung achten. Auch Jodtabletten können sinnvoll sein, hier ist die Dosierung einfach und gut zu kontrollieren.

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