Ein Plakat macht im Bundestagswahlkampf 2021 auf die Mitverantwortung von Olaf Scholz für Brechmitteleinsätze gegen mutmaßliche Dealer aufmerksam © picture alliance / Pressebildagentur ULMER | ulm

Als Achidi John starb: Ein Brechmittel-Einsatz und seine Folgen

Stand: 10.12.2023 00:00 Uhr

Im Dezember 2001 kommt in Hamburg der 19-jährige Achidi John ums Leben. Er soll mit Drogen gedealt haben. Um ihn zu überführen, war ihm mit Gewalt ein Brechmittel verabreicht worden. Der junge Mann blieb nicht das einzige Opfer.

von Oliver Diedrich, NDR.de

Es ist der 9. Dezember 2001. "I will die!", schreit Achidi John im Hamburger Institut für Rechtsmedizin - "Ich werde sterben!". Mit Händen und Füßen versucht er, sich zu wehren. Doch mehrere Polizisten halten den 19-Jährigen fest. Was nun passiert, ist damals in vielen deutschen Großstädten gängige Praxis und möglich auf Anordnung der Staatsanwaltschaft oder eines Richters.

"I will die!": Die Prozedur in der Gerichtsmedizin

Demo in Hamburg ein Jahr nach dem Tod eines mutmaßlichen Dealers infolge eines Brechmittel-Einsatzes © picture-alliance / dpa | Ulrich Perrey Foto: Ulrich Perrey
Auf einer Demo ein Jahr nach dem Tode Johns fordern Teilnehmer weitere Aufklärung.

Die Polizisten fesseln John. Er ist offensichtlich in Panik. Eine Ärztin führt ihm eine Magensonde ein - das heißt, sie schiebt einen Schlauch durch seine Nase und den Hals in seinen Bauch. Dann flößt sie John trotz dessen anhaltender Gegenwehr durch die Sonde ein große Menge Wasser und den Pflanzensirup Ipecacuanha ein - Brechwurz. Nach kurzer "Einwirkzeit" muss John sich übergeben. 41 Rauschgift-Kugeln würgt der junge Mann bei der Prozedur hervor. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Achidi John bricht zusammen und erleidet einen Herzstillstand. Am 12. Dezember wird er im Universitätsklinikum Eppendorf für tot erklärt.

Wie der Einsatz damals ablief, hat der damalige Leiter des Rechtsmedizinischen Instituts, Professor Klaus Püschel, bei den späteren Ermittlungen zu Johns Tod zu Protokoll gegeben.

Brechmittel wird als "ungefährlichere Methode" betrachtet

Der unter einem anderen Namen in Nigeria geborene John war zuvor im Hamburger Stadtteil St. Georg als mutmaßlicher Dealer festgenommen worden. Nicht zum ersten Mal. Beim Zugriff der Polizei soll der abgelehnte Asylbewerber etwas hinuntergeschluckt haben. Die Beamten vermuten zum Straßenverkauf abgepackte Drogen. Diese könnten also den Beweis erbringen für Johns Handel mit Rauschgift. In solchen Fällen gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Kommt der Verdächtige in U-Haft, kann man warten, bis die verschluckten Gegenstände auf natürliche Weise ausgeschieden werden. Das ist unangenehm für die Beamten, die die Ausscheidungen untersuchen müssen. Und es ist gefährlich für den Verdächtigen: Wurden wirklich Drogen geschluckt, können die Behälter im Körper kaputtgehen und der Betroffene eine Überdosis erleiden. Zweite Möglichkeit: die Verabreichung eines Brechmittels. Viele Mediziner halten dies damals für die ungefährlichere Methode - solange sie freiwillig erfolgt. Doch das war bei Achidi John nicht der Fall - im Gegenteil.

Brechmittel-Einsätze unter Zwang seit 2001 in Hamburg

Eine Hand hält eine Flasche mit dem Medikament Ipecacuanha, einem Brechmittel. © picture-alliance / dpa | Ulrich Perrey Foto: Ulrich Perrey
Das Brechmittel Ipecacuanha gilt als ungefährlich - solange er freiwillig eingenommen wird.

Als Vorreiter der zwangsweisen Einflößung von Brechmitteln im Kampf gegen den Drogenhandel gilt Frankfurt am Main, wo diese Methode bereits in den 1990er-Jahren eingesetzt wird. Als dabei 1998 ein Verdächtiger beinahe stirbt, wird auch in der Öffentlichkeit verstärkt über das Thema diskutiert. 2001 wird die umstrittene Prozedur auch in Hamburg eingeführt: Der damalige Innensenator Olaf Scholz (SPD) gibt grünes Licht für die Möglichkeit des zwangsweisen Brechmittel-Einsatzes in der Stadt - gegen den Widerstand des grünen Koalitionspartners. Hamburg steht damals vor einer Bürgerschaftswahl, in deren Vorfeld die Sozialdemokraten befürchten müssen, beim Thema "Law and Order" von der CDU und der noch jungen Partei Rechtsstaatlicher Offensive von Ronald Schill überrollt zu werden.

Presse titelt: "Todesstrafe durch die Hintertür"

Zwar wird die SPD bei der Wahl stärkste Kraft - dennoch können CDU, Schill-Partei und FDP gemeinsam in Hamburg die Regierung übernehmen. Als Achidi John bei dem Brechmittel-Einsatz ums Leben kommt, stellt die Partei Rechtsstaatlicher Offensive mit Schill bereits den Innen- und mit Roger Kusch den Justizsenator. Erster Bürgermeister ist der Christdemokrat Ole von Beust.

Die Reaktionen in der Presse auf den Tod des jungen Mannes sind teils heftig: "Todesstrafe durch die Hintertür" titelt beispielsweise die linksliberale Wochenzeitung "Der Freitag". Der damalige Hamburger Ärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery fordert den Senat auf, das gewaltsame Verabreichen von Brechmitteln zu beenden. Der Fall des 19-Jährigen bestätige, dass solche Einsätze "aus ärztlicher Sicht nicht zu verantworten" seien, sagt Montgomery. Manche Kritiker nennen die erzwungenen Brechmittel-Einsätze Folter. Die Vermutung: Die rabiate Praxis solle auch der Abschreckung von Kleindealern dienen. Bemerkenswert ist auch, dass die große Mehrheit der Betroffenen Schwarze sind.

Schill, Kusch und SPD verteidigen die Brechmittel-Einsätze

Noch bevor John offiziell für tot erklärt wird und eine Untersuchung des Falles beginnt, teilt Innensenator Schill mit, Brechmittel sollten auch weiterhin eingesetzt werden. Sie seien ein wichtiges Instrument zur Beweismittelbeschaffung. In einer Bürgerschaftssitzung kurz nach dem Tode Johns wird der Fall diskutiert. "Auch wir sind betroffen, aber das hält sich in Grenzen", sagt damals der Schill-Abgeordnete Frank Michael Bauer. Der Dealer sei nicht Opfer, sondern Täter. Justizsenator Kusch kündigt eine Überprüfung des Falles an: "Sollten Schwächen bei der Untersuchung offenbar werden, müssen diese abgestellt werden - am Grundprinzip der Brechmittel-Einsätze wird sich nichts ändern."

Der SPD-Abgeordnete Michael Neumann räumt einerseits die grundsätzliche Verantwortung der Sozialdemokraten für die Brechmittel-Einsätze ein. "Es darf aus unserer Sicht aber nicht billigend in Kauf genommen werden, dass Menschen zu Schaden kommen." Die SPD unterstütze weiter die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln - allerdings müssten die Bedingungen verbessert werden. Denn kurz vor dem tödlichen Einsatz hatte die Regierung von Beust die Hürden für solche Einsätze noch gesenkt, was zu einer deutlichen Zunahme führte.

Keine gerichtliche Aufarbeitung in Hamburg

Ein Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft nach dem Tod des 19-Jährigen wird einige Monate später eingestellt. Die Mediziner und Beamten, die John zwangen, das Brechmittel einzunehmen, seien nicht Schuld an dessen Tod, so das Ergebnis. Eine Obduktion hatte ergeben, dass der Kreislaufzusammenbruch und Johns Tod auf eine Herzerkrankung zurückzuführen seien. Spätere Versuche von Johns Vater, doch noch ein Gerichtsverfahren in Gang zu bringen, werden unter anderem wegen Formfehlern abgelehnt.

Brechmittel-Zwang auch in Niedersachsen und Bremen

Auch in Niedersachsen darf mutmaßlichen Drogendealern Anfang der 2000er-Jahre zwangsweise Brechmittel eingeflößt werden, um sie zu überführen. Nach dem Tod von Achidi John in Hamburg wird die Praxis dort zeitweise ausgesetzt, jedoch 2003 wieder erlaubt. In Schleswig-Holstein werden Brechmittel nicht unter Zwang eingesetzt.

Bremen erlaubt den Brechmittel-Einsatz auch unter Zwang damals bereits seit den 1990er-Jahren. Der Todesfall in Hamburg führt dort nicht zu einer zeitweisen Aussetzung.

Scherf: "Das war beweissichernder Alltag"

Er könne sich nicht daran erinnern, dass nach dem Fall in Hamburg darüber in Bremen diskutiert worden sei, behauptet später der damalige Bürgermeister und Justizsenator Henning Scherf (SPD): "Das war Alltag, strafrechtlicher und beweissichernder Alltag". Innerhalb der Bremer Justiz seien sich alle über die Zulässigkeit des Verfahrens einig gewesen, so Scherf.

Das ändert sich allerdings schlagartig im Dezember 2004.

Bremen: Laye-Alama Condé stirbt nach Brechmittel-Einsatz

Am 27. Dezember 2004 wird in der Weserstadt ein mutmaßlicher Drogendealer festgenommen. Auch er soll Kokain-Kügelchen verschluckt haben, die ihn überführen könnten. Laye-Alama Condé ist 35 Jahre alt und stammt aus Sierra Leone. Als er ein Brechmittel einnehmen soll, versucht er, sich zu wehren. Polizisten fesseln ihn auf einem Stuhl. Ein Mediziner, der für das rechtsmedizinische Institut in Bremen arbeitet, schiebt Condé schließlich eine Sonde durch die Nase und flößt ihm Brechmittel und Wasser ein. Als der Verdächtige sich übergibt, gelingt es ihm zunächst, die offenbar verschluckten Drogen-Kügelchen mit den Zähnen festzuhalten und erneut hinunter zu schlucken. Die später von Zeugen als erschreckend brutal geschilderte Prozedur wird mehrmals wiederholt. Dabei wird der körperliche Zustand des Gefangenen immer schlechter. Ihm tritt Schaum aus Mund und Nase. Doch als sich die Werte des Mannes wieder stabilisieren, setzt der Mediziner die Maßnahme fort. Herzschlag und Atmung von Condé werden dabei immer schwächer und setzen schließlich aus. Erst dann kommen Rettungssanitäter zum Einsatz, die den Mann zunächst wiederbeleben können. Mehrere Tage später stirbt er im Krankenhaus.

Erster Prozess in Bremen endet mit Freispruch

In der Lunge des Toten finden sich später Wasser und Erbrochenes. Ist der Arzt, der ihm das Brechmittel einflößte, schuld am Tod von Laye-Alama Condé? Es dauert fast vier Jahre, bis ein Gericht darauf eine Antwort findet. Zwar habe sich der Polizeiarzt "zahlreiche Unsicherheiten, Versäumnisse und Fehler" zuschulden kommen lassen, sagt der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung im Dezember 2008. Aber weil er mit der Situation völlig überfordert gewesen sei, sei der Mediziner strafrechtlich nicht schuldig - Freispruch. Bei der Urteilsverkündung kommt es zum Tumult. Zuschauer entrollen Plakate und rufen in Sprechchören, die Tat sei Mord gewesen.

Angehörige des Opfers legen gegen das Urteil erfolgreich Revision ein. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ordnet eine neue Verhandlung vor einer anderen Kammer des Bremer Landgerichtes an.

Es kommt zu zweitem und drittem Prozess in Bremen

Einige Demonstranten stehen am 9. April 2013 mit einem Transparent  vor dem Landgericht Bremen. Sie protestieren im Gedenken an den 2004 bei einem Polizeiverhör verstorbenen, mutmaßlichen Drogenhändler Laye-Alama Condé aus Sierra Leone gegen Polizeigewalt. © picture alliance / dpa Foto: Ingo Wagner
Auch beim dritten Prozess in Bremen 2013 kommt es vor Gericht zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt.

Auch im zweiten Prozess im Jahr 2011 wird der Angeklagte freigesprochen. Es sei nicht zweifelsfrei festzustellen, dass Condé an dem in seine Lunge geratenen Wasser gestorben sei. Es seien "Alternativen" denkbar, die "nicht in den Verantwortungsbereich" des Arztes fielen, so das Bremer Landgericht. Und wieder kassiert der Bundesgerichtshof das Urteil. Nach Ansicht der Bundesrichter habe die Beweisaufnahme sehr wohl eine Schuld des Angeklagten bewiesen. 2013 folgt der dritte Prozess in Bremen. Diesmal endet er mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage: Der frühere Polizeiarzt muss 20.000 Euro an die Mutter des Opfers zahlen.

Europäischer Gerichtshof verurteilt Deutschland

Als das Verfahren in Bremen beendet ist, hat ein anderes Gericht allerdings längst Fakten geschaffen: der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Im Sommer 2006 verurteilen die Straßburger Richter Deutschland wegen eines Brechmittel-Einsatzes in Nordrhein-Westfalen: Die Maßnahme im Jahr 1993 habe gegen das Verbot unmenschlicher und unwürdiger Behandlung verstoßen, heißt es im Beschluss des Gerichtes. Dem Kläger, einem aus Sierra Leone stammenden Mann, spricht das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu. Die Verabreichung des Brechmittels sei nicht notwendig gewesen. Es hätte gewartet werden sollen, bis der Mann die geschluckten Drogen-Tütchen auf natürlichem Wege ausgeschieden hätte, so die Richter.

Straßburger Richter: "An Brutalität grenzende Gewalt"

Die deutschen Behörden hätten die körperliche Unversehrtheit des Klägers in schwerwiegender Weise verletzt, so der EGMR. Der Einsatz einer Nasensonde sei "mit an Brutalität grenzender Gewalt" erfolgt und "sicher schmerzhaft und Angst einflößend" gewesen. Zudem konstatieren die Straßburger Richter Unverhältnismäßigkeit: Die bei dem Mann gefundene Drogenmenge sei so gering gewesen, dass er anschließend lediglich zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Und: Das Gericht verweist darauf, dass in Deutschland bereits zwei Menschen bei Brechmittel-Einsätzen unter Zwang ums Leben kamen - in Hamburg und Bremen.

Urteil ist Aus für Brechmittel-Zwang in Deutschland

Das Straßburger Urteil ist das Aus für eine Praxis, die in vielen anderen europäischen Ländern damals schon längst verboten ist. In Hamburg teilt die Justizbehörde am 1. August 2006 mit, dass das Bundesland endgültig auf den zwangsweisen Einsatz von Brechmitteln verzichtet. In der Praxis müssen Beschuldigte, die die Einnahme verweigern, nun in einer "gläsernen Toilette" auf die Ausscheidung möglicher Beweismittel warten. Auch in anderen Bundesländern, wo der Brechmittel-Zwang damals noch angewendet wurde, führt das Straßburger Urteil zu einer Umkehr.

Inzwischen hat Hamburg auch die "freiwillige" Verabreichung von Brechmitteln an mutmaßliche Dealer gestoppt. Der Einsatz sei unverhältnismäßig, teilt Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) im Sommer 2021 mit: "Die Prozedur ist mit gesundheitlichen Risiken verbunden, wie die Vergangenheit zeigt, und der zwangsweise Einsatz wurde auch klar als menschenrechtswidrig verurteilt."

Wer übernimmt die politische Verantwortung?

Bis sich jedoch auch möglicherweise politisch Verantwortliche für die seit 1991 in Deutschland etwa 1.000 mal durchgeführten Zwangseinsätze entschuldigen, dauert es lange. Ende 2020 beschließt die Bremische Bürgerschaft, einen Gedenkort für Laye-Alama Condé zu errichten. Die Abgeordneten bitten seine Hinterbliebenen um Entschuldigung.

In Hamburg ist man auch 20 Jahre nach dem Tod von Achidi John noch nicht so weit. Im Oktober 2021 bringt die Linken-Fraktion in der Bürgerschaft einen Antrag ein mit der Forderung, die politische Verantwortung für solche Einsätze zu übernehmen und sich bei den Betroffenen und den Angehörigen von Achidi John zu entschuldigen. Außerdem verlangt die Linke die Einrichtung eines Gedenkortes "an zentraler Stelle auf dem Gelände des Universitätskrankenhauses Eppendorf" sowie die "Zahlung einer finanziellen Entschädigungen an die Betroffenen". Es gehe um eine "Mahnung, dass die Menschenwürde eben doch antastbar ist, wenn wir sie nicht kompromisslos verteidigen", so der Linken-Abgeordnete Deniz Celik.

AUDIO: 11KM: Kokain-Boom: Einblicke in die Welt der Drogen-Banden (23 Min)

Hamburgische Bürgerschaft lehnt Linken-Antrag ab

26.04.2018, Hamburg: Wolken ziehen über die «Rote Flora» im Hamburger Schanzenviertel. © dpa Foto: Axel Heimken
Die Besetzer der Roten Flora in Hamburg geben dem Gebäude in Erinnerung an den Verstorbenen die Adresse "Achidi-John-Platz 1". Seitdem prangt der Schriftzug dort in unterschiedlichen Versionen.

Für die damals wie heute regierende SPD kommt eine Entschuldigung nicht in Frage: Der Tod von Achidi John sei "zu bedauern, das kann man wohl sagen", erklärt der Abgeordnete Urs Tabbert in der Sitzung. Doch die Prozedur sei damals "an fast allen Drogenbrennpunkten Deutschlands gang und gäbe" gewesen. Außerdem gebe es in Hamburg bereits eine Gedenkstätte.

Auch die Grünen lehnen den Antrag ab, weil er "sachliche Fehler" enthalte. Der AfD-Abgeordnete Dirk Nockemann nennt die ganze Debatte "unerträglich" - schließlich habe es sich bei dem Toten um "einen ausländischen Dealer" gehandelt und "Folter" könne er bei der früheren Praxis schon gar nicht erkennen. In der folgenden Abstimmung votiert lediglich die Linken-Fraktion für ihren eigenen Antrag.


05.01.2022 11:31 Uhr

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Bundesverfassungsgericht habe 1999 ein Verbot von zwangsweisen Brechmitteleinsätzen aufgehoben. Richtig ist aber, dass das Gericht damals lediglich eine Verfassungsbeschwerde aus prozessualen Gründen nicht zur Entscheidung annahm und dabei auch formulierte, dass ein Brechmitteleinsatz im Hinblick auf die Menschenwürde und die Selbstbelastungsfreiheit keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Später stellte das Gericht jedoch klar, dass diese Formulierung nichts darüber aussage, inwieweit eine zwangsweise Verabreichung mit Blick auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zulässig sei. Wir haben die entsprechende Passage im Artikel geändert und dort aus Gründen der Verständlichkeit auf den Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verzichtet.

 

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