Angehörige und Freunde des in den USA erschossenen Austauschschülers Diren aus Hamburg nehmen am 02.05.2014 in Hamburg an einem Trauermarsch teil und tragen ein Transparent mit der Aufschrift "Amerika kann hier nicht weiterhin Cowboy spielen". © picture alliance / dpa Foto: Bodo Marks

Vor zehn Jahren: Todesschütze von Diren muss 70 Jahre in Haft

Stand: 12.02.2025 12:20 Uhr

Weil er den Hamburger Austauschschüler Diren Dede nachts in seiner Garage in Montana (USA) erschossen hatte, wurde der Schütze zu 70 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Strafmaß gab ein US-Gericht heute vor zehn Jahren bekannt.

Diren Dede lebte 2014 als Austauschschüler bei einer Gastfamilie in Missoula im US-Bundesstaat Montana. Der junge Mann türkischer Abstammung war aus Hamburg- Altona. Am 27. April 2014 drang er nachts in die Garage von Markus K. ein, wahrscheinlich war es eine Mutprobe. "Er wollte den anderen Jungs zeigen, dass er mutig war und keine Angst hatte", sagte Robby P. aus Ecuador, ein Freund von Diren. Sie seien mehrfach beim sogenannten Garage Hopping dabei gewesen. "Niemand hat uns gesagt, dass man dabei erschossen werden kann," sagte der damals 19-Jährige.

Denn: Der Garagenbesitzer überraschte Diren. Er schoss viermal auf den 17-Jährigen. Zwei Schüsse trafen ihn, er starb wenig später im Krankenhaus.

Schütze als Bedrohung für die Gesellschaft

Verschneit zeigt sich am 01.12.2014 der Tatort der Todesschüsse auf den Hamburger Austauschschüler Diren in Missoula, Montana. © picture alliance / dpa Foto: Chris Melzer
Der Tatort: In dieser Garage wurden die Schüsse auf Diren abgegeben.

Am 12. Februar 2015 wurde Markus K. wegen der tödlichen Schüsse auf Diren zu 70 Jahren Gefängnis verurteilt. Eine Freilassung auf Bewährung komme frühestens nach 20 Jahren in Frage, entschied Bezirksrichter Ed McLean in Missoula. "Sie sind wütend auf die Welt", sagte McLean zu Markus K. "Wir müssen eine Gesellschaft schaffen, in der Menschen wie Sie nicht überreagieren." Der damals 30-Jährige stelle eine zu große Bedrohung dar. Frühestens nach 20 Jahren könne Markus K. einen Antrag auf Bewährung stellen. Auf vorsätzliche Tötung stehen in Montana zwischen 10 und 100 Jahre Haft.

Richter: "Sie waren auf der Jagd"

Richter Edward McLean sitzt am 05.12.2014 im Gerichtssaal in Missoula im US-Staat Montana. Sieben Monate nach dem Tod des Hamburger Austauschschülers Diren hat am 04.12. die Hauptverhandlung gegen den Todesschützen begonnen. © picture alliance / dpa Foto: Chris Melzer
Richter Edward McLean widersprach der Notwehr-Darstellung des Angeklagten.

Der Schütze war bereits im Dezember 2014 der vorsätzlichen Tötung an Diren schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß wurde dabei noch nicht festgelegt. Die zwölf Geschworenen des Gerichts in Missoula beschlossen einstimmig, dass Markus K. den 17-jährigen Austauschschüler vorsätzlich erschossen hatte. Die Verteidigung hatte auf Notwehr plädiert. Richter Ed McLean widersprach jetzt dieser Darstellung: "Sie haben nicht ihr Zuhause beschützt, Sie waren auf der Jagd."

Bei Markus K. war bereits zuvor schon eingebrochen worden. Er soll eine solche Tat wie die Schüsse auf Diren deshalb angekündigt haben. Der Verurteilte berief sich auf sein Recht, seine Wohnung und seinen Besitz verteidigen zu dürfen. Er stand in seiner orangefarbenen Häftlingsuniform zwischen seinen Verteidigern und entschuldigte sich in einer kurzen Stellungnahme für seine Tat. "Ich habe getan, was ich für nötig hielt, um meine Familie und mich selbst zu schützen", sagte er, bevor er mit Fußfesseln von Sicherheitsbeamten abgeführt wurde.

"Wirbelsturm aus Schock, Leid und Trauer"

Direns Vater, der 2015 aus Hamburg angereist war, reagierte damals zurückhaltend auf das Strafmaß für den Todesschützen. "Ich bin nicht glücklich", sagte Celal Dede. "Er geht ins Gefängnis, aber er lebt. Mein Sohn ist tot", sagte er mit Blick auf den Verurteilten. Aber natürlich sei er froh, dass das Gerichtsverfahren überstanden sei.

Auch die Gasteltern des erschossenen Teenagers äußerten sich vor Gericht. "Der Mord an Diren hat unsere Leben in einen Wirbelsturm aus Schock, Leid und Trauer verwandelt", sagte Direns Gastvater. "Die Tat hat all die Freude aus unserer Familie gesaugt. Jeder Tag zermürbt uns."

Direns Vater: "Geld gibt uns unseren Sohn nicht zurück"

Ein Freund des in den USA erschossenen Austauschschülers Diren hängt am 25.04.2015 in Hamburg an einer Gedenkstätte für den Schüler eine Fahne auf. Am 27.04.2015 jährte sich der Todestag des Hamburger Schülers zum ersten Mal. © picture alliance / dpa Foto: Daniel Bockwoldt
Ein Freund des in den USA erschossenen Diren hängt im April 2015 in Hamburg eine Fahne für den Schüler auf.

Kurze Zeit später gab es eine Übereinkunft der Anwälte mit den Versicherungen des Täters. Man verständigte sich darauf, dass Direns Familie eine Entschädigungszahlung erhalten sollte. Eine konkrete Summe wurde nicht bekannt. Aber: Geld gibt uns "unseren Sohn nicht zurück", so Direns Vater 2015.

Außerdem musste Markus K. alle seine Waffen an die Eltern des erschossenen Teenagers abgeben. "Nach den US-Gesetzen stehen uns die Waffen zu. Aber was soll ich damit?", sagte Direns Vater damals. Wenn er irgendwann vielleicht nochmal in die USA reisen sollte, könne er die Waffen öffentlich mit einem Vorschlaghammer unschädlich machen.

Am 8. Februar 2017 wies das Oberste Gericht in Montana die Berufung des Verurteilten zurück. Ebenfalls 2017 wurde der neu entstandene Vorplatz der Viktoria-Kaserne in Altona-Nord in Diren-Dede-Platz benannt.

Worum ging es in dem Prozess?

Am 27. April 2014, kurz nach Mitternacht, drang der Hamburger Austauschschüler Diren in eine offene, aber fremde Garage in der Stadt Missoula in Montana ein. Er wurde vom Besitzer überrascht, der viermal auf den 17-Jährigen schoss. Zwei Schüsse trafen Diren, er starb wenig später im Krankenhaus.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 13.02.2015 | 09:00 Uhr

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