Revolution in Mecklenburg: Der letzte Großherzog dankt ab
Am 9. November 1918 rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann in Berlin die Republik aus: "Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind verschwunden! [...] Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue, es lebe die deutsche Republik!" (Die Rede von Philipp Scheidemann als Audio)
Doch alle Freunde des Kaisers waren noch nicht verschwunden in dieser Geburtsstunde der Republik: In Mecklenburg saß der letzte Landesfürst Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin noch hoffnungsvoll im Schweriner Schloss, sagt der Historiker Wolf Karge: "Er hat noch gehofft, dass er hier mit seinen 'braven Mecklenburgern' vielleicht anders davonkommt, dass er hier eine konstitutionelle Monarchie, diese Form des Parlamentarismus mit einem Monarchen an der Spitze, durchsetzen kann."
Zu spät für eine konstitutionelle Monarchie
Doch durchsetzungsstark war er nie - eher ein vorsichtiger Fürst, der immer erst dann handelte, wenn seine Geduld restlos erschöpft war. Sein kluger Staatsminister Langenfeld sah im Frühling 1918 mit Sorge die streikenden Arbeiter der Schweriner Fokker-Flugzeugwerke und später die Munitionsarbeiter in Holthusen, die höhere Löhne und die Beendigung des Krieges forderten. Langenfeld sagte dem geduldigen Friedrich Franz, dass er eine Verfassung brauche für Mecklenburg. Das sei das Mittel, um die Bevölkerung auch politisch ruhig zu halten. Ganz Deutschland habe bereits konstitutionelle Monarchien eingeführt, nur in Mecklenburg gebe es noch keine.
Doch daraus wurde nichts. Adel und Gutsbesitzer des Landes verweigerten ihre notwendige Zustimmung. Allerdings erreichte Friedrich Franz zusammen mit Langenfeld die Bildung einer neu berufenen Regierung am 8. November. Diese sollte den Grundstein für eine konstitutionelle Monarchie legen. Friedrich Franz bildete sich ein, Repräsentant des Staates bleiben zu können, der sich seine Macht durch ein demokratisch gewähltes Parlament beschneiden lässt.
Das Urteil des Historikers Wolf Karge ist deutlich: "Das war nicht mehr tragbar, das war politisch völlig überholt. Auch der Großherzog wurde von der Situation total überrollt. Er merkte, dass nicht nur ihm, sondern auch Langenfeld die Sache völlig aus dem Ruder lief. Plötzlich gab es die Arbeiter- und Soldatenräte, die viel weitergehende Forderungen stellten."
Abgesetzt von respektlosen Arbeitern
Sie verlangten ultimativ die Verfassung einer parlamentarischen Demokratie. Und das sagten sie ihm sehr drastisch, als sie am 8. November Friedrich Franz IV. in seinem Schweriner Schloss aufsuchten: "Es gab einen Arbeiter Hallert, von dem hatte der Großherzog garantiert noch nie etwas gehört. Dieser Mann sagte zum Fürsten: "Es steht, Herr Herzog, Ihr Kopf und Leben auf dem Spiel." Das war schon eine ziemlich heftige Drohung. Dazu kommt, was man heute gar nicht mehr weiß, dass dieser Arbeiter überhaupt nicht berechtigt war, "Herr Herzog" zu sagen. Er hätte "Königliche Hoheit" sagen müssen. Das war Friedrich Franz nicht gewohnt," erklärt Historiker Karge.
Zumindest kannte der Fürst so etwas nicht von seinen braven mecklenburgischen Untertanen. Er war froh, als er erfuhr, das dieser Herr Hallert kein Mecklenburger, sondern Wiener war. In den nächsten Tagen überschlugen sich überall im Deutschen Reich die Ereignisse. Die Revolution erreichte Berlin, Kaiser Wilhelm II. musste am 9. November seinen Thron räumen. Am 14. November - also fünf Tage nach dem Kaiser - musste auch der letzte mecklenburgische Großherzog, Friedrich Franz IV., abdanken. Er war einer der letzten in Deutschland.