Stand: 25.02.2014 17:52 Uhr

Die Bildungsarbeit in Auschwitz braucht Geld

von Carolin Fromm, NDR.de
Warnschild in KZ Auschwitz © NDR Foto: Christian Spielmann
Rund 70.000 Deutsche sind 2013 nach Auschwitz gereist.

Die Ruinen der Gaskammern und Krematorien, Baracken und Latrinen im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vermitteln den Besuchern nachdrücklich, wie die Opfer der Nationalsozialisten hier litten. Doch Steine und Stacheldraht allein reichten nicht im Kampf gegen das Vergessen, sagt Andrzej Kacorzyk, stellvertretender Direktor der Gedenkstätte und Leiter des Internationalen Bildungszentrums über Auschwitz und den Holocaust. "Ohne Bildung und pädagogische Projekte können wir unsere Aufgabe nicht erfüllen."

Gedenkstätte entwickelt Workshops und Lehrmaterialien

Die KZ-Gedenkstätte ist für ihn ein Werkzeug für Bildung und Charakterentwicklung - gegen Intoleranz, Antisemitismus und Rassismus. Dafür arbeiten die Mitarbeiter des Bildungszentrums jeden Tag. Sie entwickeln Lehrmaterialien für Schüler und Lehrer, zur Vor- und Nachbereitung des Besuchs. Sie organisieren mehrtägige Bildungsaufenthalte - mit Seminaren, Gesprächen mit Überlebenden und Workshops. In denen erfahren dann beispielsweise Abiturienten aus Hamburg mehr über Max Israel Neumann, der wie sie aus der Hansestadt stammte und etwa in ihrem Alter war, als er am 17. Februar 1943 in Auschwitz umgebracht wurde.

Entstehung der Gedenkstätte

Schon kurz nach der Befreiung des KZ Auschwitz begannen Überlebende damit, Zeugnisse aus dem Lagerleben zu sichern. Außerdem unterstützten sie die Menschen, die auf der Suche nach Angehörigen waren. Am 2. Juli 1947 erließ das polnische Parlament ein Gesetz zur Bewahrung des Geländes und aller Fundstücke "für alle Zeiten". Zugleich wurde das staatliche Museum Auschwitz-Birkenau ins Leben gerufen. Seit 1979 steht es auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Die Mitarbeiter betreiben eine E-Learning Plattform, organisieren internationale Konferenzen und einen Masterstudiengang. Sie bilden die 270 mehrsprachigen Guides weiter - in Gesprächen mit Überlebenden oder Wissenschaftlern und in anderen Museen. Sie kuratieren Ausstellungen und sorgen dafür, dass sie an ihren Zielort kommen. In den Sommerakademien tauschen sich Lehrer und Mitarbeiter anderer Gedenkstätten aus - seit vergangenem Jahr auch auf Deutsch.

VIDEO: "Wir sind für unsere Zukunft verantwortlich" (1 Min)

Kein Geld für langfristige Projekte

"Wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir endlich langfristig planen, Projekte umsetzen, die länger dauern", erklärt Krystyna Oleksy. Sie ist Vorsitzende der Erinnerungsstiftung Auschwitz-Birkenau, die die Arbeit des Bildungszentrums finanziell unterstützt. Im Moment muss die Stiftung von Jahr zu Jahr planen. Einnahmen erzielt die Organisation bislang vor allem mit dem Verkauf von Büchern. "Aber zum Beispiel 2010 hielt das Hochwasser viele Menschen davon ab, nach Auschwitz zu kommen. Keine Besucher heißt keine verkauften Bücher", resümiert Oleksy.

Zahlreiche Ideen in der Schublade

Mit mehr Spenden könnten viele Projekte schon bald Realität werden. An den Sommerakademien konnten einige Interessierte nicht teilnehmen - die Anreise, die sie selbst zahlen müssen, war zu teuer. Deutsche Lehrer wünschen sich die Themenhefte - Juden in Auschwitz, Sinti und Roma in Auschwitz - endlich auch auf Deutsch. Ein Leitfaden für Pädagogen, wie sie ihre Schüler auf den Besuch vorbereiten, gibt es ebenfalls nur auf Englisch. Und in der Schublade liegt die Idee für eine interaktive Plattform, die neben den Fakten zeigt, dass an vielen Orten der Welt aus Auschwitz bisher leider nicht gelernt wurde.

Weitere Informationen
Jüdische Deportierte aus Ungarn stehen vor Bahnwaggons, mit denen sie gerade im Todeslager Auschwitz-Birkenau angekommen sind. © picture alliance / AP Photo

Auschwitz - Geschichte einer Todesfabrik

Von 1940 bis 1945 sterben in Auschwitz mindestens 1,1 Millionen Menschen. Hunderttausende ermorden die Nazis mit Giftgas. Andere werden erschossen, zu Tode gefoltert oder sie verhungern. mehr

Bilder von Häftlingen zu sehen in einer Baracke der Gedenkstätte Auschwitz © NDR Foto: Christian Spielmann

Für das Leben lernen: Auschwitz und Ich

Zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz hat der NDR im Jahr 2015 das Projekt Auschwitz und ich betreut. Hier finden sich viele der damals entstandenen Videos und Online-Artikel. mehr

Dieses Thema im Programm:

7 Tage | 28.01.2015 | 00:00 Uhr

Mehr Geschichte

Schriftsteller Thomas Mann auf einer undatierten Aufnahme © picture-alliance / dpa Foto: Bifab

Thomas Mann: 100 Jahre "Der Zauberberg"

Für die "Buddenbrooks" erhielt Thomas Mann den Literaturnobelpreis. Sein Werk "Der Zauberberg" wird jetzt 100 Jahre alt. mehr

Norddeutsche Geschichte

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?