Die Bildungsarbeit in Auschwitz braucht Geld
Die Ruinen der Gaskammern und Krematorien, Baracken und Latrinen im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vermitteln den Besuchern nachdrücklich, wie die Opfer der Nationalsozialisten hier litten. Doch Steine und Stacheldraht allein reichten nicht im Kampf gegen das Vergessen, sagt Andrzej Kacorzyk, stellvertretender Direktor der Gedenkstätte und Leiter des Internationalen Bildungszentrums über Auschwitz und den Holocaust. "Ohne Bildung und pädagogische Projekte können wir unsere Aufgabe nicht erfüllen."
Gedenkstätte entwickelt Workshops und Lehrmaterialien
Die KZ-Gedenkstätte ist für ihn ein Werkzeug für Bildung und Charakterentwicklung - gegen Intoleranz, Antisemitismus und Rassismus. Dafür arbeiten die Mitarbeiter des Bildungszentrums jeden Tag. Sie entwickeln Lehrmaterialien für Schüler und Lehrer, zur Vor- und Nachbereitung des Besuchs. Sie organisieren mehrtägige Bildungsaufenthalte - mit Seminaren, Gesprächen mit Überlebenden und Workshops. In denen erfahren dann beispielsweise Abiturienten aus Hamburg mehr über Max Israel Neumann, der wie sie aus der Hansestadt stammte und etwa in ihrem Alter war, als er am 17. Februar 1943 in Auschwitz umgebracht wurde.
Die Mitarbeiter betreiben eine E-Learning Plattform, organisieren internationale Konferenzen und einen Masterstudiengang. Sie bilden die 270 mehrsprachigen Guides weiter - in Gesprächen mit Überlebenden oder Wissenschaftlern und in anderen Museen. Sie kuratieren Ausstellungen und sorgen dafür, dass sie an ihren Zielort kommen. In den Sommerakademien tauschen sich Lehrer und Mitarbeiter anderer Gedenkstätten aus - seit vergangenem Jahr auch auf Deutsch.
Kein Geld für langfristige Projekte
"Wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir endlich langfristig planen, Projekte umsetzen, die länger dauern", erklärt Krystyna Oleksy. Sie ist Vorsitzende der Erinnerungsstiftung Auschwitz-Birkenau, die die Arbeit des Bildungszentrums finanziell unterstützt. Im Moment muss die Stiftung von Jahr zu Jahr planen. Einnahmen erzielt die Organisation bislang vor allem mit dem Verkauf von Büchern. "Aber zum Beispiel 2010 hielt das Hochwasser viele Menschen davon ab, nach Auschwitz zu kommen. Keine Besucher heißt keine verkauften Bücher", resümiert Oleksy.
Zahlreiche Ideen in der Schublade
Mit mehr Spenden könnten viele Projekte schon bald Realität werden. An den Sommerakademien konnten einige Interessierte nicht teilnehmen - die Anreise, die sie selbst zahlen müssen, war zu teuer. Deutsche Lehrer wünschen sich die Themenhefte - Juden in Auschwitz, Sinti und Roma in Auschwitz - endlich auch auf Deutsch. Ein Leitfaden für Pädagogen, wie sie ihre Schüler auf den Besuch vorbereiten, gibt es ebenfalls nur auf Englisch. Und in der Schublade liegt die Idee für eine interaktive Plattform, die neben den Fakten zeigt, dass an vielen Orten der Welt aus Auschwitz bisher leider nicht gelernt wurde.