Ein Mann kreuzt die Hände vor einem Glas Wein. © Imago/Panthermedia Foto: Andrey Popov

Dry January: Was bringen vier Wochen ohne Alkohol dem Körper?

Stand: 13.01.2025 13:30 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Von einem Alkoholverzicht - Stichwort "Dry January" - profitieren viele Organe: vor allem Leber, Herz und Haut. Abstinenz hilft beim Abnehmen und verbessert den Schlaf. Schon kleine Mengen Alkohol sind gesundheitsschädlich.

von Nadine Becker

Alkohol ist ein Zellgift und als Auslöser oder Verstärker an über 200 Erkrankungen beteiligt. Darauf zu verzichten ist daher auf alle Fälle gesund. Auch ein vierwöchiger Verzicht, wie zum Beispiel im Rahmen eines "Dry January" oder "Sober October" bringt bereits merkbare Veränderungen für Fitness, Organe und Schlaf.

Dry January: Die ersten 30 Tage ohne Alkohol

Aus einer ursprünglich britischen Gesundheitskampagne ist ein weltweiter Trend geworden: Im "Dry January" verzichten viele Menschen einen Monat lang auf Alkohol. In Deutschland sind die Alkoholverkäufe im Januar 2024 zum Beispiel um fast 50 Prozent zurückgegangen, im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Was ein solcher vierwöchiger Alkoholverzicht bringt, haben Forscher der Universität Sussex untersucht. Die Teilnehmer der Studie gaben an, dass sie besser schliefen, mehr Energie besäßen, Gewicht verloren hätten und sich der Zustand ihrer Haut verbessert hätte. Auch Magen, Herz und Leber profitieren bereits nach kurzer Zeit von dem Verzicht.

Alkoholverzicht: Das Herz profitiert sofort

Alkohol steigert den Blutdruck und kann zu Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) und Herzrasen (Tachykardie) führen. Eine Untersuchung aus München mit 3.000 Biertrinkenden zeigt zum Beispiel, dass ab 0,8 Promille Alkohol im Blut jeder Dritte Herzrhythmusstörungen bekommt und jeder Vierte unter Herzrasen leidet. Dazu kommt es, weil beim Abbau von Alkohol Acetaldehyd entsteht. Dieser Stoff bewirkt im Körper eine Freisetzung von erregenden Substanzen wie Adrenalin und Noradrenalin. Sie steigern den Blutdruck und die Herzfrequenz. Ist der Alkohol abgebaut, versiegt dieser Effekt: Schon nach einer Erholungszeit von rund einem halben Tag normalisiert sich der Herzschlag wieder. Insbesondere Menschen, die zu Herzrhythmusstörungen neigen, profitieren von einem alkoholfreien Monat: Das Herz kann wieder in den richtigen Takt kommen und auch der Wasserhaushalt normalisiert sich. Die Betroffenen fühlen sich insgesamt fitter.

Binnen weniger Tage: Schlaf verbessert sich deutlich

Alkohol erleichtert das Einschlafen, stört aber das Durchschlafen. Bereits nach wenig Konsum fühlen sich Betroffene am nächsten Morgen weniger erholt, energiereich und fit für den Tag. Das liegt unter anderem daran, dass Alkohol die für Erholung, Lernen und Regeneration wichtige REM-Schlafphase (Rapid-Eye-Movement) hinauszögert, verkürzt und stört. Eine Verbesserung des Schlafs ist oft das Erste, was Betroffene bewusst merken, wenn sie auf Alkohol verzichten.

Eine Woche ohne Alkohol: Leber entfettet, Leberwerte können sich verbessern

Als Entgiftungsorgan leidet die Leber besonders unter Alkohol. Sie baut ihn ab und versucht den Stoff möglichst schnell aus dem Körper zu befördern. Wenn sie regelmäßig oder ständig Alkohol abbauen muss, lagert sie Fett ein und wird zu einer sogenannten Fettleber. Dabei kann das Organ bis auf das Doppelte seiner normalen Größe anwachsen. Eine Fettleber begünstigt die Entstehung von Erkrankungen wie Diabetes und Übergewicht (Adipositas) und sie kann bei anhaltendem Alkoholkonsum in eine chronische Lebererkrankung übergehen, bei der die Leber zunächst bindegewebig umgebaut wird (Leberfibrose) und dann verhärtet und ihre Funktion verliert (Leberzirrhose).

Das Gute: Die Leber kann sich in frühen und mittleren Stadien von Alkoholkonsum erholen. Schon nach sieben Tagen ohne Alkohol kann sich der Fettgehalt der Leber halbieren. Auch die im Blut messbaren Leberwerte, wie die Transaminasen ALT/ GPT und AST/ GOT und die Transferase γGT können sich bereits nach einer Woche ohne Alkohol verbessern. Das zeigt sich vor allem, wenn die Leberwerte zuvor erhöht waren.

Nach rund einem Monat: Entzündungen von Haut und Magen gehen zurück

Im Magen regt Alkohol die Bildung von Magensäure an. Passiert das ständig, kann sich die Magenschleimhaut entzünden. Nach einer Abstinenz von ein bis zwei Monaten kann sich das Organ davon wieder erholen. Doch nicht nur im Magen fördert Alkohol Entzündungen, auch im gesamten Körper, denn Alkohol ist ein potenter Entzündungsförderer. Er bewirkt im Körper die Freisetzung entzündungsfördernder Botenstoffe (proinflammatorische Zytokine) und unterdrückt das Immunsystem.

Besonders deutlich sichtbar ist das an der Haut: Hier begünstigt Alkohol Pilz- und Bakterien-Infektionen. Zudem schädigt er die Hautbarriere, führt zu Wasserverlusten über die Haut und regt die Talgproduktion an. Dadurch können sich Erkrankungen wie Akne, Neurodermitis und Rosazea verschlimmern. Auch Schuppenflechte (Psoriasis) kann durch Alkohol angeregt, verstärkt und unterhalten werden. Durch einen Alkoholverzicht verbessert sich das Hautbild binnen mehrerer Wochen deutlich, entzündliche Erkrankungen wie Psoriasis können zurückgehen.

Alkohol ist krebserregend, auch in geringen Mengen

Die International Agency for Research on Cancer (IARC), die spezialisierte Krebsforschungseinrichtung der WHO, sieht es als ausreichend belegt an, dass Alkohol beim Menschen Krebs verursacht. Nachgewiesen ist das bisher für folgende sieben Krebsarten: Mundhöhlen-, Rachen-, Kehlkopf-, Speiseröhren-, Dickdarm-, Leber- und Brustkrebs. Für die Entstehung von Brustkrebs ist Alkohol sogar einer der größten Risikofaktoren. Auch eine geringe Trinkmenge kann bereits krebserregend sein. Das liegt am Alkoholabbauprodukt Acetaldehyd. Es ist hochreaktiv und führt zu Schäden an der Erbsubstanz (DNA), das kann Krebs auslösen. Zusätzlich dazu stört es auch noch die körpereigenen Reparaturmechanismen für solche Fälle. Ein Verzicht auf Alkohol kann das Risiko für die Entstehungen der Krebserkrankungen reduzieren.

Alkoholverzicht hilft beim Abnehmen

Alkohol ist ein Gewichtstreiber: Er enthält mit 7 Kilokalorien pro Gramm beinahe so viel Energie wie Fett (9 Kilokalorien pro Gramm). Ein 0,2 Liter Weinglas entspricht damit zum Beispiel dem Energiewert von circa sechs Stück Milchschokolade. Zusätzlich hemmt Alkohol die Fettverbrennung, stört den Muskelaufbau und steigert die Insulinausschüttung. Dadurch kann es auch zu Heißhungerattacken kommen. Ein Verzichten auf Alkohol kann somit auch helfen abzunehmen.

DGE warnt: Alkohol immer ein Gesundheitsrisiko

Bisher nannte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Richtwerte für tolerierbare Alkoholmengen. In ihrem aktuellen Positionspapier aber kommt die DGE zu einer Neubewertung: Es gibt keine sichere Menge für einen unbedenklichen oder risikofreien Alkoholkonsum. Auch kleinste Mengen können demnach das Risiko für Erkrankungen erhöhen. Darum rät die DGE allen Personen, keinen oder möglichst wenig Alkohol zu trinken. Minderjährige, Schwangere und Stillende sollen ganz auf Alkohol verzichten.

Steigende Gefahr mit jedem Gramm Alkohol

Die DGE-Experten haben vier Risikostufen für den wöchentlichen Alkoholkonsum definiert:

  • "Risikofrei" sind laut DGE nur null Gramm Alkohol.
  • "Risikoarm" sind unabhängig vom Geschlecht maximal 27 Gramm Alkohol wöchentlich. Das entspricht maximal 280 Milliliter Wein oder maximal 660 Milliliter Bier (circa zwei kleine Bier pro Woche).
  • Ein "moderates Risiko" besteht laut DGE bei 27 bis 81 Gramm Alkohol pro Woche. Das entspricht einer Gesamtmenge von maximal 825 Milliliter Wein (etwas mehr als eine Flasche) oder zwei Liter Bier (circa vier große Flaschen) pro Woche.
  • Als "riskant" bezeichnet die DGE einen Alkoholkonsum von über 825 Milliliter Wein oder über zwei Liter Bier pro Woche.

Alkohol kann süchtig machen

Neben den genannten Risiken besteht bei regelmäßigem Alkoholkonsum eine Suchtgefahr. Typischerweise geht diese mit Kontrollverlust, Toleranzentwicklung und einer Vernachlässigung anderer Aktivitäten einher. Die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit ist multifaktoriell begründet. Risikofaktoren sind zum Beispiel bestehende Alkoholabhängigkeiten in der Familie und auch genetische Faktoren, die circa 50 Prozent des Risikos ausmachen. Suchtberatungsstellen können beim Umgang mit Alkohol helfen - auch dann, wenn noch keine Abhängigkeit besteht. Im Internet gibt es Fragebögen, mit denen man sein eigenes Risiko bestimmen kann.

Wenn Sie Schwierigkeiten mit Alkohol haben oder von der Abhängigkeit eines anderen Menschen betroffen sind, gibt es Hilfsangebote, die anonym und unkompliziert Informationen oder Hilfe anbieten:

  • Sucht & Drogen Hotline: Unter der bundesweiten Telefonnummer 01806 313031 erhalten Sie rund um die Uhr professionelle Unterstützung. Egal, ob Sie selbst betroffen sind oder als Angehöriger Hilfe suchen. Weitere Informationen: sucht-und-drogen-hotline.de
  • "Kenn dein Limit" - Aufklärung über Alkoholismus: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet unter der Initiative "Kenn dein Limit" umfangreiche Informationen rund um den Umgang mit Alkohol und Hinweise zu Hilfsangeboten. Mehr erfahren: kenn-dein-limit.de
  • Hilfe und Beratung bei Gewalt und Sucht in der Familie: Alkoholabhängigkeit kann oft mit familiären Konflikten oder sogar Gewalt einhergehen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet Unterstützung und Kontaktstellen, die speziell auf solche Situationen zugeschnitten sind. Weitere Informationen: bmfsfj.de

 

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NDR Fernsehen | Visite | 21.01.2025 | 20:15 Uhr

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Ernährung