Schlechte Angewohnheit loswerden: So gelingt es
Eine schlechte Angewohnheit lässt sich oft schwer verändern. Grund dafür ist, dass Gewohnheiten meist unbewusst ablaufen. Wie funktionieren Lernprozesse? Tipps zum Erlernen neuer Gewohnheiten.
Weniger Alkohol, gesünder essen, mehr Sport treiben - viele Menschen nehmen den Jahreswechsel zum Anlass, eine schlechte Angewohnheit abzulegen und gute Vorsätze umzusetzen. Tatsächlich ist es aber gar nicht so einfach, eine Verhaltensänderung dauerhaft umzusetzen. Der Grund dafür liegt in der Funktionsweise unseres Gehirns.
Viele Gewohnheiten laufen automatisch ab
Gewohnheiten entstehen durch einen typischen Lernprozess: Auf einen auslösenden Reiz folgen eine bestimmte Handlung oder Bewegung und eine Belohnung. Nach vielen Wiederholungen wird der Ablauf zur Gewohnheit. Selbst mit einfachen Tätigkeiten tun wir uns manchmal schwer, bevor sie im Laufe der Zeit zur Routine werden: etwa mit bestimmten Abläufen beim Autofahren, dem Binden von Schnürsenkeln oder sogar dem Auf- und Zuschrauben einer Zahnpastatube. Das Gehirn speichert die erfolgreichen Bewegungen ab. Sie wandern vom Bewusstsein ins Unterbewusstsein, werden fest im sogenannten Handlungsgedächtnis abgespeichert und laufen damit automatisch ab.
Auch im Gehirn gibt es also einen Unterschied zwischen bewusster Handlung und Angewohnheit. Denn etablierte Gewohnheiten sind in anderen Gehirnarealen verortet als unser bewusstes Denken. Für Selbstkontrolle und Entscheidungen, also bewusste Handlungen, ist unter anderem der präfrontale Kortex wichtig. Für gewohnheitsmäßige Handlungen ist dagegen das Striatum zentral, ein Bereich tief im Inneren des Gehirns.
Das Gehirn braucht Gewohnheiten
Hirnforscher gehen davon aus, dass der Mensch ohne Gewohnheiten gar nicht überleben könnte. Das Gehirn wäre mit all unseren täglichen Handlungen und Entscheidungen heillos überfordert. Automatismen helfen dem Gehirn, Energie zu sparen, um an anderer Stelle planen und organisieren, in Stresssituationen schneller entscheiden und Risiken minimieren zu können. Eine Angewohnheit führt zu Vertrautheit. Sie gibt Kontrolle und Halt im Alltag.
Eine schlechte Angewohnheit loswerden ist schwierig
Das Problem ist, dass das Gehirn zwischen guten und schlechten Gewohnheiten nicht unterscheiden kann. Auch unser Verhalten in Stresssituationen wird vom Gehirn als Routine abgespeichert. Wenn jemand beispielsweise bei Stress Süßigkeiten isst, werden Glückshormone ausgeschüttet. Das Gehirn merkt sich, dass die Laune durch die Zuckerzufuhr besser wird.
Je öfter dieser Zusammenhang hergestellt wird, desto stärker sind die neuronalen Verbindungen und desto stärker verlagert sich der Automatismus in tiefere Regionen des Gehirns, bis er völlig vom Unterbewusstsein gesteuert wird. Sobald man sich in bestimmten Situationen befindet, spult das Unterbewusstsein die Gewohnheiten ab: Der Körper verlangt nach Süßem. Das macht es so schwer, sich schlechte Angewohnheiten wieder abzugewöhnen.
Eine schlechte Angewohnheit durch eine gute ersetzen
Das Ziel ist, eine schlechte Angewohnheit mit einer guten Verhaltensweise zu "überschreiben" und praktisch zu vergessen - etwa statt Süßigkeiten Obst zu essen oder statt dem Auto das Fahrrad zur Arbeit nehmen.
Willenskraft allein reicht meist nicht aus, um solche neuen Gewohnheiten zu etablieren; Willenskraft ist auf Dauer zu anstrengend, um jedes Mal bei einer Tätigkeit eingesetzt zu werden. Damit etwas zu einer Gewohnheit wird, muss es attraktiv sein und das Belohnungssystem aktivieren. Das ist ein Grund, warum viele Menschen immer wieder daran scheitern, zum Beispiel mit Sport anzufangen. Wenn eine Tätigkeit ausschließlich negativ besetzt ist, gibt es keinen Ansporn damit zu beginnen, geschweige denn sie ständig zu wiederholen.
Daher sollte die neue Gewohnheit möglichst positiv besetzt und leicht in den Alltag einzubetten sein, zum Beispiel mithilfe von Tricks: Sportsachen schon am Vorabend vorbereiten, Sport in der Natur oder an einem anderen schönen Ort machen, währenddessen gute Musik hören. Das hilft dabei, dass das Belohnungssystem jedes Mal wieder Dopamin ausschüttet und die Aktivität gerne wiederholt wird. Sie wird immer leichter - im Idealfall entsteht aus der bewussten Wiederholung irgendwann die Gewohnheit.
Neue gute Gewohnheiten etablieren: So lange dauert es
Es braucht vor allem Zeit, Ruhe und Bewusstsein, um unliebsame Gewohnheiten loszuwerden. Stress erschwert die Umsetzung zusätzlich, denn bei Stress werden Cortisol und Noradrenalin ausgeschüttet, das Frontalhirn fährt zurück und es wird auf Routine umgeschaltet. Um neue Gewohnheiten und Routinen zu etablieren, benötigt das Hirn zwischen 20 und 250 Tagen.
Vorsatz umsetzen: Kleine Ziele setzen und Hilfe holen
Mit diesen Tipps kann es gelingen, eine schlechte Angewohnheit abzulegen und gute Vorsätze erfolgreich umzusetzen:
- Die Ziele müssen erreichbar und machbar sein. Also nicht gleich einen Marathon ansteuern, sondern langsam mit dem Lauftraining beginnen.
- Das, was man ändern will, sollte zum alltäglichen Leben passen. Vor einem Festessen mit dem Abnehmen zu starten hat keinen Sinn.
- Nicht zu viel auf einmal ändern wollen.
- Vorsätze öffentlich machen, das verpflichtet.
- Vorsätze aufschreiben. So kann man sich immer wieder daran erinnern.
- Nicht gleich aufgeben, wenn es einmal nicht geklappt hat.
- Bei manchen Zielen ist es gut, sich Hilfe oder Verbündete zu suchen, etwa eine Sportgruppe, einen Diät-Coach oder eine Abnehmgruppe.
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