Industriedenkmal und Transportmittel: Die Schwebefähre Osten-Hemmoor
Die Fähre über die Oste bei Hemmoor im Landkreis Cuxhaven ist ein außergewöhnliches Industriedenkmal. Sie stammt aus dem Jahr 1909 und ist eines von weltweit nur noch acht funktionsfähigen Exemplaren.
Gemächlich durchfließt die Oste die Landkreise Harburg, Rotenburg/Wümme, Stade und Cuxhaven. Niedersachsens nördlichster Nebenfluss der Elbe ist stolze 153 Kilometer lang und verbindet Weser und Elbe. Die Oste ist auch bekannt als "Fluss der Fähren", denn bis weit in das 20. Jahrhundert hinein verkehrten mehr als zwei Dutzend Fähren über den Fluss. Die meisten sind mittlerweile durch Klappbrücken oder feste Brücken ersetzt worden. Anders die historische Schwebefähre zwischen den Orten Hemmoor und Osten im Landkreis Cuxhaven.
Konstruktion erinnert an den Pariser Eiffelturm
Das ungewöhnliche Industriedenkmal wurde im Jahr 1909 eingeweiht. Die Gondel gleitet an einem 38 Meter hohen Traggerüst über den Fluss. Die Fähre wurde eigens so hoch gebaut, damit die Schiffe - damals vor allem Segelschiffe mit hohen Masten - ungehindert darunter hindurch fahren konnten. Aus diesem Grund kam auch eine feste Brücke nicht infrage.
Fast 290 Tonnen Stahl wurden für das 90 Meter lange Bauwerk verbaut. Völlig neuartig war die Konstruktion der 16 mal 4,30 Meter großen Fahrgondel. Sie allein wiegt 34 Tonnen. Der Antrieb erfolgte - damals wie heute - mittels Elektromotor. Die mächtigen genieteten Stahlstreben des 30 Meter hohen Traggerüsts der Fähre erinnern an den Pariser Eiffelturm. Wegen der ähnlichen Bauweise wird die Schwebefähre heute auch gern als "Eiffelturm des Nordens" bezeichnet. Konstruiert wurde sie im MAN-Werk Gustavsburg bei Mainz.
Denkmalpfleger verhinderten den Abriss
Als 1974 eine neue Brücke über die Oste fertiggestellt wurde, wurde die Fähre überflüssig und musste ihren Betrieb einstellen. Das Landesamt für Denkmalpflege konnte aber den zunächst geplanten Abbruch verhindern. Im Oktober 1975 wurde die Fördergesellschaft zur Erhaltung der Schwebefähre Osten-Hemmoor gegründet. Sie übernahm den Betrieb für touristische Zwecke. Nach mehreren Sanierungen verkehrt die Fähre heute wieder regelmäßig von April bis Oktober.
Die Fördergesellschaft betreibt auch ein kleines Museum, die sogenannte Fährstuv. Die Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Fähre anhand von Fotos, Tastobjekten und historischem Filmmaterial.
Kein UNESCO-Welterbe-Titel für deutsche Fähren
Weltweit gibt es nur wenige Schwebefähren. Einst waren es insgesamt 20, heute sind nur noch acht als Verkehrsmittel in Betrieb. Eine dieser Fähren, die Schwebefähre Puente de Vizcaya im spanischen Bilbao, gehört seit 2006 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Bemühungen der Betreiber der Schwebefähren in Osten-Hemmoor und in Rendsburg, in die deutsche Vorschlagsliste und später in die UNESCO-Liste aufgenommen zu werden, scheiterten jedoch.