Schwebefähre Rendsburg: Industriedenkmal am Nord-Ostsee-Kanal
Die Schwebefähre hängt an der Rendsburger Eisenbahn-Hochbrücke. Alle 15 Minuten überquert sie in drei Metern Höhe den Nord-Ostsee-Kanal und befördert dabei bis zu 100 Menschen und vier Autos.
Wer mit der Eisenbahn zwischen Hamburg und Flensburg unterwegs ist, überquert bei Rendsburg den Nord-Ostsee-Kanal auf einer spektakulären Hochbrücke. Sie zählt mit fast 2,5 Kilometern Länge und einer Höhe von 68 Metern zu den größten Brücken Europas.
Doch erst die dazugehörige Schwebefähre, die unter der Brücke den Kanal quert, macht das Industriedenkmal zu etwas Außergewöhnlichem. Sie hängt unter der Hochbrücke und überquert den Kanal auf ihrer rund 125 Meter langen Strecke in drei Metern Höhe über dem Wasser. Die Überfahrt dauert nur anderthalb Minuten und ist kostenlos. Die Schwebefähre verkehrt alle 15 Minuten, der Betrieb startet täglich um 5 Uhr. Im Sommer ist um 23 Uhr, im Winter um 22 Uhr Feierabend. Zweimal am Tag ist Pause - von 10.30 Uhr bis 11 Uhr sowie von 19.30 Uhr bis 20 Uhr.
Anfang 2016 war die Fähre mit einem Frachter zusammengestoßen und schwer beschädigt worden. Da eine Reparatur nicht möglich war, wurde eine Ersatzfähre gebaut, die 2022 in Betrieb genommen wurde. Damit sich der Unfall nicht wiederholen kann, verfügt die neue Fähre über bessere Sicherheitssysteme als ihre Vorgängerin.
Weltweit nur noch acht Schwebefähren in Betrieb
Schwebefähren haben den Vorteil, dass sie keine besonderen Zufahrtsrampen benötigen und im Gegensatz zu Klappbrücken den Schiffsverkehr nicht unterbrechen. Auch bei Eisgang oder starker Strömung können sie problemlos fahren und benötigen weniger Energie als ein Fährschiff. Weltweit sind nur noch acht Schwebefähren in Betrieb. Die bekannteste und älteste befindet sich im spanischen Bilbao und zählt zum UNESCO-Welterbe.
Rendburger Hochbrücke: Ein Bauwerk der Extraklasse
Auch die zweispurige Eisenbahnhochbrücke, an der die Schwebefähre in Rendsburg hängt, ist ein beeindruckendes Baudenkmal. Die Stahlkonstruktion des Ingenieurs Friedrich Voss entstand zwischen 1911 und 1913. Die Brücke ersetzte 1913 zwei einspurige Drehbrücken, die einer Verbreiterung des Nord-Ostsee-Kanals im Weg standen. Damit Schiffe ungehindert passieren konnten, musste die neue Brücke eine Durchfahrtshöhe von 42 Meter für die Schiffe erreichen - diese Höhen wiesen bereits die anderen Brücken über den Kanal vor. Die größte Herausforderung für die Planer bestand darin, die Züge mit geringer Steigung auf die Hauptbrücke über dem Kanal fahren zu lassen. Dafür wurden die Gleise auf fast 2,2 Kilometer lange Stahlrampen verlegt und zusätzlich 2,2 Kilometer lange Anfahrdämme aufgeschüttet.
Die geringe Distanz zwischen Kanal und Rendsburger Bahnhof wurde mit einem großen Kreis, der sogenannten Schleife, um fast sechs Kilometer verlängert. Die Dimensionen des Baus sind gewaltig: Die Oberfläche der Stahlkonstruktion beträgt 240.000 Quadratmeter, 3,2 Millionen Nieten stecken im Metall und allein die 295 Meter lange Hauptbrücke wiegt 3.700 Tonnen.
Von Mai bis September finden sonntags Führungen an der Brücke statt. Dabei geht es auf der Südseite eine Wendeltreppe mit 178 Stufen hinauf zu den Bahngleisen.