Nach Reform: Mehr Wohngeldbezieher in Schleswig-Holstein
Menschen, die mit ihren Einkommen die Miete nicht ausreichend zahlen können, dürfen Wohngeld beantragen. 2023 haben das in Schleswig-Holstein besonders viele gemacht. Das zeigen Zahlen des Statistikamts Nord.
Bis zum Ende des vergangenen Jahres haben laut Statistikamt Nord etwas mehr als 44.000 Haushalte in Schleswig-Holstein Wohngeld bekommen. Das ist ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zu 2022. Der Anstieg an Wohngeldempfängern betrifft alle Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß.
Wohngeld: Anstieg in allen Kreisen in SH
Am geringsten ist das Plus in Kiel mit etwa 42 Prozent. Auch die Städte Lübeck (+51 Prozent) und Neumünster (+75 Prozent) sowie die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg (+76 Prozent) liegen unter dem Durchschnitt, zeigen die Zahlen des Statistikamts Nord. Das größte Plus zeigt der Kreis Schleswig-Flensburg mit 116 Prozent mehr Wohngeldbeziehern im vergangenen Jahr als noch 2022. "Rund um Städte haben die Mieten mittlerweile einen Stand erreicht, dass Wohnen für viele nicht mehr in Frage kommt" zeigt sich Alfred Bornhalm, Landeschef des Sozialverbands Schleswig-Holstein, wenig überrascht.
Reform der Bundesregierung sorgt für größeren Empfängerkreis
Die Statistiker vom Statistikamt Nord erklären den Anstieg damit, dass vor knapp zwei Jahren die Regeln geändert wurden. Damals hatte die Bundesregierung den Kreis an potenziellen Wohngeldempfängern erweitert. Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz liegt die Einkommensgrenze, um die Hilfe zu bekommen, höher.
Waren vor der Reform rund 600.000 Haushalte in der Lage Wohngeld zu beantragen, sind es laut Bundesregierung jetzt knapp zwei Millionen. Der monatliche Betrag liegt seit vergangenem Jahr bei 370 Euro, das sind 190 Euro mehr als im Jahr davor. Für Bornhalm ist der Anstieg deshalb auch nicht überraschend, und doch "musste ich zwei Mal hinschauen und tief Luft holen" sagte er NDR Schleswig-Holstein.
Viele Menschen trauen sich nicht, ihre Not offenzulegen
Doch ob alle, die Wohngeld bekommen dürfen, es auch beantragen, bezweifelt der Sozialverband. Oft spielt eine gewisse Scham eine Rolle. "Es fällt vielen nicht leicht, die Einkommensverhältnisse offenzulegen, weil sie vielleicht ihre Familie nicht belasten wollen", erklärt Bornhalm. Eine Zahl, die ihm besonders Sorgen macht, sind Rentnerinnen und Rentner mit Wohngeld. Hier lag das Plus im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein bei 81 Prozent.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert als Konsequenz des Anstiegs, die Mietpreisbremse einzuführen. "Vor allem muss jedoch viel mehr in langfristig zweckgebundenen, sozialen Wohnraum investiert werden", so DGB-Nord Chefin Laura Pooth. Bornhalm sieht als kurzfristige Lösung nur, das Wohngeld nochmals zu erhöhen.