Zeitreise: Krankenpflegeschule im Wandel der Zeit
Die DRK Krankenpflegeschule Mölln-Ratzeburg feiert 60-jähriges Bestehen - ein Rückblick auf ein Berufsbild, das schon immer an Fachkräftemangel und schlechter Bezahlung litt.
Mit gekonnten Handgriffen steckt sie wiederverwendbare Glasspritzen und Kanülen zusammen. Helga Strohbach steht vor einem Tisch mit altem medizinischem Gerät. "Einmalhandschuhe und Wegwerfartikel gab es damals nicht - alles musste nach der Nutzung wieder sterilisiert werden. Dafür hätte heute niemand mehr Zeit", sagt die 77-Jährige. Vor 60 Jahren fing Helga Strohbach beim DRK als Schwesternschülerin an. Damals hatten die Schwestern noch gestärkte Häubchen und weiße Schürzen. Gewohnt hat sie damals im Schwesternheim, gleich neben dem Krankenhaus. "Morgens sind wir zum Dienst, mittags war frei und dann haben wir wieder bis acht Uhr abends gearbeitet. Weil wir ja auch alle im Wohnheim zusammen gewohnt haben, haben wir auch viel Freizeit miteinander verbracht - es war schlichtweg gemütlich." Seitdem Helga Strohbach ihre Ausbildung begonnen hat, hat sich in den Pflegeberufen viel verändert.
Auszubildende heute setzen auf Work-Life-Balance
Sophie Behrens, Auszubildende im zweiten Lehrjahr, übt das Blutabnehmen an einer Puppe. Wenn sie die Vene trifft, läuft tatsächlich rot gefärbte Flüssigkeit in die Einmalkanüle. Sie kann sich das Leben als Pflegekraft, wie Helga Strohbach es beschreibt, heute nicht mehr vorstellen. "Das klingt aus den Erzählungen auch echt schön. Es muss eine eingeschweißte Gemeinschaft gewesen sein. Aber heute hat Freizeit einen höheren Stellenwert - gerade weil der Job so anstrengend geworden ist." Die 21-Jährige bedauert, dass so wenige junge Menschen Pflegeberufe ergreifen wollen, denn gerade weil es einen so hohen Personalbedarf gibt, ist es auch anstrengender geworden. In ihren Augen könnten Anreize geschaffen werden, indem flexiblere Arbeitszeiten und natürlich angemessene Bezahlung geschaffen werden würden.
Flexibel waren die Schichten von Helga Strohbach nicht. Gerne hätte sie mit den modernen Materialien von heute gearbeitet und Blutabnehmen - das mussten die Auszubildenden damals aneinander üben. "Früher war nicht alles besser", sagt sie, "aber die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal sind nicht gerade einfach heutzutage. Auf Station muss heute alles schnell gehen."
Fallpauschalen und Privatisierung setzen Krankenhäuser finanziell unter Druck
Seit 2004 gibt es die Fallpauschale. Das ist eine Form der Vergütung von Leistungen im Gesundheitssystem, die im Gegensatz zu zeitraumbezogenen oder leistungsbedingten Abrechnungsverfahren, medizinische Leistungen pro Behandlungsfall vorsieht. "Dadurch hat sich die Verweildauer der Patienten erheblich verkürzt und die Arbeitsdichte des Pflegepersonals enorm erhöht", sagt Bettina Burchert-Ziethen, Leiterin der DRK-Pflegeschule in Mölln/Ratzeburg. Nach Zahlen der DRK hat sich die Zahl der stationär aufgenommenen Patienten in der Zeit von 1991 bis 2014 von fünf Millionen auf 20 Millionen vervierfacht. Die Verweildauer hat sich dagegen im gleichen Zeitraum von 14,6 auf 7,3 Tage halbiert. Bettina Burchert-Ziethen meint, der Druck auf die Krankenhäuser erhöhe sich weiter durch die Privatisierung und die Konkurrenz der Häuser untereinander.
Wenn man Helga Strohbach fragt, ob sie den Beruf heute wieder ergreifen würde, wenn sie die Wahl hätte, antwortet sie: "Ich würde es wieder tun. Denn was zählt, ist die Dankbarkeit der Menschen. Das ist auch das, was die jungen Menschen heute antreibt. Dann ist das auch ein guter Beruf."