Taubenschlag statt Tötung - Wie eine Stadt mit Tauben umgeht
Viele Kommunen in Schleswig-Holstein haben Probleme mit Stadttauben. In Norderstedt haben etwa 100 der freilebenden Tiere im Taubenschlag am Herold-Center ein neues Zuhause gefunden.
Jeden Tag um 11.30 Uhr flattern die Tauben auf das obere Parkdeck des Einkaufscenters - denn dann gibt es Futter. Seit gut zwei Jahren gibt es diesen Taubenschlag. Die Stadt Norderstedt (Kreis Segeberg) finanziert das Projekt mit rund 12.000 Euro im Jahr. In Zusammenarbeit mit dem Hamburger Verein Stadttauben wurde der Taubenschlag aufgestellt. Horst Thomas Thiemann betreut die Vögel in Vertretung. Er kommt jeden Vormittag zur gleichen Zeit und bringt den Vögeln Futter. "Wenn ich hier füttere, mach ich auch den Taubenschlag noch sauber. Und tausche Eier aus. Nicht alle, aber acht von zehn Eiern nehmen wir weg und legen Attrappen rein."
Wer haftet für die wilden Tauben?
Zuvor gab es in der Stadtversammlung viele Diskussionen darüber, ob die Stadt für Verschmutzung durch die wilden Tauben haftbar gemacht werden kann. "Gerichtlich ist es nicht ganz eindeutig, ob wilde Stadttauben durch regelmäßiges Füttern in den Besitz der Betreiber übergehen. Das wäre in dem Fall die Stadt. In unserem Fall ist klar: Wir müssten nicht für Schäden aufkommen, die die Tauben auch ohne unser Mitwirken erzeugen", erklärt Britta von Eschwege, die in der Norderstedter Stadtverwaltung für den Taubenschlag zuständig ist. Der Grund: weil sie schon immer da gewesen seien.
Die Taubeneier werden gegen Attrappen ausgetauscht
Durch den Taubenschlag konnte die Population der Stadttauben in den vergangen zwei Jahren kontrolliert werden. Weniger Vögel siedelten sich an anderen Orten an. Der Trick: Betreuer Kolganov tauscht die echten Taubeneier gegen Kunststoffimitate aus. Nur wenige Küken schlüpfen. "Einige Küken müssen allerdings schlüpfen. Wenn die Tiere merken, dass keine Jungvögel nachkommen, werden sie misstrauisch und verlassen den Taubenschlag."
Der Mensch hat Taubenplagen verursacht - Taubenschläge lösen das Problem
Dass sich die Tiere in Städten wie Flensburg, Kiel und Norderstedt überhaupt zu einer Plage entwickeln konnten, ist menschengemacht. In den vergangen 80 Jahren wurden viele Taubenzuchtvereine und Taubenschläge aufgegeben. Die Tiere wurden freigelassen und suchten in den Städten nach Nahrung und Nistplätzen. "Wir finden diese Taubenschlagprojekte gut. Sie funktionieren und können die Population effektiv steuern. Und die Tauben müssen nicht getötet werden. Es wäre gut, wenn noch mehr Städte einen oder mehrere Taubenschläge aufstellen", sagt Horst Bollmann von der Nabu Ortsgruppe Norderstedt.
Auch in Kiel zeigt ein Taubenschlag in der Nähe des Hauptbahnhofs seine Wirkung. Knapp 40 Tiere haben sich angesiedelt. Auf der anderen Seite der Förde kommen jeden Tag 300 Tauben zur kontrollierten Fütterung. Der Tierschutzverein wünscht sich dort 14 weitere Taubenschläge für die Landeshauptstadt.