Northvolt: Kritik an Wohnungsbau-Plänen - und neue Bürger-Ideen
In der Batteriefabrik von Northvolt bei Heide sollen künftig 3.000 Menschen arbeiten. Viele von ihnen sollen mit ihren Familien in der Stadt Heide wohnen, doch die Wohnungsbau-Pläne stoßen nicht bei allen Bürgern auf Begeisterung.
Was bedeutet die Ansiedlung der Batteriefabrik von Northvolt vor den Toren von Heide (Kreis Dithmarschen) für die Bewohnerinnen und Bewohner der Kreisstadt? Nach einer offenen Einwohnerfragerunde mit der Stadtverwaltung ist ziemlich klar, was die Heider umtreibt: die Teilnehmenden äußerten deutliche Kritik am Wohnraum-Konzept der Stadt, machten aber auch konkrete Vorschläge.
Etwa 130 Bürgerinnen und Bürger waren zu der Versammlung ins Berufsbildungszentrum BBZ nach Heide gekommen. Die Stadt Heide hatte zu der Einwohnerversammlung eingeladen, nachdem die Fraktion der Grünen dies gefordert hatte.
Northvolt baut seit März vor den Toren von Heide
Das schwedische Unternehmen Northvolt baut seit dem Frühjahr auf einer 110 Hektar großen Fläche in den Gemeinden Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden. Beide Dörfer liegen direkt vor den Toren der Kreisstadt Heide. Am 25. März war der offizielle Spatenstich mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
Northvolt will 3.000 neue Arbeitsplätze schaffen, die ersten Batteriezellen für E-Autos sollen 2026 vom Band rollen. 4,5 Milliarden Euro will das schwedische Unternehmen investieren. 2030 soll das gesamte Werk fertiggestellt sein.
Region bei Heide wird sich durch Northvolt verändern
Selbst wenn die eigentlichen Flächen für die Batteriefabrik nicht auf dem Gebiet der Stadt Heide liegen - die gesamte Region und auch die Stadt Heide werde sich in den kommenden Jahren durch die Ansiedlung verändern, sagte Uwe Mantik von der CIMA Wirtschaftsplanung in Lübeck. Er hat im Auftrag der Entwicklungsagentur Region Heide den Ansiedlungsprozess und die Folgen untersucht.
Neben dem Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur sei der Wohnungsbau einer der wichtigsten Punkte, so Mantik. Er geht in den kommenden Jahren von 10.000 bis 11.000 Beschäftigten aus, denn neben den 3.000 Mitarbeitenden von Northvolt würden auch über 7.000 Beschäftigte von Zulieferfirmen in die Region kommen. Ein großer Teil von ihnen brauche kurze Anfahrtswege zur Arbeit und damit Wohnraum in der Region Heide.
Kritische Stimmen gegen Wohnungsbau-Projekt
Die Stadt Heide möchte an mehreren Stellen im Stadtgebiet Wohnungsbau möglich machen. Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD) sagte: "Die Planungen laufen auf Hochtouren, die Bebauungspläne sollen zeitnah fertig werden, damit Investoren dort bauen können."
Ein Projekt unter anderem mit Mehrfamilienhäusern soll nahe des Westküstenklinikums umgesetzt werden. Und das passt einigen Anwohnern dort überhaupt nicht.
Andreas Münch ist einer von ihnen, er machte seinem Ärger in der Einwohnerversammlung Luft. "Wir Anwohner leiden unter der Wohnungsbau-Planung der Stadt Heide. Hier sollte eher ein Grüngürtel und ein Naherholungsgebiet geschaffen werden." Münch ist auch in der Lokalen Agenda 21 und beim BUND aktiv.
Bürger-Antrag, Wohnbau-Pläne zu prüfen, wird abgelehnt
Münch ärgert sich über die Form der geplanten und aus seiner Sicht zu hohen Wohnhäuser. "Zehn Meter hohe Wohnhäuser passen hier überhaupt nicht hin. Das sollen Betonklötze werden, ökologisches Bauen würde viel besser hier herpassen und wäre auch zeitgemäßer." Zahlungskräftige
Investoren würden offenbar angelockt, aber Natur und Erholungsgebiete spielten bei der Planung anscheinend keine Rolle, so der Anwohner. Sein Antrag, der Heider Bauausschuss solle sich erneut mit dem Projekt beschäftigen und die Pläne zurücknehmen, wurde von der Mehrheit in der Einwohnerversammlung allerdings abgelehnt.
Vorschlag, Leerstände zu prüfen, stößt auf viel Zustimmung
Marlies Wiegand meldete sich auch in der Einwohnerversammlung zu Wort. Sie forderte, die Stadtverwaltung solle sich so schnell wie möglich um die zahlreichen Leerstände kümmern. Anstatt nur auf der grünen Wiese Wohnungsbau zu erlauben, solle Heide auch in der Innenstadt Projekte umsetzen.
"Hier stehen viele Häuser seit längerer Zeit leer, auch in guten Lagen. Hier könnte die Stadt erstmal alle Leerstände erfassen. Dann sollte man mit den Eigentümern sprechen, ob eine Sanierung möglich ist", forderte Wiegand. Zur Not müssten dann die Häuser abgerissen werden, um dort neue Wohnungen zu bauen.
Mehrere Bürgerinnen und Bürger unterstützten die Idee mit Wortmeldungen auf der Versammlung. Der Antrag wurde schließlich mit großer Merheit angenommen.
Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD) sagte: "Ich begrüße den Vorschlag, wir als Stadt sind an dem Thema Leerstände bereits dran. Das ist teilweise aber nicht so einfach, da gibt es auch Gesetze, die derzeit noch ein schnelles Handeln verhindern." Der Vorschlag von Marlies Wiegand werde nun auf einer der nächsten Bauauschuss-Sitzungen beraten, so der Bürgermeister.
Bürgermeister: "Heide wird sich verändern, die Stimmung ist gut"
"Das war eine in weiten Teilen sachliche Diskussion mit vielen Wortmeldungen", war Schmidt-Gutzat nach der Versammlung zufrieden: "Wir haben informiert und viele Bürgerinnen und Bürger haben sich beteiligt. Heide wird sich verändern und die Stimmung hier ist gut, das freut mich." Dass es auch kritische Stimmen gebe, sei aus seiner Sicht normal, so der SPD-Politiker.
Auf den Vorschlag eines neuen Kulturzentrums, der von der Mehrheit der Einwohnerversammlung begrüß wurde, reagierte der Verwaltungschef der Stadt eher abwartend. Es gebe ja bereits die Heider Museumsinsel mit dem Heimatmuseum und einem Saal für Konzerte, also einen öffentlichen Bereich von Kultur.
Vielleicht könne man ein neues Kulturzentrum beim Neubau des Schulzentrums Heide-Ost integrieren, so Schmidt-Gutzat. Er begrüße aber zusätzliche private Initiativen im Bereich Kultur.