An der Spitze von Northvolt stehen die Gründer Peter Carlsson und Paolo Cerruti. Beide arbeiteten zuvor für Tesla und waren am Bau der ersten Gigafactory des US-amerikanischen E-Auto-Herstellers beteiligt. Carlsson und Cerruti gründeten das Unternehmen im Jahr 2016 gemeinsam mit der Vargas Holding. Damals hieß es noch "SGF Energy AB". Erst 2017 wurde daraus Northvolt AB. Vargas ist eine Beteiligungsgesellschaft, die in nachhaltige Technologien investiert. Laut Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht 2022 hält Vargas noch gut acht Prozent an Northvolt - also ähnlich viel, wie auch das Management um Carlsson, Mitglieder des Verwaltungsrates oder die Mitarbeiter in Besitz haben. Größter Teilhaber ist mit mehr als 21 Prozent die Volkswagen-Gruppe. Die investierte früh in Northvolt und hat mit dem Unternehmen 2019 zum Beispiel auch die "European Battery Union" gegründet. Ebenfalls beteiligt ist beispielsweise der Autobauer BMW (2,8 Prozent) und die Investmentbank Goldman Sachs mit beinahe 20 Prozent.
Um in verschiedenen Ländern und Branchen expandieren zu können, hat Northvolt in den vergangenen Jahren in mehreren Finanzierungsrunden Geld eingenommen. Mal schloss das Unternehmen Fremdfinanzierungen ab, verkaufte also Schuldtitel an Investoren, mal gab Northvolt Aktien aus, ging also den Weg der Eigenkapitalfinanzierung. Mehrmals nahmen die Schweden zudem Geld über sogenannte Wandelanleihen auf, so wie sie es auch mit der bundeseigenen Kreditanstalt KfW in Höhe von 600 Millionen Euro vereinbart haben. Diese Form der Anleihe wird in der Regel niedriger verzinst als eine Aktienanleihe. Der Käufer kann aber im Unterschied zu dieser entscheiden, ob er am Ende der Laufzeit den Nominalwert oder die Anleihe in Form eines Aktienpakets zurückgezahlt haben möchte. Theoretisch kann er also von einem Aktienboom profitieren und hat gleichzeitig die Sicherheit, zumindest den Nominalwert wiederzubekommen - es sei denn, das Unternehmen geht bankrott. Northvolt gibt an, sich bislang insgesamt mehr als 15 Milliarden US-Dollar Eigen- und Fremdkapital gesichert zu haben. Dem stünden Aufträge im Wert von mehr als 50 Milliarden Euro von Kunden wie der Volkswagen-Gruppe, BMW oder Volvo gegenüber.
Nein. Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Berichte darüber, Northvolt würde einen Börsengang vorbereiten. Bislang ist das Unternehmen diesen Weg aber nicht gegangen.
Nach eigenen Angaben haben die Lithium-Ionen-Batterien von Northvolt einen 60 bis 70 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als aktuell in Asien produzierte Zellen. Gleichzeitig forscht Northvolt an neuartigen Batterien. Ende 2023 stellte das Unternehmen eine Natrium-Ionen-Batterie vor, die frei von Lithium, Nickel, Kobalt und Graphit sein soll. Der Abbau dieser Metalle ist sehr umweltschädlich. Zudem setzt Northvolt auf das Recycling von Altbatterien. 2030 soll die Hälfte der Rohstoffe für neue Batterien daraus stammen. Auch in Heide ist eine Batterie-Recyclinganlage geplant.
Damit die Batteriefabrik nach Heide kommt, locken der Bund und das Land Schleswig-Holstein mit Suventionen in Höhe von insgesamt 700 Millionen Euro verteilt auf mehrere Jahre. 564 Millionen entfallen dabei auf den Bund, 136 Millionen Euro auf das Land. Daran änderte selbst die Haushaltssperre durch das Urteil zum Klima- und Transformationsfonds nichts. Hinzu kommen rund 200 Millionen Euro an Garantien, über die aber noch nicht entschieden wurde. Im Januar 2024 hat die EU-Kommission diese Gesamtförderung von 902 Millionen Euro aus Fördermitteln und Garantien für den Bau der Batteriefabrik bewilligt. Zudem erhält Northvolt 600 Millionen Euro von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Dabei handelt es sich um eine sogenannte Wandelanleihe, mit der der Bund indirekt zum Investor wird. Sollte Northvolt an die Börse gehen, könnte die KfW sich die Anleihe in Form von Aktien zurückzahlen lassen und von einem möglichen Wertanstieg profitieren.
Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Umwelt sind die Fördermittel an bestimmte Bedingungen geknüpft. Als Beispiel nannte ein Sprecher eine vorgeschriebene Produktionskapazität, die Northvolt zu bestimmten Zeitpunkten erreichen müsse. Auch im Hinblick auf die Anzahl von Beschäftigten gibt es demnach vertragliche Regelungen - Details nannte der Sprecher nicht. Zudem könne das Unternehmen die Fabrik nicht ins Nicht-EU-Ausland verkaufen und müsse diese bis mindestens ins Jahr 2034 erhalten.
Das Unternehmen plant mit Baukosten von 4,5 Milliarden Euro, während die Bundesregierung von 6,3 Milliarden Euro ausgeht.
Das Ziel von Northvolt ist laut Eigenwerbung die Produktion der nachhaltigsten Batterie der Welt. Um das zu erreichen, muss auch die für die Herstellung aufgewendete Energie möglichst grün sein. Deshalb produziert das Unternehmen vor allem dort, wo es viel erneuerbare Energie gibt. Also zum Beispiel im schwedischen Skellefteå, wo die erste Northvolt-Fabrik entstanden ist. Mit Blick auf Heide nannte Peter Carlsson die Erneuerbaren als einen Standortvorteil der Region, die außerdem recht zentral in Kontinentaleuropa liege. Darüber hinaus setzt der Firmengründer auf die relative Nähe zu Hamburg und hofft, von dort Fachkräfte wie Ingenieure anlocken zu können. Viel näher an die Hansestadt hätte Northvolt hingegen nicht heranrücken können - zu groß ist der Platzbedarf nicht nur für die Fabrik, sondern auch für die zahlreichen Zulieferbetriebe, die sich ebenfalls ansiedeln sollen. Die Region - ein weiterer Grund für die Ansiedlung - bietet diese Flächen bei gleichzeitig guter Verkehrsanbindung.
Wenn die Fabrik von 2026 an den vollen Betrieb aufnimmt, will Northvolt bis zu 3.000 Mitarbeitende beschäftigen. Hinzu kommen Beschäftigte bei Zulieferern, die sich ansiedeln könnten. Northvolt selbst gibt an, sowohl innerhalb Deutschlands als auch international Fachkräfte anwerben zu wollen. Auf einer Info-Seite aller Projektbeteiligten (also von Northvolt über die Stadt Heide und den Kreis Dithmarschen bis zum Land Schleswig-Holstein) ist zudem von Aus- und Weiterbildung in Kooperation mit verschiedenen Bildungsträgern die Rede. Genannt wird etwa das Ausbildungszentrum für Batterie-Fachkräfte in Itzehoe, das der Bund mit 20 Millionen Euro fördert und das ab 2026 jährlich bis zu 900 Fachkräfte aus- und weiterbilden soll.
Rund 1.800 Männer und Frauen werden auf der Northvolt-Baustelle laut dem Unternehmen arbeiten. In Wesselburen und Heide-Süderholm sollen für sie zwei "Arbeiter-Camps" mit Wohneinheiten in Containerbauweise entstehen. Zuletzt fand in Heide eine Informationsveranstaltung zu dem Vorhaben in Süderholm statt. Demnach sollen die Gebäude zweigeschossig, gut acht Meter hoch und mit hellgrauen Holzfassaden verkleidet werden. Jedes Arbeiter-Camp soll über einen eigenen kleinen Supermarkt sowie Grün- und Sportanlagen verfügen. Nach dem Fabrikbau sollen die Camps zurückgebaut werden und auf den Flächen Wohngebiete entstehen.
In der gesamten Region laufen darüber hinaus Planungen für neue Wohngebiete in den vier Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg. 9.300 Wohneinheiten könnten dort entstehen, in 74 Neubaugebieten mit insgesamt 347 Hektar in den vier Kreisen. Das ist das Ergebnis einer Bestandsaufnahme der Projektgesellschaft Norderelbe von Ende 2023. Konkret geplant sind 60 Prozent Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser und zu 40 Prozent Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Laut einer Sprecherin der Projektgesellschaft besteht für 950 Wohneinheiten in zwölf Neubaugebieten bereits Baurecht, auf 33 weiteren Flächen sind die notwendigen B-Pläne in der Vorbereitung. Hier könnten dann zeitnah 4.200 Wohneinheiten entstehen. Die Entwicklungsagentur Region Heide wiederum verweist auf ein sogenanntes Stadt-Umland-Konzept, das seit 2013 umgesetzt werde. Die Planer sind im Austausch mit den elf umliegenden Gemeinden und der Stadt Heide, um herauszufinden, wo neue Bauflächen entstehen könnten. Die Stadt Heide selbst plant bereits zwei Neubaugebiete, und zwar in der Nähe des Westküstenklinikums und im Ortsteil Süderholm.
Der Fachkräftebedarf von Northvolt und den künftigen Zulieferbetrieben ist groß. Entsprechend sorgen sich nach NDR Informationen manche Unternehmen in der Region, der Konzern könnte zur Konkurrenz werden und Mitarbeitende abwerben. Gleichzeitig betont Northvolt, lokale Betriebe und die Region von Anfang an miteinbeziehen und für die geplante Fabrik Aufträge an sie vergeben zu wollen. Im Februar etwa fand in Heide ein Netzwerktreffen von Northvolt und der Industrie- und Handelskammer statt. Mehr als 500 Firmenvetreter waren gekommen - von Unternehmen aus der Baubranche bis zur Gastronomie. Northvolt hat auch eine Internetseite freigeschaltet, auf der sich Unternehmen für Aufträge registrieren können.
Am meisten profitiert natürlich der Kreis Dithmarschen selbst von der Ansiedlung. Das geht aus einer Studie zu regionalökonomischen Effekten des CIMA Instituts für Regionalwirtschaft in Hannover hervor. Demnach könnte das Werk ab 2029 eine jährliche Wertschöpfung von insgesamt 941 Millionen Euro in der Region Westküste auslösen. Davon verbleiben der Studie zufolge knapp zwei Drittel in Dithmarschen. Doch auch in Nordfriesland, im Kreis Steinburg und selbst im Kreis Pinneberg könnte sich die Nachfrage nach Dienstleistungen und Waren auf jeweils mehr als 100 Millionen Euro jährlich belaufen. Mit spürbaren Jobeffekten: 1.400 Arbeitsplätze könnten im Kreis Steinburg, 1.455 in Nordfriesland und 1.551 im Kreis Pinneberg laut CIMA-Studie durch Northvolt geschaffen werden.
Davon ist auszugehen, allerdings liegt noch kein Gutachten dazu vor. Auf einer Informationsveranstaltung zum geplanten Arbeiter-Camp in Heide-Süderholm hieß es lediglich, dieses sei noch in der Erstellung. Während des Baus müssen allerdings nicht nur die Arbeiter von ihrem Camp zur Baustelle und zurückfahren, sondern auch Maschinen und Material müssen zur Baustelle gefahren werden. Für die Bauarbeiter sind Bus-Shuttle zwischen den Camps in Heide-Süderholm und Wesselburen geplant. Zudem soll laut Northvolt-Deutschlandchef Christofer Haux eine eigene Autobahn-Abfahrt zur Baustelle gebaut werden. Auch die Betriebszeiten auf der Baustelle sollen Haux zufolge so gestaltet werden, dass das Leben der Menschen in der Region möglichst wenig eingeschränkt wird. Auch während des Betriebs ist mit viel Liefer- und Pendelverkehr durch die Mitarbeitenden zu rechnen.
Northvolt hat ein verkehrstechnisches Gutachten erstellen lassen, auf dessen Basis entschieden werden soll, wie die Infrastruktur angepasst wird. Konkret beschlossen ist noch nichts. Das Unternehmen, der Kreis Dithmarschen sowie das Land Schleswig-Holstein geben jedoch an, sich insbesondere für den Ausbau der Marschbahn einzusetzen. Ein Gleisanschluss am Werk gehört zum Zehn-Punkte-Plan, den das Land zusammen mit der Bahn vorgestellt hat. Darüber hinaus soll die Marschbahn-Strecke von Hamburg nach Sylt abgekürzt werden: Der schleswig-holsteinische Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) bekräftigte bereits 2022, die sogenannte Horster Spange, also eine neue Schienentrasse zwischen Horst und Itzehoe realisieren zu wollen. Damit würde die Fahrzeit von Hamburg nach Heide um zehn Minuten verkürzt - und die Bahn für mögliche Pendler attraktiver.