Northvolt-Batteriefabrik: Auf der Zielgeraden zum Baurecht
Die bei Heide geplante Northvolt-Batteriefabrik hat eine Hürde genommen: Die Gemeindevertretung von Lohe-Rickelshof hat dem Entwurf für den Bebauungsplan zugestimmt. Bereits am Dienstag hatte die Gemeinde Norderwöhrden dem B-Plan-Entwurf zugestimmt.
Ob der schwedische Produzent für Elektroauto-Batterien wirklich auf Flächen der Gemeinden Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden (Kreis Dithmarschen) baut, Milliarden investiert, Tausende Arbeitsplätze schafft, ist unklar. Ob Europa Gelder für das Unternehmen bereitstellt und damit eine finale Entscheidung auslöst ebenso. Nur eines steht fest: Die Behörden vor Ort haben nun innerhalb eines Jahres die Bebauungsplan-Entwürfe erstellt. Das sei ein gutes Tempo, sagt der leitende Verwaltungsbeamte des Amtes Heider Umland, Björn Jörgensen.
Zwölf Gutachten
Damit die Pläne überhaupt erstellt werden konnten, mussten zwölf Gutachten angefertigt werden. Grundlage der Gutachten ist der Masterplan von Northvolt. Darin ist genau festgelegt, wie die Fabrik später einmal aussehen soll, wo Zufahrten geplant sind, wo die Werksfeuerwehr ihren Platz haben soll und so weiter. Die Gutachter sollten herausfinden, ob die Vorstellungen der Schweden auch auf den bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen umsetzbar sind.
Gutachten zu ehemaligen Erdölbohrungen war eine Herausforderung
Auf diesen Flächen gab es vom Zweiten Weltkrieg an bis in die 1980er-Jahre Erdölbohrungen. Alleine auf dem ausgeschriebenen Fabrikgelände entdeckten Gutachter 27 Bohrlöcher. Zunächst war unklar, welches Amt Aussagen zu den damaligen Bohrungen treffen kann. Denn in Schleswig-Holstein gibt es kein Bergbauamt, das für solche Angelegenheiten zuständig ist. Schließlich konnten Mitarbeiter des Bergbauamts in Niedersachsen Auskunft geben. Und die erste Reaktion war ernüchternd. In einem Radius von fünf Metern um die alten Erdöllöcher solle keine Bebauung stattfinden, hieß es von Seiten des Amtes.
Doch schlussendlich konnten Experten doch mehrere Lösungen finden. So könnten Bohrlochkeller, Gasdrainageschichten oder Neuverfüllungen dafür sorgen, dass der Betrieb nicht gefährdet wird. Durch die Maßnahmen können kein Restöl und keine Gase mehr austreten. Jedes Erdölloch wird einzeln betrachtet, um die jeweils passende Lösung anzuwenden.
Ein Dezibel mehr Schallimmission
In einem weiteren Gutachten sollte die Frage geklärt werden, ob die geplante Batteriefabrik alle Lärmgrenzen einhalten würde. Nicht unwichtig, denn nahe des Baufelds sind nicht nur Wohnhäuser, sondern auch das Westküstenklinikum Heide. Ein Krankenhaus hat noch empfindlichere Schallgrenzen als Wohnhäuser. Laut Schallgutachten würde durch den Fabrikbetrieb von Northvolt jedoch lediglich ein Dezibel, stellenweise auch weniger, an Schallimmission dazukommen. Das sei unerheblich, steht im Gutachten. Damit könnte der Investor aus Lärmschutzsicht seine Produktion an dieser Stelle bauen.
Ausfahrt Heide-West müsste erneuert werden
Die Bürgerinnen und Bürger der beiden vom Bau betroffenen Gemeinden äußerten sich immer wieder kritisch zu dem erwarteten erhöhten Verkehrsaufkommen. Hunderte Lkw erwartet der Batteriehersteller täglich. Dazu die bis zu 3.000 Angestellten, von denen einige mit dem Auto zur Arbeit kommen würden. Laut Verkehrsgutachten müssten zusätzliche Abbiegespuren an der B203 und zusätzliche Ampeln gebaut werden. Dann wäre die nötige Infrastruktur für den Betrieb geschaffen. Eine zusätzliche Ausfahrt der A23 kann laut Gutachten nicht gebaut werden, da laut Verkehrsministerium die Ausfahrten an Bundesautobahnen mindestens zwei Kilometer auseinander liegen müssen. Mit der jetzt schon bestehenden Ausfahrt Heide-West würde die neue Ausfahrt nichts bringen. Dafür müsste, wenn Northvolt wirklich baut, die bestehende Ausfahrt erneuert werden.
Auch, wenn die Verkehrsführung ohne zusätzliches Gleis zum Werk laut Gutachten funktionieren würde, möchte Northvolt nach wie vor einen Gleisanschluss bekommen. So könnten die fertigen Batterien und auch die nötigen Produkte für die Herstellung teilweise per Schiene statt über die Straße abtransportiert beziehungsweise angeliefert werden. Damit wäre die Verkehrsbelastung auf der Straße geringer.
Rauchschwalben und Moorfrösche müssen geschützt werden
Moorfrösche und Rauchschwalben leben unter anderem laut Kartierungen auf der geplanten Baufläche. Sie müssen laut Gutachten in einen Ersatzlebensraum umgesiedelt werden. Dafür hat Northvolt zum Beispiel schon ein sogenanntes Rauchschwalbenhaus in der Nähe gebaut. Darüber hinaus muss der Produzent, wenn er denn wirklich im Kreis Dithmarschen baut, Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz leisten - und ökologische Ausgleichsflächen kaufen.
Bei der Batterieproduktion wird auch mit gefährlichen Stoffen gearbeitet: In der Kühlungsanlage ist Ammoniak enthalten. Außerdem befindet sich in den Batterien ein Elektrolyt. Dieser Stoff ist entzündlich. Außerdem könnte Ammoniak austreten, wenn es ein Leck in einer Leitung geben würde. Diese Störfall-Szenarien betrachteten die Gutachter. Ihr Ergebnis: Die Folgen daraus wären kontrollierbar, ein sicherer Betrieb gewährleistet. Die Batterieproduktion wäre ein sogenannter Störfall-Betrieb der oberen Klasse. Deswegen mussten die Gutachter die oben beschriebenen Szenarien analysieren.
Pläne liegen aus
Nachdem die beiden Gemeinden Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden den Bebauungsplan-Entwürfen zugestimmt haben, werden diese ab dem 22. Mai für vier Wochen im Amt Heider Umland und auch online ausliegen. Dann dürfen sich erneut Privatpersonen und Träger öffentlicher Belange, wie zum Beispiel Umweltverbände, dazu äußern. Wenn es keine weiteren Einwände gibt, können die beiden Gemeinden die Satzungsbeschlüsse fassen. Damit hätte Northvolt Baurecht.
Die beiden Gemeinden und das Amt Heider Umland haben ihre Hausaufgaben erledigt. Jetzt sind noch die EU und Northvolt selbst an der Reihe. Das schwedische Unternehmen will nach eigener Aussage so schnell wie möglich, noch in diesem Jahr eine finale Entscheidung treffen.