Northvolt in SH: Warum einige Anwohner die Batteriefabrik ablehnen

Stand: 01.09.2023 08:46 Uhr

Das schwedische Unternehmen Northvolt will in Dithmarschen eine Batteriefabrik bauen. Bislang gab es in der Region große Zustimmung für das Milliarden-Projekt, doch nun regt sich Kritik bei einigen Anwohnern und Grundstücksbesitzern. Sie befürchten einen Verlust an Lebensqualität.

von Carsten Rauterberg

Grüne Wiesen, viele Sträucher und Bäume, Pferdekoppeln und einen fast unverbauten Blick - das gibt es noch im Heider Ortsteil Hochfeld. Viele Bürgerinnen und Bürger sind vor Jahren an den Rand der Dithmarscher Kreisstadt gezogen. Im Grünen wohnen, die Ruhe genießen und doch in wenigen Minuten in der Heider Innenstadt sein - das war auch das Ziel von Hans-Joachim Flicek und seiner Frau. Doch mit der Ruhe könnte es bald vorbei sein, wenn das schwedische Unternehmen Northvolt auf angrenzenden Flächen eine Batteriefabrik baut.

Landschaftsbild verändert sich

Heinz-Dieter Frank wohnt am Hochfelder Weg. Wenn die Batteriefabrik gebaut wird, ist das Produktionsgebäude 270 Meter von seinem Grundstück entfernt. "Das ganze Landschaftsbild hier bei uns in Hochfeld wird sich dann gewaltig verändern. Die Wohnqualität bleibt auf der Strecke, und das kann es doch eigentlich nicht sein, vor allem, dass man so dicht an einem Wohngebiet bauen will. Das ist untragbar für uns", ärgert sich Frank.

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Sonne wird hinter Gebäude verschwinden

Sein Nachbar Hans-Joachim Flicek möchte die Batteriefabrik vor der Haustür auch nicht und ergänzt :"Wir bekommen hier ein 25 Meter hohes Fabrikgebäude vor die Nase gesetzt, über mehrere Hundert Meter lang bis hin zur B203. Das ist aus heutiger Sicht völlig unvorstellbar." Und die Fabrik habe unmittelbare Folgen für seine Frau und ihn: "Durch das hohe Gebäude geht bei uns künftig die Sonne zwei Stunden eher unter als bisher."

Sorge vor Störfällen

Die Menschen in Heide-Hochfeld sorgen sich auch wegen möglicher Störfälle. Denn die riesige Batteriezellenfabrik auf dem 110 Hektar großen Gelände benötige unterschiedliche Rohstoffe für die Herstellung der Batteriezellen, unter anderem Lithium. "Das ist schon bei leichter Berührung sehr gefährlich.Verbrennungen und Verätzungen sind dann möglich, das ist nicht ohne", sagt Heinz-Dieter Frank.

Flicek ergänzt, schon bei kleineren Bränden auf dem Fabrikgelände hätten die Hochfelder ein Problem. "Wir hier am Hochfelder Weg liegen dann in der Hauptwindrichtung. Das ist dann als Allererstes für uns brenzlig."

Anwohner will nicht verkaufen

Felder und Wiesen bei Northvolt. © NDR
Anwohner der geplanten Northvolt-Fabrik, die ihre Flächen nicht verkaufen wollen, wollen häufig anonym bleiben. Man müsse damit leben, dass nicht alle "Hurra" schreien, sagt der Landrat.

Auch ein Landwirt aus Norderwöhrden ist alles andere als begeistert über den geplanten Bau der riesigen Batteriefabrik. NDR Schleswig-Holstein hat mit ihm gesprochen, seinen Namen möchte er öffentlich nicht nennen. Er möchte aus persönlichen Gründen nicht an Northvolt verkaufen. Die Firma musste deswegen ihre Baupläne im nördlichen Teil des Geländes anpassen, denn statt der eigentlich geplanten 150 Hektar stehen ihnen nun nur 110 Hektar zur Verfügung. Der Landwirt möchte in seiner ländlichen 300-Einwohner-Gemeinde wohnen bleiben. Er war jahrelang auch Gemeindevertreter in seinem Dorf, ist vor der Kommunalwahl zurückgetreten. Er ist der einzige Landbesitzer in Norderwörden, der nicht verkaufen möchte.

Neuenkirchener wehrt sich ebenfalls

Ein Bürger aus Neuenkirchen weigert sich ebenfalls zu verkaufen. Auch er möchte anonym bleiben. Seine Flächen liegen nördlich vom eigentlichen Fabrikgelände, aber über seine Wiesen soll der geplante Bahnanschluss laufen. Der Mann lebt seit 25 Jahren auf seinem Resthof und möchte dort wohnen bleiben. Verkaufen will er nicht, egal welche Summe ihm Northvolt biete. Ein Sprecher von Northvolt sagte dazu, das Unternehmen prüfe derzeit mehrere Optionen für einen Trassenverlauf. Dem Anwohner aus Neuenkirchen habe Northvolt noch gar kein konkretes Angebot gemacht.

Landrat Mohrdieck bittet um Verständnis

Dithmarschens Landrat Stefan Mohrdieck (parteilos) kennt die Probleme der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner in Heide-Hochfeld, Norderwöhrden und Neuenkirchen. Er sagt: "Wir müssen das respektieren, dass nicht alle 'Hurra' schreien angesichts der Batteriefabrik. Wir dürfen da nicht von oben herab die Pläne einfach umsetzen. Wir müssen da mit den Landwirten und mit den Eigentümern ins Gespräch kommen. Wir wollen das ja für die Region entwickeln, und nicht gegen die Menschen, die hier leben."

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Neue Gesellschaft soll bei Flächenentwicklung helfen

Northvolt hat mit den Landbesitzern des eigentlichen Fabrikgeländes bereits Vorverträge geschlossen. Doch es werden noch mehr Grundstücke benötigt, unter anderem für Zulieferbetriebe oder als ökologische Ausgleichsflächen. Helfen bei der Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Flächen zu Industrieflächen soll künftig eine neue Gesellschaft. Der Kreis Dithmarschen gründet dafür jetzt die "Grundstücksentwicklungsgesellschaft Westküste". Der Finanzausschuss hat in dieser Woche bereits grünes Licht gegeben, den endgültigen Beschluss trifft dann der Dithmarscher Kreistag Ende September.

Immer noch keine endgültige Investitionsentscheidung

Während sich die Region weiter vorbereitet, einige Anwohnerinnen und Anwohner den Bau kritisieren und einige Landwirte nicht verkaufen wollen, fehlt nach wie vor die finale Entscheidung von Northvolt für das 4,5-Milliarden-Projekt vor den Toren Heides. Das schwedische Unternehmen wartet unter anderem auf eine Entscheidung der EU-Kommission in Sachen Beihilferecht. Dabei geht es vor allem um die Genehmigung einer Millionen-Förderung der Gigafactory durch den Bund und das Land Schleswig-Holstein. Zum Zeitfenster einer Entscheidung sagte Northvolt-Sprecher Martin Höfelmann: "Die endgültige Investitionsentscheidung soll so schnell wie möglich und in diesem Jahr fallen."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 31.08.2023 | 19:30 Uhr

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