Abends im Museum: Sex, Drugs and Rock 'n' Roll im Tierreich
Kiffende Delfine, grüne Faultiere und gepanzerte Maulwürfe: Das Zoologische Museum Kiel bietet zurzeit exklusive Einblicke in seine Archive und überrascht mit unglaublichen Geschichten aus der Tierwelt.
Museumsdirektor Prof. Dirk Brandis hält nicht viel von verstaubten Präparaten und leblosen Ausstellungen. Er möchte mit außergewöhnlichen Führungen Spaß an der Zoologie und verrückten Vielfalt der Natur wecken. Dafür präsentiert er an einem Mittwochabend im Monat ganz besondere Tiere aus den Archiven des Museums. Denn das Zoologische Museum in Kiel ist allen voran ein Forschungsinstitut und in Besitz riesiger Sammlungen. Sechs Millionen Objekte aus vier Jahrhunderten haben hier ihr Zuhause und sind normalerweise ausschließlich der Forschung vorbehalten. Jetzt dürfen Besucherinnen und Besucher diese Tiere sogar anfassen.
Delfine im Delirium durch Kugelfische
"Wir gehen durch die Sammlungen, gucken, was wir haben und so entstehen Ideen", sagt Prof. Brandis. Er und sein Team kennen sich aus mit der Biologie der Tiere und wählen die spannendsten Objekte für die Führungen. An erster Stelle steht das Staunen über die Natur und ihre einzigartige Vielfalt. Dafür bringen sie außergewöhnliche Geschichten ans Licht. Zum Beispiel nutzen Delfine Kugelfische, um high zu werden. "Kugelfische haben ein ganz starkes Gift und das schlucken sie", erklärt Prof. Brandis. "Und dann geben sie den Kugelfisch an den nächsten Delfin weiter, der macht das Gleiche und zum Schluss wird er wieder freigelassen und die Delfine sind alle so ein bisschen in einer anderen Welt für eine Weile. Dazu brauchen wir Sammlungen, um diese Geschichten zu erzählen."
Ein Faultier wird Star des Abends
Bei der ersten Führung überrascht ein Tier ganz besonders. Mit langen, zotteligen Armen hängt es kopfüber an einem Ast. "Einer der spannendsten Fakten ist, dass das Faultier mit Algen im Fell zusammenlebt und ohne diese Algen nicht überlebensfähig ist, weil es sie auch als Nahrung nutzt. Und wenn es regnet, ergrünen die Faultiere und das ist gleichzeitig eine Tarnung." Aber das sei noch nicht alles, so der Museumsdirektor. Die Algen wiederum überleben nur, weil eine Motte auf dem Faultier lebt, die das Fell düngt. Die Motten brauchen das Faultier, um sich weiterzuentwickeln, beziehungsweise dessen Kot. Sie legen ihre Eier in den Exkrementen ab und die geschlüpften Raupen fressen den Kot. Nach dem Verpuppen suchen sich die neuen Motten das nächste Faultier. "Von wegen faul", lacht Prof. Brandis. "Ich nenne das hochangepasst an eine ganz besondere Lebensform."
Verrückte Vielfalt: Gepanzerter Maulwurf oder Gürteltier?
Eine Tür weiter steht ein Raum voller Gürteltiere bereit. Alle tragen einen Panzer, sonst haben die Tiere äußerlich nicht viel gemeinsam. Eins ist so groß wie ein Schaf und umgeben von lederner Haut, ein anderes hat weißes Fell und passt gerade mal auf die Handfläche. "Gürteltiere sind eine der ältesten Säugetiergruppen überhaupt", erklärt Prof. Brandis. Seit Millionen von Jahren haben sie sich so verändert, dass die Arten heute sehr unterschiedlich aussehen. Der Gürtelmull sei einer seiner Favoriten. "Das ist ein kleines Gürteltier. Es sieht aus wie ein gepanzerter Maulwurf. Seinen gepanzerten Hintern nutzt er, um Erde, die er mit den Schaufeln weggeschaufelt hat, wie so eine Planierraupe hinten aus dem Loch herauszuschieben."
Das Zoologische Museum Kiel wurde in das bedeutendste Sammlungsarchiv der Welt aufgenommen. Hinter jedem Tier verbirgt sich eine unglaubliche Geschichte. Die Gäste sind begeistert und dürfen die Exemplare sogar anfassen. In den kommenden Monaten geht es weiter mit Paradiesvögeln, Sternen unter(m) Kiel und Tieren, die sich gerne mal betrinken und Party machen.