Lern-Lücken bei Grundschülern: Land will Ursachen finden
Der IQB-Bildungstrend hatte aufgedeckt, dass sich Grundschüler in vielen Bereichen im Vergleich zum Stand vor zehn Jahren verschlechtert hatten. Das Land will nun die Ursachen untersuchen. Die Opposition fordert weitere Schritte.
Nachdem im Oktober der IQB-Bildungstrend Schleswig-Holsteins Grundschülern nur mittelmäßige Leistungen bescheinigte, waren das am Mittwoch Thema im schleswig-holsteinischen Landtag. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) kündigte an, dass nun gemeinsam mit Schulen und Hochschulen nach Ursachen gesucht werden solle, warum Kinder bei wichtigen Kompetenzen immer größere Lücken haben.
Prien: Corona nicht der einzige Grund für Defizite
Der IQB-Bildungstrend hatte aufgedeckt, dass sich Viertklässlerinnen und Viertklässler in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik und Rechtschreibung im Vergleich zum Stand vor zehn Jahren verschlechtert hatten. Die Autorinnen und Autoren der Studie sahen unter anderem die Corona-bedingten Einschränkungen an Schulen als Grund.
Die Auswirkungen der pandemiebedingten Schulschließungen seien deutlich sichtbar geworden, sagte Bildungsministerin Prien am Mittwoch. Corona allein sei allerdings nicht der nicht der Grund für die Lern-Defizite. Nach der Veröffentlichung der Studie hatte die Ministerin auf einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund und eine hohe Inklusionsquote hingewiesen. Das seien große Herausforderungen für die Lehrkräfte.
Grüne: Lehrkräftemangel großes Probelm
Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Malte Krüger, betonte, beim Thema Inklusion dürften die Ergebnisse nicht missinterpretiert werden. "Ja, wir haben eine immer heterogenere Schülerinnen- und Schülerschaft", sagte er. "Aber es ist eben nicht der Inklusionsgedanke, welcher für den Kompetenzabfall an Grundschulen verantwortlich ist." Für die Aufarbeitung der Studienergebnisse brauche es ein Konzept zur besseren Nutzung von Daten von Schulen. Ein großes Problem sei außerdem der Lehrkräftemangel.
SPD: Unterricht verbessern, mehr Aufholprogramme
SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat warf Prien vor, sie mache es sich zu leicht, die schlechten Ergebnisse auf Inklusion und Migration zu schieben. "Ja, unsere Grundschulen sind in einer Krise. Aber das liegt nicht an der Inklusion und nicht an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Eher liegt es an der Umsetzung der Inklusion durch die zuständige Ministerin und die Zur-Verfügung-Stellung notwendiger Ressourcen." Die Qualität des Unterrichts müsse zunehmen.
FDP: Mathe und Deutsch von Fachkräften unterrichten
Man müsse die Ergebnisse der Studie äußerst ernst nehmen, sagte der Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher der FDP, Christopher Vogt. Es sei "ein erhebliches Gegensteuern" der Landesregierung nötig. Die FDP fordert, dass Mathe und Deutsch auch an Grundschulen von Fachkräften unterrichtet werden müssen. Außerdem verlangt sie wieder flächendeckende Schuleingangs- und Sprachtests, um Förderberdarf bei Grunddschülern möglichst früh zu erkennen.
SSW: Chancengleichheit wichtiges Thema
Das fordert auch der SSW. Die bildungspolitische Sprecherin Jette Waldinger-Thiering betonte außerdem, man müsse sich den Themen Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit zu widmen. "Es darf nicht sein, dass uns Schülerinnen und Schüler systematisch abhanden kommen, wo es zu Hause an Ressourcen mangelt", sagte sie. SPD, FDP und SSW kritisieren zudem, dass bisherige Aufholprogramme nicht ausreichen.
Probleme vor allem in Mathe und Rechtschreibung
Der IQB-Bildungstrend hatte den Leistungsstand von Viertklässlerinnen und Viertklässern in ganz Deutschland untersucht. Die Kinder aus Schleswig-Holstein schnitten dabei im Zuhören und Lesen zwar besser ab als Gleichaltrige in anderen Bundesländern. Vor allem in Mathematik und Rechtschreibung waren die Defizite jedoch größer, Schleswig-Holstein landete hier im Ländervergleich auf den Plätzen neun und zehn. Außerdem gibt es laut dem Bildungstrend in allen vier Kompetenzbereichen immer mehr Kinder, die nicht einmal die Mindestandards erreichen - auch in Schleswig-Holstein. Zudem verstärkten sich soziale Ungleichheiten.