Landtag verabschiedet heiß diskutierten Landeshaushalt
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat den umstrittenen Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet. CDU, Grüne und SSW votierten für den knapp 18 Milliarden Euro umfassenden Etat. Unterdessen bereiten SPD und FDP eine mögliche Klage vor dem Landesverfassungsgericht vor, da sie den Haushalt weiterhin für verfassungswidrig erachten.
Der Haushalt ist bewilligt und könnte nun ein Fall fürs Gericht werden. Ein Gutachter soll für die beiden Oppositionsfraktionen überprüfen, ob der Haushalt mit der Verfassung vereinbar ist. Man behalte sich vor, eine Normenkontrollklage anzustrengen, betonten die Fraktionschefs von SPD, Serpil Midyatli, und FDP, Christopher Vogt. Bedenken gibt es vor allem mit Blick auf die Notkredite in Höhe von 1,5 Milliarden Euro und darüber, ob sachliche und zeitliche Zusammenhänge zu den angeführten Notlagen gegeben sind. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) reagierte indes gelassen auf die Ankündigung der Opposition. Er halte den Haushalt für verfassungskonform - es sei das Recht der Opposition zu klagen.
Kontroverse Diskussionen bis in den Abend
Es ist das Königsrecht des Parlamentes - die Entscheidung über den Haushalt des Landes. Dass die Debatte darüber von der Opposition häufig für eine Generalabrechnung mit dem Kurs der Regierung genutzt wird, hat Tradition. Dennoch: So kontrovers wurde über einen Etatentwurf der Regierung in den vergangenen Jahren selten diskutiert.
In der Haushaltsdebatte, die bis in den Abend andauerte, sagte SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli, wenn man Zweifel habe, sei es die Pflicht, eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht zu prüfen. Diese Prüfung werde man vornehmen, wenn heute der Haushalt beschlossen wird. "Heute beraten wir nicht nur den Haushalt 2024, heute beraten wir das Ergebnis von sieben Jahren schwarz-grüner Finanzpolitik", so Midyatli. Schleswig-Holstein stecke in der Haushaltskrise.
Grüne und CDU hingegen verteidigten den Entwurf und haben keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit: Knapp 18 Milliarden Euro möchte die schwarz-grüne Landesregierung in diesem Jahr ausgeben. Weil die Einnahmen nicht ausreichen, plant die Koalition mit neuen Schulden in Höhe von mehr als 1,6 Milliarden Euro - größtenteils aus Notkrediten.
FDP-Fraktionschef Vogt: "Haushalt ist Bankrotterklärung von schwarz-grün"
Für die FDP ist der Haushalt nicht tragfähig. Fraktionschef Christopher Vogt sagte in der Generaldebatte, schon beim Haushaltsentwurf für dieses Jahr äußerst skeptisch gewesen zu sein, ob dieser einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde. "Aber mit Ihrer umfassenden Nachschiebeliste, mit der Sie weitere rund 900 Millionen Euro neue Schulden machen wollen, haben Sie wirklich jedes Maß verloren. Dieses Paket schießt wirklich den Vogel ab."
Die Kritik der FDP erzürnt sich vor allem an den geplanten neuen Schulden in Höhe von etwa 1,65 Milliarden Euro großteils über Notkredite. Vogt hält nach eigener Aussage sowohl den Umfang als auch die Verwendung der Notkredite für schwierig und nicht verfassungskonform. Der vorgelegte Haushalt sei eine Bankrotterklärung von schwarz-grün.
SPD lehnt Haushalt ab
Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) betonte in der Diskussion um den Haushalt bereits Ende Februar, ihre Fraktion könne dem Haushalt nicht zustimmen. Gleiches gelte für den Notkredit. "Wir haben begründete Zweifel, gerade was die Ausgestaltung der Notkredite angelangt, dass sie nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil überhaupt so zu ziehen sind."
SSW stimmt mit den Regierungsparteien
Gänzlich anders sieht das SSW- Fraktionschef Lars Harms. Seines Erachtens werden die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, genau im schwarz-grünen Etatentwurf eingehalten. Er sagte im Landtag: "Erfüllt dieser neue Notkredit für 2024 nun also die sehr strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils? Hier noch einmal ganz klar die Antwort, nämlich: Ja!" Seiner Meinung nach hätten die Menschen bei so massiver Kritik durchaus erwarten können, dass die SPD und die FDP Vorschläge für einen aus ihrer Sicht verfassungskonformen Haushalt vorgelegt hätten. "Aber dann hätte man ja auch die Einschnitte im Haushalt vorlegen müssen, die automatisch damit verbunden wären. Dazu hatten SPD und FDP offensichtlich keine Lust!"
Im Vorfeld hatte der SSW auch eigene Haushaltsanträge eingebracht und bei der schwarz-grünen Koalition minderheitspolitische Projekte in den Haushalt aushandeln können. So sollen unter anderem die dänischen und friesischen Minderheiten mehr Geld erhalten.
CDU und Grüne stehen hinter Etatentwurf der Landesregierung
CDU und Grüne unterstützen den finanzpolitischen Kurs der Landesregierung. Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter sagte in der Debatte: "Ich bin davon überzeugt, dass dieser Haushaltsentwurf und auch die Notkredite verfassungskonform sind." Er sehe der Frage, ob es am Ende zu einer Klage kommt oder nicht gelassen entgegen. Petersdotter räumte ein, dass die Aufstellung eines Haushaltes noch nie so schwer gewesen sei wie in den vergangenen Jahren. "Der vorliegende Haushaltsentwurf muss mit nahezu identischen Steuereinnahmen wie im Jahr 2022 auskommen", sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. "Seit zwei Jahren erleben wir kein Wachstum der Steuereinnahmen mehr, sondern Stagnation."
Landesrechnungshof übt scharfe Kritik an Haushaltsplan
Als nicht solide und nachhaltig wertete der Landesrechnungshof die geplante hohe Neuverschuldung der schwarz-grünen Koalition. "Die hohe Verschuldung paart sich mit einer vergleichsweisen geringen Wirtschaftskraft", so Rechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer in einer Stellungnahme. Sie sieht dadurch die Tragfähigkeit der Landesfinanzen gefährdet. Schäfer bezweifelt, dass die Folgen der Corona-Pandemie auch in diesem Jahr noch eine tragfähige Begründung für eine Notlage darstellen. Außerdem kritisierte sie, dass die Ansiedlung des Batterieherstellers Northvolt bei Heide mit 137 Millionen Euro aus einem Notkredit gefördert werden soll.
Steuerzahlerbund rät Abgeordneten, den Haushalt abzulehnen
Geht es nach dem Steuerzahlerbund, dann sollten die Abgeordneten den Haushalt ablehnen. In einem Brief an alle Abgeordneten mahnte Präsident Alois Altmann, das Grundgesetz und die Landesverfassung stünden zweifelsfrei über jedem noch so gut gemeinten politischen Gestaltungswillen und allen anderen Überlegungen. "Deshalb sind Sie in der Pflicht, den vorliegenden Haushaltsentwurf abzulehnen." Seines Erachtens entsprechen Umfang, Zweckbindung und zeitlicher Zusammenhang der vorgesehenen Notkredite nicht den Anforderungen der Verfassung.