Landtag in SH beschließt Haushaltsnotlage für 2023 und 2024
Der schleswig-holsteinische Landtag hat offiziell die Haushaltsnotlage für dieses und das kommende Jahr festgestellt. Damit gibt es wieder etwas mehr Handlungsspielraum für die schwarz-grüne Landesregierung.
Die Feststellung der Haushaltsnotlage soll wieder Zahlungen aus Notkrediten ermöglichen. Bereits am Mittwoch hatte es dazu eine Debatte gegeben. SPD und SSW unterstützten den Antrag von CDU und Grünen, die FDP war dagegen. Darin begründen sie diesen Schritt mit dem Aufeinandertreffen mehrerer Krisen: die Auswirkungen der Corona-Pandemie, den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sowie die Schäden der schweren Ostsee-Sturmflut.
DasHaushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts in der vergangenen Woche hatte auch Folgen für die Bundesländer: So wird auch in Schleswig-Holstein auf Mittel aus dem Ukraine-Notkredit zurückgegriffen - dieser war für mehrere Haushaltsjahre beschlossen worden, was laut dem Urteil aus Karlsruhe rechtswidrig ist. Demnach müssen Haushaltsmittel, die aufgrund einer erklärten Notlage aufgenommen wurden, im entsprechenden Haushaltsjahr ausgegeben werden und nicht erst in den Folgejahren. Eine Notlage muss jährlich begründet werden. Nach dem Urteil in der vergangenen Woche hatte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) alle Zahlungen aus Notkrediten im Land gestoppt.
Schuldenbremse wird umgangen
Durch die nun erklärte Notlage in Schleswig-Holstein können Mittel beispielsweise für die Krankenhausfinanzierung oder den Schulbau auch nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts wie geplant aus den Corona- oder Ukraine-Notkrediten fließen. Denn mit der Feststellung einer Haushaltsnotlage wird die Schuldenbremse umgangen - so können neue Kredite aufgenommen oder Mittel aus bestehenden Notkrediten ausgegeben werden - auch wenn dafür normalerweise kein Spielraum mehr wäre.
CDU und Grüne führen außergewöhnliche Notsituation an
CDU-Fraktionschef Tobias Koch begründete die Haushaltsnotlage mit einer außergewöhnlichen Notsituation, die die Finanzlage erheblich belaste. Innerhalb von sieben Tagen habe man die Konsequenzen aus dem Urteil gezogen und die Handlungsfähigkeit des Landes wiederhergestellt, so Koch. Lasse Petersdotter von den Grünen sagte, die Erkenntnislage habe sich geändert - man müsse nun jährlich eine Notlage begründen. Finanzministerin Heinold erklärte, sie habe auch einen Nachtragshaushalt für 2023 geprüft. Dieser sei aus verschiedenen Gründen aber nicht möglich. SPD-Oppositionsführer Thomas Losse-Müller unterstützte den Vorschlag der Regierungskoalition ebenso wie der SSW.
Mittel für Northvolt und Schuldenabbau
Durch den Beschluss will die Landesregierung auch Finanzierungen absichern, zum Beispiel für die Ansiedlung des schwedischen Unternehmens Northvolt in Dithmarschen. Der Landtag hat beschlossen, bis zu 137 Millionen Euro aus dem Ukraine-Notkredit bereitzustellen, falls die Förderung noch 2023 fließen muss. Außerdem sollen Mittel aus Sondervermögen auch in den Schuldenabbau fließen. Heinold hatte bereits angekündigt, zum Jahresende sämtliche aus Notkrediten stammenden Mittel in Rücklagen und Sondervermögen zum Schuldenabbau zu nutzen.
FDP wirft Landesregierung Verfassungsbruch vor
Kritik kommt von der FDP. Diese warnte davor, nun jährlich eine Notlage zu beschließen und warf der schwarz-grünen Koalition erneut Verfassungsbruch vor. Nach Ansicht ihrer finanzpolitischen Sprecherin Annabell Krämer sind sämtliche Kreditermächtigungen nach dem Urteil aus Karlsruhe bereits im vergangenen Jahr ausgelaufen. Nur durch einen Nachtragshaushalt könne der Haushalt 2023 daher verfassungskonform gestaltet werden. Eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht ist dennoch unwahrscheinlich, da dazu zwei Fraktionen nötig wären.
Ampel in Berlin will Nachtragshaushalt einbringen
Auch die Ampel-Koalition in Berlin will wegen des Karlsruher Haushaltsurteils für dieses Jahr einen Nachtragshaushalt einbringen. So sollten Kredite für die bereits ausgezahlten Energiepreisbremsen nachträglich rechtlich abgesichert werden, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag in Berlin.