Haushaltsdebatte im Landtag: Schwarz-Grün will Notlage, FDP nicht
Die Folgen des Karlsruher Urteils waren auch am Mittwoch Thema im schleswig-holsteinischen Landtag. Während CDU und Grüne ihre Finanzplanung verteidigten, kritisierte die FDP das "Weiter so" des Landes scharf.
Es war eine lebhafte Debatte, die die Abgeordneten des Landtags am Mittwoch über den Finanzkurs des Landes führten. Im Kern ging es um den künftigen Umgang des Landes mit Notkrediten und Sondervermögen. Die Opposition aus SSW und FDP hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Sie wollten wissen, welchen Finanzkurs die Landesregierung jetzt einschlagen will.
Regierungskoalition verteidigt Finanzkurs
Vertreter der schwarz-grünen Koalition verteidigten den aktuellen Weg. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte: "Krisen kennen keine Kalendermonate." Es sei in den letzten Krisenjahren wichtig gewesen, Sicherheit zu vermitteln, und das habe man geschafft. Man habe im Vergleich zum Bund keine Fehler gemacht, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende, Lasse Petersdotter. "Wir haben hier keine Notkredit-Mittel umgeschichtet". Die Leitlinien, die mit dem Urteil veröffentlicht wurden, hätten hingegen weitreichende Folgen für das Land.
Heinold: Müssen uns bezüglich "Jährlichkeit" neu aufstellen
"Das Urteil gibt uns verschiedene Aufgaben mit auf den Weg", sagte Heinold. So müsse man sich in der Finanzplanung hinsichtlich der Jährlichkeit und Jährigkeit neu aufstellen. Demnach dürfen Kredite, die für eine Notsituation aufgenommen wurden, auch nur im Jahr der Notsituation ausgegeben werden. Es werde herausfordernd, so Petersdotter, dass Mittel über einen Zeitraum von mehreren Jahren verausgabt werden können, ohne dass jedes Jahr eine neue Notlage beschlossen wird.
CDU und SPD wollen Notlage für 2023 und 2024 feststellen
CDU und Grüne hatten bereits im Vorfeld angekündigt, eine außergewöhnliche Notsituation für 2023 und 2024 feststellen zu wollen. Mit Beschluss der Notlage könnten im Anschluss Notkredite aufgenommen und ein Nachtragshaushalt gebildet werden, der die fehlenden Mittel bereitstellt. Eine Notlage für den Haushalt kann dann festgestellt werden, wenn die laufenden Ausgaben auf lange Sicht nur durch Aufnahme von Krediten gedeckt werden können.
Heftige Kritik kommt von der FDP
Laut der finanzpolitischen Sprecherin der FDP, Annabell Krämer, wurde mit dem Urteil in Karlsruhe auch in Schleswig-Holstein ein Schlussstrich unter den bisherigen Umgang mit Notkrediten gezogen. "Die Bevorratung von Notkrediten in Sondervermögen ist verfassungswidrig", sagte Krämer. Zusätzlich warnte sie davor, nun jährlich die Notlage zu beschließen. Sie forderte, dass das Finanzministerium das Urteil akzeptieren und entsprechend handeln solle.
Vogt: "Werden keinen Blankoscheck ausfüllen"
Christopher Vogt, FDP-Fraktionsvorsitzender, sagte an die Landesregierung gerichtet: "Sie greifen weiter in die Trickkiste." Es dürfe nicht sein, dass Ausnahmesituationen, die von der Schuldenbremse gewährt werden, wiederholt ausgenutzt würden. Man könne deshalb dem Beschluss einer Haushaltsnotlage für 2023 und 2024 nicht zustimmen. Vogt: "Wir werden keinen Blankoscheck ausfüllen." Anders als die FDP gaben SPD und SSW grünes Licht und kündigten ihre Zustimmung für den Beschluss am Donnerstag an.
SPD fordert Reform der Schuldenbremse
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thomas Losse-Müller, forderte in der Landtagssitzung, die Schuldenbremse zu reformieren. "Wir brauchen Investitionen. Deshalb müssen wir die Schuldenbremse reformieren, wenn wir einen funktionierenden Staat haben wollen, der seinen Job macht." Die Schuldenbremse sei eine Wachstumsbremse, sagte Losse-Müller. "Sie ist ein deutscher Fetisch geworden." Unterstützung bekam er von Lasse Petersdotter. Auch die Grünen würden eine Reform der im Grundgesetz verankerten Regelung begrüßen.
Koch: "Northvolt-Förderung steht nicht zur Disposition"
Am Rande der Landtagssitzung wurde auch die Ansiedlung einer Batteriezellenfabrik von Northvolt diskutiert. CDU-Fraktionschef Tobias Koch machte deutlich: "Die Landesförderung für Northvolt steht nicht zur Disposition." Das Projekt diene der schnelleren Erlangung der Energieunabhängigkeit. Deshalb sei die Förderung auch über den Ukraine-Notkredit zulässig, so Koch. Allerdings werde das laut Gerichtsurteil nun jährlich zu prüfen sein. Für Christopher Vogt (FDP) handele es sich bei der Ansiedlung nicht um einen Notfall. Deshalb müsse sie statt über Notkredite über den normalen Haushalt finanziert werden. Vogt: "Der Klimaschutz ist eine staatliche Daueraufgabe, die Ansiedlung eines Unternehmens ebenfalls."
Berliner Haushaltsbeben auch in Schleswig-Holstein spürbar
Auslöser für die Haushaltsdebatte war eine rückwirkende Haushaltsänderung des Bundestages Anfang 2022. 60 Milliarden Euro, die vorgesehen waren, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, wurden per Nachtragshaushalt auf den heutigen Klima- und Transformationsfonds übertragen. Diese Umschichtung erklärte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für verfassungswidrig.
Zahlungen aus Notkrediten gestoppt
Bereits vergangene Woche, nachdem das Urteil bekannt wurde, hatte die Landesregierung alle Zahlungen aus Notkrediten gestoppt. Das betrifft konkret Gelder für Flüchtlingsunterkünfte oder für Klimaschutzprogramme. Wie lange die Zahlungen gestoppt bleiben, ist nicht klar. Sollte der Haushaltsnotstand am Donnerstag beschlossen werden, könnte der Stopp entfallen. Zudem kündigte Finanzministerin Monika Heinold an, man wolle zum Jahresende sämtliche aus Notkrediten stammende Mittel in Rücklagen und Sondervermögen zum Schuldenabbau nutzen. Insgesamt beläuft sich die Höhe der Schulden des Landes auf rund 33 Milliarden Euro.