Landesweite Busstreiks in SH gestartet
Im Tarifkonflikt im privaten Busgewerbe in Schleswig-Holstein geht der Kampf weiter: Am Mittwoch fielen in weiten Teilen des Nordens die Busse aus. Weitere Streiks sind laut ver.di jederzeit möglich.
- Welche Linien in SH könnten betroffen sein
- Warum Busse im Kreis Pinneberg fahren
- Der Tarifstreit zwischen Ver.di und OVN
- Anderer Busstreik im Kreis Plön
Die Gewerkschaft ver.di hat ihre Ankündigung wahr gemacht: Mit Beginn der Frühschicht waren am Mittwochmorgen die Beschäftigten der Betriebe des Omnibusverbands Nord bis zum Dienstende zum Streik aufgerufen. "Wir bekommen aus den meisten Standorten die Rückmeldungen, dass ein Großteil der Verkehre auch steht", sagte ver.di-Sprecher Frank Schischefsky am Mittwoch. Es gab laut dem Sprecher aber immer mal vereinzelt Busse, die fuhren.
Busse im Kreis Pinneberg trotz Streik unterwegs
Im Kreis Pinneberg fuhren am Mittwoch trotz Streik viele Busse der Pinneberger Kreisverkehrsgesellschaft (KviP). Nach Angaben der KviP mache das eine Vereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und den Beschäftigten möglich. Demnach sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab sofort mehr Geld bekommen - und zwar bis es einen Tarifabschluss gibt. Die Gewerkschaft ver.di reagierte erstaunt: Das Argument des Omnibusverbandes Nord (OVN) sei bisher, dass kein Geld vorhanden sei, um Löhne zu erhöhen. Die Vereinbarung bei der KviP sei der Beweis, dass das Geld da sei, so Schischefsky.
ÖPNV in kreisfreien Städten fährt
Schon am Montag hatte die Gewerkschaft ver.di mitgeteilt, dass die Streiks nun jederzeit und überall im Land stattfinden können - nicht betroffen seien die Betriebe der vier kreisfreien Städte, wie zum Beispiel die KVG in Kiel. Auf den Strecken, auf denen aber die Autokraft in die Stadt hineinfährt, könne es zu Ausfällen kommen.
Autokraft wird einzelne Verbindungen voraussichtlich befahren
Die Autokraft GmbH hat auf ihrer Internetseite Streikfahrpläne für den Kreis Ostholstein und den Kreis Rendsburg-Eckernförde veröffentlicht. Darin werden Verbindungen aufgeführt, die "trotz Streik voraussichtlich durchgeführt werden".
Auch bei der Ahrensburger Busgesellschaft mbH (Kreis Stormarn) und der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (Kreis Pinneberg) gibt es Fahrten, die laut der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH trotz des Streiks planmäßig verkehren:
- Linie 374 Bf. Bargteheide - S Poppenbüttel
- Linie 574 Schülerbeförderung Bergstedt
- Linie 627 (Nachtbusverkehr in der Nacht von Freitag auf Sonnabend)
- Linie 776 Schülerbeförderung GS Wöhrendamm - Meilsdorf
- Linie 776 Schülerbeförderung Reinbek / Glinde - Berufliche Schulen Ahrensburg
OVN: In den meisten Mitgliedsunternehmen gibt es keinerlei Streiks
Zum Omnibusverband Nord gehören rund 80 private Omnibusunternehmen aus Hamburg und Schleswig-Holstein mit etwa 1.700 Bussen. Doch aus Sicht des OVN sind üblicherweise lediglich sechs bis acht Mitgliedsunternehmen vom Streik betroffen - in den meisten Mitgliedsunternehmen gebe es keinerlei Streiks, teilte OVN-Geschäftsführer Joachim Schack am Mittwoch mit. Daher fänden gerade im landesweiten Schülerverkehr die vorgesehenen Busfahrten vielfach ganz regulär statt. Hier sollten sich Fahrgäste stets mit dem jeweiligen Busunternehmen in Verbindung setzen beziehungsweise sich auf dessen Webseite erkundigen.
Ver.di-Verhandlungsführer: "Eine andere Möglichkeit haben wir als Gewerkschaft nicht"
Ver.di wendet ein, dass die genannten sechs bis acht Betriebe allerdings etwa 80 Prozent der Busfahrer und Busfahrerinnen ausmachen würden, den Großteil im Verband. Der Verhandlungsführer von ver.di Nord, Sascha Bähring, machte noch einmal deutlich, warum kein Weg an den Streiks vorbeiführe: "Wir haben einen klaren Auftrag der Mitglieder in den Betrieben bekommen, in den sogenannten Erzwingungsstreik zu gehen. Eine andere Möglichkeit haben wir als Gewerkschaft nicht, wenn Arbeitgeber so brutal einen ausgehandelten Kompromiss abräumen."
Urabstimmung war eindeutig
In einer Urabstimmung hatten zuvor fast 99 Prozent der stimmberechtigten ver.di-Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben in Schleswig-Holstein für eine Ausweitung des Arbeitskampfes, also unbefristete Streiks, gestimmt.
OVN kritisiert Streiks, ist aber zu Gesprächen mit ver.di bereit
"Streiks bleiben auch weiterhin überflüssig und sinnlos", schrieb OVN-Verhandlungsführer und Vorsitzender Klaus Schmidt auf die Streikankündigung von ver.di. Sie würden nur diejenigen schaden, die auf dem Land auf den ÖPNV angewiesen wären. Der OVN lädt deshalb in der kommenden Woche am Montag (11.11.) zu Gesprächen ein. Schmidt hofft auf eine baldige Einigung, verweist aber gleichzeitig auf die aktuellen Kürzungen des Landes im öffentlichen Nahverkehr.
Zurückgezogener Tarifvertrag sorgte für Warnstreiks
Hintergrund der Streiks ist ein geplatzter Tarifvertrag: Die ursprüngliche Einigung zwischen ver.di und OVN sah eine Erhöhung der Entgelte um 275 Euro und die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 850 Euro vor. Schon im Frühjahr hatten sich die Gewerkschaft und die Arbeitgeberseite zudem darauf geeinigt, dass die wöchentliche Arbeitszeit spätestens mit den neuen Ausschreibungen der Linien auf 37,5 Stunden sinkt.
Der OVN hatte jedoch seine feste Zusage überraschend wieder zurückgezogen. Die Begründung: Die Landesregierung hatte nach Angaben des Verbandes weniger Geld für den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung gestellt. Der neue Tarifvertrag sei damit nicht mehr zu finanzieren. Die Beschäftigten des privaten Busgewerbes hatten deshalb mehrfach ihre Arbeit niedergelegt, zuletzt erst Mitte Oktober.
Warnstreik am Donnerstag bei Verkehrsbetrieben Kreis Plön
Zum privaten Bussektor gehören nicht die Verkehrsbetriebe Kreis Plön (VKP), für die ein anderer Tarifvertrag gilt. Fahrgäste der VKP müssen sich allerdings heute Alternativen suchen. Denn ver.di hat die Beschäftigten in den Betriebshöfen Schönberg, Plön, Preetz, Lütjenburg, Kiel und Bornhöved zu einem Warnstreik am Donnerstag (7.11.) aufgerufen. In diesem Tarifstreit geht es um einen neuen Eisenbahn-Tarifvertrag, an den die VKP gebunden ist. Kommenden Montag soll weiter verhandelt werden.