Kommunalwahl im Kreis Ostholstein: Zwischen Fehmarnbelt und Bäderbahn

Stand: 05.05.2023 09:57 Uhr

Fehlende Kita-Plätze, boomender Tourismus und der Bau der festen Fehmarnbeltquerung: Die Themenpalette im Wahlkampf im Kreis Ostholstein ist breit. 174.000 Wählerinnen und Wähler entscheiden hier am 14. Mai darüber, wie es weitergeht.

von Hauke Bülow

Der Bau der festen Fehmarnbeltquerung und der damit verbundene Straßen- und Schienenausbau im Hinterland erhitzen die Gemüter - nicht nur auf der Insel Fehmarn. Auch in Sierksdorf und anderen Gemeinden im Kreis Ostholstein entlang der neuen Hinterlandanbindung wollen viele Wählerinnen und Wähler wissen, wie zum Beispiel der versprochene Lärmschutz umgesetzt werden soll.

Der boomende Tourismus entlang der Lübecker Bucht ist ebenfalls Thema bei dieser Kommunalwahl. Viele Bürgerinnen und Bürger in Scharbeutz und den zugehörigen Ortschaften im Hinterland hatten zuletzt in einer Bürgerbefragung die vielen Tagestouristen kritisiert. Gleichzeitig fehlt Wohnraum für Einheimische und Angestellte. Das sind Themen, mit denen die Parteien vor Ort auf Stimmenfang gehen.

Feste Fehmarnbeltquerung: Chancen und Beeinträchtigungen

2029 sollen Züge und Autos unter der Ostsee von Fehmarn nach Dänemark rollen. Bis dahin heißt es in der Region: Zähne zusammenbeißen. Denn quer durch den Kreis Ostholstein entsteht in den kommenden sechs Jahren parallel zum Tunnelbau die Straßen- und Schienenanbindung. Vor allem die Menschen, die entlang der A1 wohnen, bekommen das mit. Aber auch nahe Großenbrode und auf Fehmarn rollen die Bagger. Denn zwischen dem Festland und der Insel entsteht ein Sundtunnel, um die vielen erwarteten Fahrzeuge aufnehmen zu können.

Während die CDU Fehmarn in ihrem Wahlprogramm von neuen Chancen für Tourismus, Handel und Gewerbe spricht, befürchten die Grünen auf der Insel auch Beeinträchtigungen für Wirtschaft, Verkehr und die Bewohnerinnen und Bewohner während der Bauphase. Sie fordern regelmäßige Vor-Ort-Gespräche mit allen Akteuren. Auch die Freie Wählervereinigung spricht von den Chancen der Beltquerung. Sie will sich dafür einsetzen, die Verkehrsbehinderungen während der Bauphase zu minimieren.

Die Sorge vor Bau- und später Verkehrslärm beschäftigt auch weitere Kommunen in der Region. Sierksdorf hatte Anfang April mit der Deutschen Bahn eine Akzeptanzlösung zum Lärmschutz erarbeitet. Eigentlich sollte in Sierksdorf die geplante Bahntrasse durch einen tiefen Graben führen. Der Boden an der Stelle eignet sich allerdings nicht dafür. Nun berechnet die Bahn laut Gemeinde einen neuen Lärmschutz, der über die gesetzlichen Vorgaben hinaus geht.

Wie gehts weiter mit der Bäderbahn?

Der Bau der neuen Hinterlandanbindung für die feste Fehmarnbeltquerung sollte für die alte Bäderbahn entlang der Ostseebäder eigentlich das Ende bedeuten. Die Bahn wollte sich von der Strecke trennen. Strandbesucher sollten künftig über die Neubautrasse nach Timmendorfer Strand, Scharbeutz und Co. kommen. Die Haltestellen lägen allerdings weitab vom Strand, kritisieren die betroffenen Gemeinden. Nun haben die Landesregierung und die Bahn signalisiert, dass es eine Zukunft für die Bäderbahn geben könnte. Wie genau diese aussieht, das beraten nun die betroffenen Kommunen mit den Verantwortlichen.

Menschen steigen aus einer Regionalbahn aus. © picture alliance/dpa/Christoph Soeder Foto: Christoph Soeder
Hat die Bäderbahn doch noch eine Chance?

Die Vorteile für die Bahnreisenden liegen auf der Hand. Künftig könnten nach einer notwendigen Elektrifizierung der Trasse S-Bahnen von Hamburg direkt durchrollen. Fahrgäste müssten nicht in Lübeck umsteigen. Das könnte die Straßen und Parkplätze im Sommer entlasten. Gleichzeitig könnten Bewohner der Gemeinden einfacher zum Arbeiten oder Einkaufen nach Hamburg fahren. Doch die Pläne bergen auch Risiken, befürchtet beispielsweise die Gemeinde Scharbeutz. Denn auch Güterzüge dürften die Bäderbahn-Strecke nutzen. Die Bahn betont, dass Güterverkehr auf der Strecke logistisch keinen Sinn ergeben würde, verbieten könne es man den Logistikunternehmen jedoch nicht, die Strecke zu benutzen. Nutzen könnten Unternehmen die Strecke beispielsweise bei technischen Probleme auf der neuen Trasse entlang der A1.

Gleichzeitig könnten künftig größere Personenzüge in die Ostseebäder rollen und noch mehr Tagestouristen an den Strand bringen. Viele Anwohnerinnen und Anwohner beklagen allerdings seit Jahren, den zunehmenden Tourismus in ihren Gemeinden. Die Kauf- und Mietpreise für Wohnungen und Häuser steigen. Wohnraum entlang der Lübecker Bucht ist immer schwieriger zu bekommen. Die unterschiedlichen Parteien versprechen, diese Sorgen ernst zu nehmen.

Busausfälle ärgern Ostholsteiner

Eine leere Bushaltestelle. © IMAGO images Foto: Christian Ohde
Im Norden Ostholsteins hatte es in der Vergangenheit viele Busausfälle gegeben.

Kritik hatte es in den vergangenen Monaten am Busverkehr im nördlichen Kreis Ostholstein gegeben. Nach der Übernahme des Linienbündels durch einen neuen Betreiber hatte es zahlreiche Ausfälle und Verspätungen im Streckennetz gegeben. Eltern mussten Fahrgemeinschaften einrichten, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Der Kreis hatte daraufhin für jeden ausgefallenen Bus Strafzahlungen gegen das Busunternehmen verhängt.

Auch die Parteien greifen das Thema in ihren Wahlprogrammen auf. Die Ostholsteiner SPD will den ÖPNV in der Region modernisieren und ausbauen. Sie ist für die Planung einer kreiseigenen Verkehrsgemeinschaft, um Direktvergaben bei Ausschreibungen möglich zu machen. Grüne und CDU wollen prüfen lassen, ob der ÖPNV in Zukunft kommunalisiert werden könnte. Die Freien Wähler Ostholstein betonen in ihrem Programm, dass für eine Optimierung des ÖPNV im Kreis auch die faire Bezahlung des Fahrpersonals und attraktive Arbeitszeitmodelle Voraussetzung seien. Nur so könne der Personalbestand sichergestellt werden. Die AfD und andere Parteien fordern die Einrichtung von Anrufbussen, die nach Bedarf fahren. Außerdem sollte der ÖPNV für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende und Auszubildende kostenlos sein, fordert die AfD.

Wilhelm-Wisser-Schule in Eutin wird zu klein

In der Kreisstadt Eutin debattieren die Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter über einen möglichen Standortwechsel der Wilhelm-Wisser-Schule. Die bisherigen Planungen für den Neubau am bisherigen Standort in der Elisabethstraße waren im Dezember gestoppt worden. Nun wird geprüft, ob ein neuer Standort zwischen Kerntangente und Blauer Lehmkuhle neben der Gustav-Peters-Grundschule infrage kommt und welcher Standort der sinnvollere wäre. Hintergrund ist unter anderem, dass am bisherigen Schulstandort nicht genügend Platz für die Schülerinnen und Schüler ist.

Neubau des Gästezentrums in Kellenhusen stockt

Der Strand im Ostseebad Kellenhusen. © fotolia Foto: travelpeter
In Kellenhusen soll ein neues Gästezenztrum entstehen.

Auch in Kellenhusen geht es um einen Neubau. Hier soll ein neues Gästezentrum entstehen. Die alte Kurverwaltung an der Strandpromenade ist marode und kaum mehr sanierungsfähig. Deshalb haben Gemeindevertretung und Tourismusservice ein modernes Gästezentrum geplant, das Touristen auch in der Nebensaison anlocken soll. Kostenpunkt: rund 20 Millionen Euro. Doch statt der ursprünglich vom Land in Aussicht gestellten Förderung von 90 Prozent, sollen jetzt nur noch 60 Prozent fließen, erklärte Bürgermeisterin Nicole Kohlert (FWK). Die Zusatzkosten könne die Gemeinde allerdings nicht alleine stemmen. Einen Plan B gibt es bislang nicht.

Wie viel Tourismus ist gut für Neustadt?

In Neustadt dürfte es in den kommenden Jahren viele Diskussionen über die Balance zwischen den Bedürfnissen der Einheimischen und denen der Touristen geben. Neustadt will eine neue Promenade bauen. Die Weichen dafür hat die Stadtpolitik bereits gestellt. Im Herbst muss sie außerdem über die Sanierung oder den Neubau der Seebrücke entscheiden. Auch Pelzerhaken soll eine neue Brücke auf die Ostsee bekommen. Doch viele Neustädterinnen und Neustädter sind gegen eine touristische Expansion. Sie befürchten, dass der Ort künftig von Touristen überlaufen werden könnte.

Fehlende Kita-Plätze und teure Wohnungen

Heiligenhafen hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Tourismushochburg an der Ostsee entwickelt. Für die Einheimischen ist der Wohnraum dadurch noch knapper geworden. Viele Beschäftigte in den Tourismusbetrieben müssen zum Teil ebenfalls weit fahren, um zur Arbeit zu kommen. Deshalb wollen sich die Parteien vor Ort insbesondere darum kümmern, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Außerdem geht es in der Warderstadt darum, die Innenstadt attraktiver zu machen.

Viele Eltern in Ostholstein beklagen seit Jahren, dass Kita-Plätze kaum zu bekommen sind. Das Problem besteht auch in der Gemeinde Scharbeutz. Durch die großen Neubaugebiete in Pönitz und Gleschendorf sind zahlreiche junge Familien zugezogen. Aktuell fehlen für sie rund 60 Kita-Plätze. Die Gemeinde Scharbeutz sucht nun einen Träger für eine neue Kita und plant ein Betreuungsangebot bis zum späten Abend. So soll die Vereinbarkeit von Familie und Job verbessert werden.

Auch den Klimaschutz schreiben sich bei dieser Kommunalwahl viele Parteien auf die Fahnen. So fordert die SPD in Ahrensbök zum Beispiel, dass die Energie für die Gemeinde aus Wind, Sonne und Erdwärme erzeugt werden soll. Auch die FDP im Ort setzt sich für eine klimaneutrale Entwicklung ein. Die CDU ist dafür, Unternehmen anzusiedeln, die erneuerbare Energien produzieren, um so von der Gewerbesteuer langfristig zu profitieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 05.05.2023 | 18:00 Uhr

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